Ausspähung türkischer Staatsbürger durch Imame der DITIB

 

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche), dass Imame der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), der direkt von der türkischen Regierung gesteuerte mit 970 Moscheegemeinden größte islamische Dachverband in Deutschland, dafür eingesetzt werden, türkische Staatsbürger im Auftrag des türkischen Geheimdienstes MIT auszuspionieren, wobei Halife Keskin, für Auslandsangelegenheiten zuständiger Vizechef des Religionspräsidiums, die Ditib-Imame aufgefordert haben soll, „detaillierte Berichte“ über alle Tätigkeiten, Einrichtungen und das Personal der Gülen-Organisation zu erstellen (https://www.welt.de/politik/ausland/article160132361/Tuerkische-Imame-spionieren-in-Deutschland-fuer-Erdogan.html), und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?

Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär beim Bun­desminister des Innern:

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin, zu der aktuellen Berichter­stattung über ein mutmaßliches Ausspionieren von türki­schen Staatsbürgern durch Imame der DITIB im Auftrag des türkischen Nachrichtendienstes MIT liegen der Bun­desregierung bisher keine eigenen Erkenntnisse vor. Die Sicherheitsbehörden sind diesbezüglich allerdings sehr sensibilisiert und gehen derartigen Verdachtshinweisen im Einzelfall jeweils intensiv nach.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn:

Frau Dağdelen.

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Ganz herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. – Dazu möchte ich eine Frage mit zwei Unterfragen stellen. Die eine ist – Sie sagten, die Bundesregierung habe keine ei­genen Erkenntnisse –: Gibt es denn von fremden Diens­ten Erkenntnisse, die Sie zur Kenntnis genommen haben?

Die andere ist: Inwieweit hat die Bundesregierung Er­kenntnisse, gerne auch nachrichtendienstliche Erkennt­nisse, dass bei den türkischen Konsulatslehrern, die nur für fünf Jahre nach Deutschland abgeordnet sind, mit ei­nem Austausch dergestalt gerechnet wird, dass analog zu den Vorgängen in der Türkei – wo jetzt alle Lehrer einen Fragebogen ausfüllen müssen, in dem sie Auskunft über ihre Anschauungen und auch über ihre Herkunft geben, und wo die Lehrkräfte seit dem 15. Juli dieses Jahres, dem Tag des gescheiterten Militärputschversuchs, ent­lassen und durch regimetreue, loyale Lehrer ersetzt wer­den – auch hier AKP-loyale Personen als Konsulatslehrer eingesetzt werden sollen?

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn:

Herr Staatssekretär.

Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär beim Bun­desminister des Innern:

Frau Kollegin, zu der ersten Frage: Natürlich tauschen sich unsere Dienste in diesen und anderen Fragen mit ausländischen Diensten aus. Auch dazu kann ich hier na­türlich keine konkreten Auskünfte geben. Aber wir neh­men aufmerksam alles auf, was von dort an Hinweisen erfolgt, und schauen im Einzelfall, wo es – das war ja der Kern Ihrer Frage – sozusagen Spionageversuche ge­ben könnte. Wir reden hier übrigens über eine strafbare Handlung.

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ja, das kann man so sagen!)

Außerdem müssen wir feststellen: Wer beispielsweise als Imam oder vielleicht auch als Lehrer in Deutschland ist und sich auf diese Weise betätigt, überschreitet die Grenzen des Visums, das er bekommen hat; denn dieses ist natürlich nicht ausgestellt worden, um hier Spionage­tätigkeit zu entfalten. Also auch da können Konsequen­zen erfolgen, nicht nur in strafrechtlicher Hinsicht.

Was die Lehrer anbelangt – das war Ihre zweite Fra­ge –, so habe ich jetzt keine konkreten Erkenntnisse prä­sent. Aber ich sage einmal – vielleicht ganz unvorsich­tig –: Wenn man sieht, was in der Türkei passiert, würde es mich persönlich nicht wundern, wenn hier ähnliche Versuche unternommen würden. Das muss nicht sofort die Grenzen der Strafbarkeit überschreiten; aber trotz­dem sehen wir das natürlich mit Sorge.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn:

Frau Dağdelen.

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Herr Staatssekretär, das könnte ja auch andere Kon­sequenzen haben. Eine Alternative wäre, dass man die Sonderstellung der Türkei aufkündigt, die darin besteht, dass Imame durch eine fremde Regierung in unser Land exportiert werden, die dann hier in den deutschen Schu­len irgendetwas lehren, bei dem noch nicht einmal durch die Schulaufsicht kontrolliert wird, was gelehrt wird. Ich finde diese Praxis sehr fragwürdig.

Das verleitet mich zu der nächsten Frage, nämlich wie viele Imame aus den DITIB-Moscheen seit dem 15. Juli in Deutschland Asyl beantragt haben.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn:

Herr Staatssekretär.

Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär beim Bun­desminister des Innern:

Frau Präsidentin! Liebe Kollegin, das ist zwar schon Ihre dritte Frage; trotzdem würde ich sie gerne beantwor­ten. Ich habe die Zahl aber nicht präsent. Ich kann aber gerne mein Haus bitten, einmal zu schauen, ob wir Ihnen zum Thema Imame und Asylanträge eine Zahl liefern können.

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ich würde es begrüßen, hier eine Antwort zu bekommen!)

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