Bundesregierung nimmt militärische Eskalation in der Westsahra billigend in Kauf
„Die Bundesregierung stellt sich auch weiterhin nicht auf die Seite des Völkerrechts, sondern auf die Seite der völkerrechtswidrigen Besatzungspolitik Marokkos. Ihre Unterstützung für das marokkanische Besatzungsregime trägt dazu bei, dass eine endgültige Klärung des völkerrechtlichen Status der Westsahara behindert und eine militärische Eskalation wahrscheinlich wird. Das offen und demonstrativ gezeigte absolute Desinteresse der Bundesregierung an einer Klärung setzt ein klares Zeichen für die Zukunft. Denn eine militärische Konfrontation ist absehbar, wenn nicht sofort konkrete Schritte zu einem Referendum unternommen werden", erklärt Sevim Dagdelen, Sprecherin für Internationale Beziehung der Fraktion DIE LINKE und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss anlässlich der Antwort auf eine Kleine Anfrage zur Ausbeutung der Ressourcen der durch Marokko völkerrechtswidrig besetzten Westsahara (Bundestagsdrucksache 17/8261). Dagdelen weiter:
„Sonst unterstützt die Bundesregierung jede beliebige Gruppierung beim Streben nach Unabhängigkeit. Sie muss sich nur geostrategische Vorteile versprechen und das Interesse des deutschen Kapitals sehen. Menschenrechte und Völkerrecht spielen da eine untergeordnete Rolle. Die Bundesregierung bekennt sich zu den Konsultationen unter der Vermittlung des persönlichen Gesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, nicht aber zu den Beschlüssen der UN-Generalversammlung und dem Mandat der MINURSO. Diese sehen ein Referendum über die Unabhängigkeit der Westsahara vor. Damit setzt sich die Bundesregierung über die Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofes hinweg. Sie stellt sich auf die Seite derer, die das vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen seit 1988 geforderte Referendum verhindern bzw. auf den Sanktnimmerleinstag verschieben wollen und damit die sahrauische Bevölkerung der Westsahara dauerhaft ihres Rechtes auf Selbstbestimmung berauben. Keinerlei Initiativen will die Bundesregierung auch ergreifen, den Export von Waffen in das Königreich Marokko einzustellen. Heuchlerisch ist die Begründung, dies würde die jüngst in geringeren Abständen geführten Konsultationen ‚atmosphärisch belasten‘.
Da passt es auch, dass die Bundesregierung keine Informationen über den wirtschaftlichen Nutzen des EU-Fischereiabkommens mit Marokko besitzt. Diesen gibt es auch nicht. Deshalb liegt nahe, dass ihre bisherige Unterstützung für die Verlängerung dieses Abkommens, das die Westsahara implizit als Teil marokkanischen Territoriums anerkennt, politisch motiviert war. Damit stützte sie die Gebietsansprüche Marokkos und griff sehr wohl einer Entscheidung über den Status der Westsahara vor. Die Bundesregierung muss endlich von ihrer bedingungslosen Unterstützung für das marokkanische Regime abrücken und auf die Einhaltung von Völkerrecht und Menschenrechten dringen."