Passauer Neue Presse
Von Michael Draeke
Berlin. Der geplante Test für einbürgerungswillige Zuwanderer stößt bei Opposition und Migrantenverbänden
auf Kritik. Die Bundesregierung spiele „Trivial Pursuit mit Einbürgerungswilligen", kritisierte die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth gestern in Berlin. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, bemängelte, bei dem am Montag vom Innenministerium vorgelegten Fragenkatalog würden „teilweise auch Einstellungen abgefragt". SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz, bezeichnete die Debatte dagegen als „ein bisschen überzogen".
Roth warf der Bundesregierung vor, in der Integrationspolitik Chancen zu verspielen. „Wir brauchen keine neuen Hürden, sondern eine Liberalisierung der Einbürgerung durch die doppelte Staatsbürgerschaft", forderte die Grünen-Chefin. Stattdessen werde von den Einwanderern ein Lerntest verlangt, „an dem wohl auch viele Deutsche scheitern würden". Die Türkische Gemeinde in Deutschland ist nach Angaben des Vereinsvorsitzenden Kolat grundsätzlich gegen diese Form der Befragung und befürwortet stattdessen Einbürgerungskurse. Bei den Fragen werde nicht nur Wissen abgefragt. Auch Einstellungen würden abgefragt, kritisierte Kolat: „Das finden wir nicht gut." Der Vorsitzende kündigte an, die Fragen an öffentlichen Ständen zur Probe auch Deutschen vorlegen zu wollen.
Wiefelspütz bewertete den geplanten Einbürgerungstest dagegen als „harmlos". Wer die richtigen Antworten nicht wisse, „wird sie lernen können", sagte Wiefelspütz. Der geplante Test werde keine „Einbürgerungs-Verhinderungsveranstaltung" sein. Die Linke kritisierte dagegen, die Bundesregierung wolle den Ausländern in Deutschland politische und soziale Rechte verwehren. Der Test sei ein Garant dafür, dass „die Zahl der Einbürgerungen noch weiter zurückgeht", sagte die migrationspolitische Sprecherin Sevim Dagdelen. Angesichts rückläufiger Einbürgerungszahlen sei hingegen ein radikal vereinfachtes Verfahren notwendig.
Die Türkische Gemeinde sprach sich unterdessen auch für eine freie Wahl der Staatsangehörigkeit für Kinder von Einwanderern aus. Insbesondere die sogenannte Optionspflicht, nach der sich Kinder von Zuwanderern mit dem 18. Lebensjahr für eine Staatsbürgerschaft entscheiden müssten, verlange von den Jugendlichen „Entscheidungen gegen einen Teil der persönlichen Identität". Der Verein sprach sich dagegen unter anderem für die doppelte Staatsbürgerschaft aus.
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wies die Forderung zurück. „Eine Mehrstaatigkeit auf Dauer würde unseren Integrationszielen ganz klar widersprechen", sagte Herrmann. In Deutschland geborene Kinder von Einwanderern müssten sich nach Vollendung der Volljährigkeit klar für die eine oder die andere Staatsbürgerschaft entscheiden.
Das Bundesinnenministerium hatte am Montag einen Katalog mit 310 Fragen veröffentlicht, die ab 1. September Teil von Tests für Einbürgerungswillige werden können. Den Bewerbern soll dabei eine Auswahl von 33 Fragen vorgelegt werden, von denen sie binnen einer Stunde 17 richtig beantworten müssen.