Deutsche demonstrieren gegen den Afghanistan-Krieg

Khaled Schmidt, Berlin

Hunderte von Deutschen und Ausländern demonstrierten gestern in Berlin gegen den Afghanistan-Krieg. Sie forderten den Abzug der deutschen Truppen, die dort im Rahmen des Nordatlantikpaktes (NATO) im Einsatz sind.

Die Demonstranten benutzten Slogans gegen den Plan der Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, der am Freitag dem Parlament vorgelegt werden soll, und demzufolge die Anzahl der deutschen Truppen in Afghanistan auf mehr als 5000 und die Mittel für den militärischen und zivilen Einsatz von 800 Millionen auf 1,1 Milliarden EUR jährlich erhöht werden sollen.

Während der Demonstration, zu der ein Bündnis aus der Partei Die Linke, 30 politischen und Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaftsvertretern und Gruppen der Friedensbewegung aus hundert deutschen Städten aufgerufen hatte, wurden Plakate mit Aufschriften wie „Gebt dem Frieden eine Chance und zieht das deutsche Militär aus Afghanistan ab" getragen.

Die Demonstranten, angeführt von führenden Vertretern und Abgeordneten der Partei Die Linke, zogen vom historischen Brandenburger Tor bis zum Sitz des Parlaments und riefen Parolen, mit denen sie die Abgeordneten aufforderten, die Meinung der Öffentlichkeit, die gegen eine Beteiligung am Krieg und die Entsendung von mehr Truppen ist, zu respektieren.

Podiumsdiskussion

Vor der Demonstration fand eine Podiumsveranstaltung vor der Berliner Oper statt, zu deren Beginn Sevim Dagdelen von der Partei Die Linke dazu aufrief, nicht auf „die offizielle Propaganda" zu hören, da diese die Augen verschließe vor dem, „was der seit acht Jahren währende Krieg an Katastrophen, Zerstörung und Vernichtung für Mensch, Natur und Lebensgüter verursacht hat". Sie sagte: „Die Rechtfertigungen, die benutzt werden, gleichen den Vorwänden, die für die Invasion des Iraks vorgebracht wurden und ähneln den Beweisen, die angeführt werden, um einen Angriff auf den Iran zu rechtfertigen."

Dagdelen, die türkischer Abstammung ist, kritisierte „die internationalen Doppelstandards. Ein Staat wird schon allein aufgrund des Verdachts, ein Nuklearprogramm zu betreiben, bestraft, ein anderer wird gehätschelt und mit den modernsten militärischen Ausrüstungen versorgt, obwohl er sich weigert, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen und de facto auch diese Art von Waffen besitzt."

Peter Strutynski, Sprecher der deutschen Friedensbewegung, bezeichnete das Gerede der deutschen Regierung über den Bau von Straßen und Schulen in afghanischen Städten als Mythos. Er erwähnte eine Studie, der zufolge der Anteil der Analphabeten im Land nach neun Jahren Krieg 37%, die Armutsquote zwischen 30-39% und die Arbeitslosenrate bei Jugendlichen zwischen 26-40% im gleichen Zeitraum betragen.

Er fügte hinzu: „In Afghanistan blüht nichts, außer Opiumanbau, Korruption und Prostitution."

Der fünfte Krieg

Der evangelische Geistliche Eugen Drewermann verwies darauf, dass der Afghanistankrieg der fünfte Krieg sei, den der Westen aus unterschiedlichen Gründen führe. Er sagte: „Die Präsenz der NATO dort zielt nur darauf ab, die durch Afghanistan verlaufende Gas-und Erdölnetze, die Europa braucht, zu schützen."

Er erwähnte, dass fast 70% aller Deutschen die Beteiligung ihres Landes am Krieg ablehnten, was die Hinfälligkeit der These, nach der die Verteidigung der nationalen deutschen Sicherheit an den Bergen des Hindukusch beginne, beweise.

Er sagte auch: „Dass die NATO in der Region im Auftrag der Vereinten Nationen die Rolle der Polizei übernimmt, ist ein Skandal für die internationale Organisation und ein Missbrauch ihres Namens für Mord und Zerstörung."