Bundesregierung muss Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug aussetzen
"Die deutsche Regelung der Sprachtests im Ausland als Bedingung für den Ehegattennachzug ist mit EU-Recht nicht vereinbar. Bis zu einer endgültigen Klärung durch den EuGH sollte die Bundesregierung die strittige Regelung aussetzen und Eheleute nicht weiter zwangsweise voneinander trennen", kommentiert Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, das heutige Urteil des EuGH in der Rechtssache C-579/13. Dagdelen weiter:
„Das Urteil des EuGH betrifft formal die so genannte Daueraufenthaltsrichtlinie und nicht die Familienzusammenführungsrichtlinie der EU. Aber hier wie dort geht es um die Zulässigkeit von Integrationsanforderungen im Aufenthaltsrecht. Diese dürfen in der praktischen Anwendung das Ziel einer Richtlinie nicht gefährden. Bei der Familienzusammenführungs-Richtlinie ergibt sich dieses Ziel bereits aus dem Titel, die deutsche Regelung führt Familien in vielen Fällen aber nicht zusammen, sondern trennt Eheleute voneinander. Der Erwerb von Deutschkenntnissen im Ausland ist oft sehr schwer und langwierig: Im Jahr 2014 fielen 12.488 Menschen durch den Deutschtest – etwa ein Drittel (vgl. BT-Drs. 18/4598, Anlage 4).
Zwar hat die Bundesregierung im letzten Sommer eine Härtefallregelung per Erlass angeordnet. Doch diese ist in der Praxis nahezu wirkungslos, wie zahlreiche Einzelfälle zeigen. Nach dem heutigen Urteil muss eine Härtefallregelung insbesondere folgende Aspekte berücksichtigen: Schwierigkeit der Prüfung, Zugänglichkeit zu entsprechenden Kursen und Lernmaterial, Gebühren und Kosten des Spracherwerbs, Alter, Analphabetismus und Bildungsniveau der Betroffenen. All die Umstände spielen im deutschen Recht und in der Praxis keine Rolle.
Die Bundesregierung muss die EU-rechtswidrige Schikane von Eheleuten sofort beenden. Die deutsche Sprache erlernen die Betroffenen am besten in Deutschland, zusammen mit ihren Lebenspartnern."