Belege für aggressive militärische Aktionen Russlands gegen die Ukraine

Welche Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche) – abgesehen von Truppenkonzentrationen und -bewegungen auf russischem Territorium an der Grenze zur Ukraine – hat die Bundesregierung konkret in  Form von Belegen, dass Russland Pläne für aggressive militärische Aktionen gegen die Ukraine im Rahmen einer Intervention geschmiedet hat (www.tagesschau.de/ausland/europa/us-geheimdienst-moskau-ukraine-101.html) wie auch der US-Außenminister A. Blinken am 1. Dezember 2021 auf der NATO-Außenminister-Tagung in Riga erklärte (www.state.gov/secretary-antony-j-blinken-at-a-press-availability-at-the-nato-ministerial/), und wenn die Bundesregierung Belege hat, wird sie diese den Außen- und Sicherheitspolitikern des Deutschen Bundestages zur Einsicht zur Verfügung stellen?

Antwort der Staatssekretärin Susanne Baumann vom 17. Dezember 2021

Eine Beantwortung der Frage würde solche Informationen betreffen, die in besonders hohem Maße das Staatswohl berühren und daher selbst in eingestufter Form nicht ausgeführt werden können. Das verfassungsrechtlich verbürgte Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung wird durch gleichfalls Verfassungsrang genießende schutzwürdige Interessen wie das Staatswohl begrenzt. Eine Offenlegung der angefragten Informationen birgt die Gefahr, dass Einzelheiten bekannt würden, die unter dem Aspekt des Schutzes der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern besonders schutzbedürftig sind. Eine öffentliche Bekanntgabe von Informationen u.a. zum Kenntnisstand, zur Leistungsfähigkeit, zur Ausrichtung und zu  technischen Fähigkeiten von ausländischen Partnerdiensten, aber auch zur Frage, ob und in welchem Umfang spezifische Themen besprochen wurden, und damit einhergehend die Kenntnisnahme durch Unbefugte würde erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit haben. Würden in der Konsequenz eines Vertrauensverlustes Informationen von ausländischen Stellen entfallen oder wesentlich zurückgehen, entstünden signifikante Informationslücken mit negativen Folgewirkungen für die Genauigkeit der Abbildung der Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland sowie im Hinblick auf den Schutz deutscher Interessen im Ausland.

Darüber hinaus birgt eine Offenlegung der angefragten Informationen die Gefahr, dass Einzelheiten zur konkreten Methodik des Bundesnachrichtendienstes bei der Erfüllung seiner Aufgaben im Rahmen der Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern sukzessive bekannt würden.

Dies würde folgenschwere Einschränkungen der Informationsgewinnung bedeuten, womit letztlich der gesetzliche Auftrag des  Bundesnachrichtendienstes – die Sammlung und Auswertung von Informationen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind (§ 1 Abs. 2 BNDG) – nicht mehr sachgerecht erfüllt werden könnte. Die Gewinnung von auslandsbezogenen Informationen ist für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes jedoch unerlässlich. Eine VS-Einstufung und Hinterlegung der angefragten Informationen in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages würde ihrer erheblichen Brisanz im Hinblick auf die Bedeutung für die Aufgabenerfüllung
des Bundesnachrichtendienstes nicht ausreichend Rechnung tragen. Die angefragten Informationen beschreiben aufgrund ihrer thematisch engen und präzise nach ausdrücklich genannten ausländischen Behörden unterscheidenden Themenstellung die Fähigkeiten und Arbeitsweisen des Bundesnachrichtendienstes so detailliert, dass eine Bekanntgabe auch gegenüber einem begrenzten Kreis von Empfängern ihrem Schutzbedürfnis nicht Rechnung tragen kann. Bei einem Bekanntwerden der schutzbedürftigen Information wäre kein Ersatz durch andere Instrumente der Informationsgewinnung möglich. Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die erbetenen Informationen derart schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berühren, dass das Staatswohl gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht wesentlich überwiegt.

Insofern muss ausnahmsweise das Fragerecht der Abgeordneten gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung zurückstehen.

Das könnte dich auch interessieren …