„Der mörderischen Politik der Bundesregierung ein Ende setzen“

Plenarrede am 27. April 2018 anlässlich Beratung des Antrags „Export von Rüstungsgütern verbieten“ der Fraktion Die Linke.

 

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Alle 14 Minuten stirbt ein Mensch auf dieser Welt durch eine deutsche Waffe.

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): So ein Quatsch!)

Die Bundesregierung sorgt durch ihre Rüstungsexportpolitik dafür, dass Deutschland einer der größten Waffenexporteure der Welt ist. Der Koalitionsvertrag gibt der Bundesregierung auf, sich weltweit für Menschenrechte einzusetzen und Fluchtursachen zu bekämpfen. Aber diese Erklärungen sind doch das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, wenn weltweit mit deutschen Waffen Menschenrechte verletzt werden und immer neue Fluchtursachen geschaffen werden.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Frieden schaffen mit deutschen Waffen!)

Die Wahrheit ist daher: Ihre Rüstungsexportpolitik ist mörderisch, und deshalb brauchen wir dringend einen sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte.

(Beifall bei der LINKEN)

Sicher ist auch eins: In jedem Koalitionsvertrag erklären Union, SPD und FDP – früher auch die Grünen – stets neu, die Rüstungsexporte reduzieren zu wollen – so auch dieses Mal.

(Florian Post (SPD): Haben wir doch gemacht! Halbiert in der letzten Wahlperiode!)

Sie sagen, Sie wollten keine Rüstungsexporte in Kriegsgebiete und Krisenregionen und überhaupt eine restriktive Rüstungsexportpolitik. Aber Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Maas müssten wissen, dass dies einfach eine dreiste Lüge gegenüber der Öffentlichkeit ist.

Ich will Ihnen hier nur zwei von zahlreichen Beispielen mitgeben:

Erstens. Während die Türkei gemeinsam mit islamistischen Terrorbanden der Freien Syrischen Armee im Norden Syriens einmarschiert ist und mit Leopard-2-Panzern aus deutscher Produktion die Kurden in Afrin zusammengeschossen hat, sind von der Bundesregierung neue Waffenlieferungen an die Türkei wie am Fließband genehmigt worden.

(Florian Post (SPD): Das ist eine Lüge! Stimmt nicht!)

Zwischen dem 20. Januar, als die Offensive gegen Afrin begann, und dem 27. März dieses Jahres wurde laut Aussagen der Bundesregierung die Ausfuhr von Rüstungsgütern im Wert von knapp 4,4 Millionen Euro genehmigt, und das, während Bundeskanzlerin Merkel hier im Bundestag erklärt hatte:

Bei allen berechtigten Sicherheitsinteressen der Türkei ist es inakzeptabel, was in Afrin passiert …

(Beifall bei der LINKEN)

Dasselbe miese Spiel mit Saudi-Arabien: Da versprechen und vereinbaren Union und SPD ganz groß – Zitat -:

Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.

(Florian Post (SPD): Weiterlesen! Nächster Satz!)

Und jetzt kommt raus, dass die Bundesregierung die Fürsten der Finsternis in Riad weiter mit Kriegsgerät versorgt.

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Ogottogott! Schön wärs!)

In den ersten drei Monaten dieses Jahres haben Sie Rüstungsexporte an Saudi-Arabien im Umfang von 161,8 Millionen Euro genehmigt, dreimal so viel wie im Vorjahreszeitraum. Also, statt keine Rüstungsexporte, wie Sie versprochen haben, gibt es noch mehr Rüstungsexporte. Was, wenn nicht Heuchelei und Betrug an der Öffentlichkeit, ist das, bitte schön, was Sie hier veranstalten?

(Beifall bei der LINKEN)

Die Wahrheit ist eben: Sie liefern auf Teufel komm raus auch in Spannungs- und Kriegsgebiete. Das hat zwei Gründe:

Zum einen fühlen Sie sich eben nicht der Bevölkerung verpflichtet, die in ihrer übergroßen Mehrheit Rüstungsexporte ablehnt, sondern offensichtlich dem militärisch-industriellen Komplex in Deutschland, wo Milliardengewinne durch die Rüstungskonzerne erwirtschaftet werden. Ehemalige Minister wie Franz Josef Jung von der Union oder Dirk Niebel von der FDP lassen sich ihre frühere Politik jetzt bei Rüstungsschmieden wie Rheinmetall vergolden.

Zum anderen wollen Sie durch Ihre Rüstungsexportpolitik geopolitisch Einfluss nehmen.

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Wenn es doch bloß so wäre!)

Länder wie die Türkei sollen in der NATO gehalten werden, auch wenn dabei die Kurden mit deutschen Waffen zugrunde gehen. Ich finde, das ist moralisch verkommen und auch politisch eine Irrfahrt ohnegleichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Grünen haben jetzt Vorschläge eingebracht, das bisher nicht funktionierende Kontrollsystem in Gesetzesform zu gießen. Ich finde, man muss da wirklich kein Prophet sein, um zu prophezeien, dass damit nicht eine einzige Waffe weniger geliefert wird. Ich finde, diese Dinge helfen nicht. Deshalb sagen wir: Wir brauchen jetzt sofort ein generelles Rüstungsexportverbot, um dieser mörderischen Politik der Bundesregierung endlich ein Ende zu setzen.

(Beifall bei der LINKEN)