Empfänger der Anweisung der türkischen Religionsbehörde Diyanet zur Spionage

Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche) darüber, wer konkret Empfänger der schriftlichen Anweisung der türkischen Religionsbehörde Diya­net zur Spitzelei für den türkischen Staat gewesen ist (www.deutschlandfunk.de/islamverband-ditib-entschuldigt-sich-wegen-bespitzelungen.447.de.html?drn:news_id=698507), und inwieweit zeigt der Umstand, dass die DITIB, Mitglied der Deutschen Islam Konferenz und Gesprächspartner der Bun­desregierung, bzw. DITIB-Imame dieser Anweisung gefolgt sind, dass sie religiös nicht selbstbestimmt ist und schon al­lein deshalb nicht die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen einer Religionsgemeinschaft erfüllt (www.deutschlandfunk.de/innenministerium-zum-islamverband-ditib.1773.de.html ?dram:article_id=376083)?

Herr Staatssekretär, Sie haben wieder das Wort.

Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundes­minister des Innern:

Frau Kollegin Dağdelen, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Wie bereits in der Antwort auf die Frage zu­vor des Abgeordneten Beck ausgeführt, richtete sich das Schreiben der Religionsbehörde nach den der Bundesre­gierung vorliegenden Erkenntnissen an alle Botschaften und Generalkonsulate, die Beratungsstellen für religiöse Angelegenheiten, Attachés sowie Koordinatoren für Re­ligionsangelegenheiten.

Es ist Sache der Länder, im Rahmen ihrer Zuständig­keiten zu überprüfen, ob die Landesverbände der Tür­kisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e. V., DITIB, unter den gegebenen Umständen die Vorausset­zungen einer Religionsgemeinschaft erfüllen. Diese Hal­tung kommuniziert die Bundesregierung auch gegenüber DITIB.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn:

Frau Dağdelen.

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär, könnten Sie mir bitte beantworten, inwieweit sich andere Verbände als die DITIB bereits mit ihren Sorgen an die Bundesregierung – das BMI oder auch andere Behör­den – gewandt und zum Ausdruck gebracht haben, mit Vertretern einer Spitzelorganisation wie der DITIB nicht mehr arbeiten oder nicht mehr kooperieren zu wollen, beispielsweise bei staatlichen Konferenzen wie der Deut­schen Islam Konferenz oder dem Integrationsgipfel?

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn:

Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundes­minister des Innern:

Mir persönlich liegen keine Erkenntnisse vor, dass sich andere Religionsgemeinschaften offiziell an die Bundesregierung gewandt hätten. Sollte das anders sein und die Religionsverbände nichts dagegen haben, werde ich Ihnen das gern noch berichten.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn:

Frau Dağdelen.

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Das würde mich sehr freuen. – Meine zweite Nach­frage lautet: Herr Schröder, wir haben seit dem geschei­terten Militärputsch in der Türkei erlebt, dass die Ver­folgung von Andersdenkenden an den Grenzen nicht haltmacht, sondern auch in Deutschland viele Menschen betrifft. Es gibt Berichte von Menschen, die in die Türkei einreisen und dort verhaftet werden – egal, ob sie deut­sche Staatsbürger oder türkische Staatsbürger mit einem Aufenthaltstitel in Deutschland sind –, weil sie auf Face­book oder auf Twitter irgendetwas Kritisches bezüglich der Regierung in der Türkei geschrieben haben.

Wir haben auch den Fall, dass sich viele Menschen nicht mehr trauen, beispielsweise bei Veranstaltun­gen wie der Deutschen Islam Konferenz kritische The­men anzusprechen. Unter ihnen befindet sich auch das CDU-Mitglied Ali Ertan Toprak. Er ist Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland. Er wird denunziert, weil er auch mal kri­tisch ist und immer wieder mal auf Titelseiten türkischer Tageszeitungen erscheint, wie es bei vielen türkeistäm­migen Bundestagsabgeordneten der Fall ist. Deshalb meine Frage: Was tut die Bundesregierung, um Men­schen vor der Verfolgung seitens der türkischen Orga­nisationen, Verbände etc. und der türkischen Regierung hier in Deutschland, auf deutschem Boden zu schützen?

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn:

Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundes­minister des Innern:

Bis hin zum Personenschutz tut die Bundesregierung und tun vor allen Dingen die zuständigen Länder alles, um diese Personen zu schützen. Wir teilen Ihre Sorge, dass Konflikte aus anderen Ländern nach Deutschland getragen werden. Dieses Thema wird uns noch länger beschäftigen, nicht nur in Bezug auf die türkische Com­munity in Deutschland. Daraus gilt es die notwendigen Schlüsse zu ziehen – auch sicherheitspolitisch mit Blick auf die einzelnen Behörden.

Aber es ist selbstverständlich auch notwendig, sich in Sachen Aufenthaltsrecht zu überlegen, ob es richtig ist, dass Imame nur mit dem Hinweis, hier religiös tätig sein zu wollen, einfach nach Deutschland einreisen dürfen.

 

Zusatzfrage zur Spionage durch Imame oder Funktionäre der DITIB

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Herr Staatssekretär, Sie haben natürlich recht.Heute ist, Gott sei Dank, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden – diese ganzen Berichte standen schon seit De­zember im Raum –, und die Staatsanwaltschaften werden sich darum kümmern.

Meine Frage richtet sich an die Bundesregierung.Bei staatlichen Konferenzen wie der Deutschen Islam Kon­ferenz oder dem Integrationsgipfel sitzen immer auch Vertreterinnen und Vertreter der DITIB, dieser Moschee­gemeinde, mit am Tisch.Meine Frage ist – denn da kann auch die Politik handeln –: Inwiefern hält es die Bundes­regierung für angebracht, die Zusammenarbeit mit Ver­tretern der DITIB und ihrer Untergliederungen etc.pp., was die Teilnahme an entsprechenden Konferenzen oder die Kooperation bei Projekten betrifft, zu suspendieren, bis das ganze Ausmaß der Spitzeltätigkeit seitens der Ge­neralbundesanwaltschaft aufgeklärt ist? Oder halten Sie an Ihrer Kooperation mit DITIB trotz der Ermittlungen weiterhin fest?

Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn:

Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder, Parl.Staatssekretär beim Bundes­minister des Innern:

Wir werden das Ermittlungsverfahren der General­bundesanwaltschaft genau beobachten und daraus unsere Schlussfolgerungen ziehen.

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Aha! Interessant!)

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