Mündliche Frage PlPr 17/42: Berücksichtigung der Interessen der Westsahara in den Verhandlungen über eine mögliche Verlängerung des Fischereipartnerschaftsabkommens zwischen der EU und Marokko

Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die European Free Trade Association – europäische Freihandelszone, EFTA – im Gegensatz zur EU erneut klargestellt hat, dass Produkte aus den besetzten Gebieten der Westsahara nicht unter das Freihandelsabkommen zwischen der EFTA und Marokko fallen, www.wsrw.org, und inwieweit wird sich die Bundesregierung für eine entsprechende Klarstellung in den Verhandlungen über eine mögliche Verlängerung des laufenden Fischereipartnerschaftsabkommens zwischen der EU und dem Königreich Marokko einsetzen?

Antwort von Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie:

Liebe Kollegin Dagdelen, Deutschland ist nicht Mitglied der europäischen Freihandelszone. Daher sind solche Klarstellungen in Verträgen, die die EFTA abschließt, hier nicht bekannt. Zur Frage einer entsprechenden Klarstellung im Zusammenhang mit möglichen Verhandlungen über eine Verlängerung des Fischereiabkommens der EU mit Marokko ist darauf hinzuweisen, dass Handelsfragen nicht Gegenstand des Fischereipartnerschaftsabkommens sind. Außerdem gilt das bestehende Fischereiabkommen bis zum 27. Februar 2011 und verlängert sich automatisch um vier Jahre, wenn es nicht vorher gekündigt wird. Es bezieht sich auf das Gebiet Marokkos und die Gebiete unter der Gerichtsbarkeit Marokkos. Es enthält keine Definition des Rechtsstatus der Meeresgewässer der Westsahara und greift einer Festlegung des Status somit nicht vor.

Darüber hinaus verweise ich auf die Antwort der Bundesregierung, übermittelt am 22. April dieses Jahres, auf die Kleine Anfrage, die Sie und Kolleginnen und Kollegen Ihrer Fraktion auf Bundestagsdrucksache 17/1329 gestellt haben.

Nachfrage von Sevim Dagdelen(DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe natürlich ein paar Nachfragen. Sie sagten, dass die Handelsfragen nicht Bestandteil des Fischereiabkommens sind. Es geht doch hier um Folgendes: Marokko plündert seit Jahren die fischreichen Fanggründe vor der Westsahara. Nicht nur die European Free Trade Association ist der Auffassung, dass die Produkte aus den besetzten Gebieten der Westsahara nicht unter dieses Freihandelsabkommen fallen, das als Begründung für das Fischereiabkommen herangezogen wird, sondern auch der UNO-Rechtsberater Hans Corell hat festgestellt, dass dieses Fischereiabkommen eigentlich rechtswidrig ist.

Meine Frage ist: Es geht bei diesem Fischereiabkommen darum, dass jegliche Nutzung von Ressourcen im Einverständnis mit dem Volk der Westsahara und zu dessen Nutzen erfolgen muss. Das Einverständnis hat die Polisario bisher nicht gegeben. Inwieweit sieht die Bundesregierung hier einen Nutzen für die Bevölkerung im völkerrechtswidrig besetzten Teil der Westsahara? Teilt sie sozusagen die Auffassung der Marokkanerinnen und Marokkaner, dass es hier einen Nutzen gibt und damit eine Verlängerung dieses Fischereiabkommens ab Februar 2011 eine Option darstellt?

Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie:

Frau Kollegin Dagdelen, in der Kleinen Anfrage, die ich erwähnt haben, haben Sie dieselben Fragen gestellt. Diese wurden ausführlich beantwortet. Wir alle hoffen, dass es eine Lösung des Westsahara-Konfliktes geben wird. In der Antwort wurde auch geschrieben, dass in dem Gutachten des Europäischen Parlaments die Auffassung vertreten wird, dass Aktivitäten zur Ausbeutung natürlicher Ressourcen in Gebieten ohne Selbstregierung nur dann im Einklang mit dem Völkerrecht stehen, wenn diese Aktivitäten zum Wohle der Einwohner dieser Gebiete führen oder in Konsultationen mit ihren Vertretern unternommen werden. In diesem Zusammenhang haben wir eine Antwort der Europäischen Kommission auf die Frage der Abgeordneten des Europäischen Parlaments Isabella Lövin zitiert, in der steht, dass dies der Fall ist.

Sie haben ausführliche Antworten bekommen. Wir sind mit allen Stellen ständig im Gespräch. Die Europäische Union ist im Gespräch. Das Abkommen gilt, wie ich Ihnen gesagt habe, bis 2011.

Nachfrage von Sevim Dagdelen (DIE LINKE):

Ja, das habe ich. – Sie erklärten in den Antworten auf meine Kleine Anfrage, die im Gegensatz zu Ihrer Behauptung meiner Ansicht nach völlig unzureichend sind, dass Deutschland und die EU darauf achten, dass die unveräußerlichen Rechte der Völker der Gebiete ohne Selbstregierung auf ihre natürlichen Ressourcen durch die Abkommen gesichert und garantiert sind. Deshalb möchte ich Sie jetzt fragen: Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass der Juristische Dienst des Europaparlaments dem widersprochen hat und die Auffassung vertritt, dass die unveräußerlichen Rechte der Völker der Gebiete ohne Selbstregierung, also der Sahrauis, nicht garantiert werden, dass sie missachtet werden? Nehmen Sie das zur Kenntnis, und was ist die Schlussfolgerung der Bundesregierung?

Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie:

Frau Dagdelen, ich nehme das so nicht zur Kenntnis, sondern bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen, dass in der Antwort auf Ihre Kleine Anfrage deutlich wird, worauf das basiert; Sie haben das ja gelesen. Sie greifen jetzt einen Punkt heraus. Ich habe Ihnen gegenteilige Äußerungen gerade schon genannt.