Öffentlich statt geheim entscheiden

Plenarrede anlässlich der Beratung  eines Antrags der AfD-Fraktion „Eine ressortübergreifende nationale Sicherheitsstrategie erarbeiten – Den Bundessicherheitsrat zum nationalen Sicherheitsrat ausbauen“ am 19. November 2020.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Guten Abend, Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Letzte, was Deutschland braucht, ist ein geheim tagender Nationaler Sicherheitsrat. Die AfD will den Bundessicherheitsrat entsprechend aufwerten und damit noch mehr Entscheidungen, die existenziell für die Sicherheit in Deutschland sind, hinter verschlossene Türen verlagern.

(Armin-Paulus Hampel (AfD): Steht da gar nicht drin! Ist doch Blödsinn!)

Sie reden sonst immer nur von Kriegskabinetten, wollen aber eigentlich selbst gerne eines schaffen.

(Armin-Paulus Hampel (AfD): Lesen Sie mal den Antrag, Frau Kollegin!)

Die AfD will hier die Entparlamentarisierung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik, nach dem Idealbild des verblichenen deutschen Kaiserreichs.

(Armin-Paulus Hampel (AfD): So ein Quatsch! Blödsinn!)

– Doch. Lesen Sie einfach mal Ihren Antrag!

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Mit einer Außenpolitik der Geheimkabinette ist Deutschland in seiner Geschichte nun wahrlich nicht gut gefahren.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber zurück in die Gegenwart. Entscheidungen im geheimen Kabinett des Bundessicherheitsrats gefährden bereits jetzt die Sicherheit in Deutschland und den Frieden weltweit massiv. Stellen wir uns einmal vor, diese geheimen Entscheidungen dieses Ministergremiums über Rüstungsexporte würden auf noch mehr Bereiche ausgedehnt werden, wie das in diesem vorliegenden Antrag gefordert wird. Was würde das denn bedeuten? Das kann meiner Meinung nach niemand ernsthaft wollen, der durch und durch Parlamentarier ist.

(Armin-Paulus Hampel (AfD): Wo steht denn da was von geheim?)

Bereits jetzt gefährdet der Bundessicherheitsrat als Ausschuss des Bundeskabinetts durch seine Entscheidungen über die Kriegswaffenexporte an Diktaturen oder an autoritäre Regime, die nicht zuletzt, wie Saudi-Arabien und Katar, den islamistischen Terrorismus weltweit fördern, auch die Sicherheit in Europa. Der Bundessicherheitsrat profitiert geradezu davon, dass er eben geheim tagt. So schotten sich die Minister der Union und der SPD gegen eine öffentliche Diskussion ab. Ihre folgenreichen Entscheidungen können erst dann öffentlich diskutiert werden, wenn sie bereits getroffen sind, und das ist eigentlich nichts anderes als eine Aushebelung von demokratischen Prinzipien in einem parlamentarischen System.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt das weiter auszuweiten, muss endlich Schluss gemacht werden mit dieser Geheimniskrämerei.

Eine tatsächliche Reform der deutschen Sicherheitsarchitektur muss in eine ganz andere Richtung gehen. Entscheidungen über Rüstungsexporte, über Kriegswaffenexporte, die müssen vom Bundestag getroffen werden, die müssen hier öffentlich im Parlament und vor der Öffentlichkeit, vor der Bevölkerung diskutiert werden können.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage das nicht nur als Parlamentarierin, sondern auch als überzeugte Linke. Meine Fraktion ist die einzige Fraktion hier im Deutschen Bundestag, die Rüstungsexporte eigentlich generell verbieten will.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist nicht einzusehen, dass weiter grünes Licht für das Geschäft mit dem Tod gegeben werden soll. Alle Erfahrung zeigt, dass deutsche Rüstungsexporte mit dazu beitragen, weltweit Spannungs- und Kriegsgebiete zu schaffen oder zu befeuern. Es darf nicht sein, dass der Profit der Rüstungsschmieden, die davon profitieren, für uns quasi von existenzieller Bedeutung ist.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte.

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Existenzielle Sicherheitsentscheidungen müssen wieder im Deutschen Bundestag getroffen werden, wo sie von 1949 bis 1955 in der Bundesrepublik auch getroffen wurden, bis Konrad Adenauer seinen Verteidigungsrat gegründet hat.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin.

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Und deshalb: Nein zu diesem Antrag.

(Beifall bei der LINKEN)

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