Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu neutralen Staatschefs im Rahmen des Ukraine-Kriegs

Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Staatschefs wie Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador, die eine neutrale Haltung zum Ukrainekrieg einnähmen, indem sie Waffenlieferungen verweigerten und die westlichen Wirtschaftssanktionen gegen Russland nicht unterstützten, als „Populisten“ bezeichnet (AP, 21. April 2023), und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus vor dem Hintergrund, dass der UN-Menschenrechtsrat einseitige Wirtschaftssanktionen als eklatanten Völkerrechtsbruch verurteilt und deren Aufhebung fordert (Resolution A/HRC/52/L.18)?

Antwort der Staatsministerin Katja Keul auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Der Bundesregierung liegen hinsichtlich des ersten Teils der Fragestellung keine über Medienberichte hinausgehenden eigenen Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor.

Die Anfang März von Aserbaidschan erneut vorgestellte und am 3. April 2023 im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (VN) verabschiedete Resolution A/HRC/52/L.18 mit dem Titel „The negative impact of unilateral coercive measures on the enjoyment of human rights“ stellt allgemein die Rechtmäßigkeit von Sanktionen, die nicht im VN-Rahmen beschlossen wurden, infrage.

Gegen die Resolution haben gestimmt: Belgien, Finnland, Frankreich, Georgien, Großbritannien, Litauen, Luxemburg, Montenegro, Rumänien, Tschechien, Ukraine, USA und Deutschland. Enthalten hat sich Mexiko. Für die Resolution haben die übrigen 33 Mitglieder des VN-MRR gestimmt, darunter China, Eritrea, Kuba, Russland und Vietnam. Das Abstimmungsergebnis kann unter https://hrcmeetings.ohchr.org/HRCSessions/RegularSessions/52/DL_Resolutions/A_HRC_52_L.18/L.18.pdf abgerufen werden.

Die Stoßrichtung der Resolution widerspricht der Haltung der Europäischen Union (EU). Restriktive Maßnahmen (Sanktionen) sind ein Instrument der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU, um die Werte und Interessen der EU zu verteidigen, den Frieden zu erhalten und die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und die Grundsätze des Völkerrechts zu unterstützen sowie die globale Sicherheit zu stärken.

EU-Sanktionen stehen im Einklang mit dem Völkerrecht, einschließlich der Verpflichtungen, die sich aus dem humanitären Völkerrecht und den Menschenrechtsnormen ergeben. Da sie gerade dazu dienen, sanktionierte Staaten zur Einhaltung von völkerrechtlichen Verpflichtungen zu bewegen, leisten sie zudem einen Beitrag zur allgemeinen Stärkung internationalen Rechts. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der VN-Sicherheitsrat daran gehindert ist, tätig zu werden, beispielsweise als Reaktion auf den Syrienkonflikt, die russische Militäraggression gegen die Ukraine oder auch die Menschenrechtssituation im Iran.

Entsprechend dieser gemeinsamen Haltung haben Deutschland sowie die im VN-Menschenrechtsrat stimmberechtigten EU-Mitgliedstaaten gegen diese Resolution gestimmt, wie auch schon in der Vergangenheit. Die EU wird die völkerrechtliche Legitimität ihrer Sanktionen in den VN-Institutionen weiter bekräftigen.

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