Mündliche Frage PlPr 17/67: Ergebnisse der Umfrage zu Erfahrungen der Bundesländer bezüglich bestehender Sanktionsmöglichkeiten bei Integrationsverweigerung
Wie lauten die genauen Ergebnisse der Länderumfrage des Bundesministers des Innern vom 25. September 2010 zu Erfahrungen der Bundesländer bezüglich bestehender Sanktionsmöglichkeiten im Zusammenhang „integrationswidrigen Verhaltens von Ausländern", die zum 20. Oktober 2010 beantwortet sein sollte, und wieso hat die Bundesregierung nicht von der auf Bundestagsdrucksache 17/3147 ausdrücklich eingeräumten Fristverlängerungsmöglichkeit Gebrauch gemacht, um meine diesbezüglichen Fragen überhaupt und umfassend beantworten zu können?
Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern:
Die Antworten der Länder liegen noch nicht vollständig vor. Die Auswertung konnte daher noch nicht abgeschlossen werden. Aus den bisher vorliegenden Antworten ergibt sich, dass in den Ländern vielfach keine Arbeitsstatistiken zu der Nutzung der ausländerrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten geführt werden. Deshalb steht hierzu derzeit kein abschließendes Zahlenbild zur Verfügung.
Von der Tendenz der vorliegenden Einzelzahlen her ist zu erkennen, dass von den Sanktionstatbeständen bei nicht ordnungsgemäßer Teilnahme an den Integrationskursen – Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis, Bußgeldverhängung – vielfach nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht wird. Inwieweit dies auf nachvollziehbaren rechtlichen oder praktischen Gründen beruht der als Indiz für ausländerbehördliche Vollzugsdefizite anzusehen ist, bedarf noch einer eingehenden Analyse.
Im Hinblick auf die angesprochene Möglichkeit der Fristverlängerung ist anzumerken, dass die Bundesregierungdie regelmäßige Praxis verfolgt, auf parlamentarische Anfragen auf Basis des jeweiligen Kenntnisstandes möglichst fristgerecht zu antworten.
Nachfrage Sevim Dagdelen:
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. – Sie haben gesagt, dass Ihnen die Daten der Landesinnenministerien noch nicht vollständig vorliegen, aber einige Länder die Anfrage schon beantwortet haben. Deshalb möchte ich Sie fragen: Welche Bundesländer haben bis heute noch keine Auskünfte gegeben? Welche Bundesländer haben bis zum 20. Oktober dem Bundesinnenministerium geantwortet? Welche Bundesländer konnten zumindest zu einzelnen Fragen oder Teilbereichen klare Auskünfte erteilen, etwa dergestalt, dass von aufenthaltsrechtlich vorgesehenen Sanktionen deshalb kein Gebrauch gemacht wurde, weil es im Zusammenhang mit der Integrationskursteilnahme kein vorwerfbares Verhalten in nennenswertem Umfang gibt? Wenn Sie nicht fähig sind, jetzt die Fragen genauestens zu beantworten, würde ich Ihnen die Möglichkeit geben, mir diese Fragen schriftlich zu beantworten, aber bitte so schnell wie möglich.
Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern:
Frau Kollegin, ich will Ihnen gerne schriftliche Angaben machen. Sie werden verstehen, dass ich jetzt keinen Überblick darüber parat habe. Ich will trotzdem darauf hinweisen, dass eine Klassifizierung – Bundesland A hat soundsoviele Auskünfte gegeben, Bundesland B soundsoviele, die Bundesländer C und D haben keine Auskünfte gegeben – keine ausreichende Basis für die Beantwortung Ihrer in der Bundestagsdrucksache 17/3147 gestellten Fragen darstellt, sofern die Möglichkeit zur Analyse der Ergebnisse und zu ihrer umfassenden Nachprüfung tatsächlich genutzt werden soll. Sie müssen sich in jedem Fall damit abfinden, dass zum für die Beantwortung Ihrer Fragen angekündigten Termin noch kein ausreichender Kenntnisstand vorlag, um die Fragen umfassender zu beantworten, als wir es getan haben.
Nachfrage Sevim Dagdelen:
Ich sehe das anders. Ich habe in meiner Kleinen Anfrage nach den Ländern gefragt. Ich habe bereits seit Mai 2009 die Bundesregierung gefragt, ob ihr überhaupt Daten vorliegen, und sie darum gebeten, sie von den Ländern zu beschaffen, wenn das nicht der Fall ist. Die Bundesregierung ist erst im September dieses Jahres auf die Idee gekommen, die Daten der Länder zu beschaffen. Meine Anfrage wurde am 20. Oktober 2010 beantwortet. Sie enthielt keinerlei Informationen der Bundesregierung zur Länderabfrage. Ich weiß aber, dass zumindest von einem Landesinnenministerium eine Antwort vorgelegen hat. Diese hätte man mir aufgrund der Pflicht der Bundesregierung, dem Parlament Rede und Antwort zu stehen, normalerweise geben können.
Ich komme jetzt zu meiner nächsten Nachfrage. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, gibt es derzeit keinerlei solide Daten bzw. Informationen darüber, in welchem Umfang bezogen auf die Integrationskursteilnahme insgesamt von der sogenannten Integrationsverweigerung gesprochen werden kann. Für mich geht es dabei um eine vorwerfbare Teilnahmeverweigerung. Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, warum die Bundesregierung die ohnehin sehr aufgeheizte öffentliche Debatte über vermeintliche Integrationsverweigerer befördert, indem sie eine Debatte über die möglicherweise vorhandene Notwendigkeit schärferer Sanktionen anstößt. Müsste sie nicht erst einmal empirisch feststellen, dass es ein Problem gibt? Müsste sie nicht erst einmal eine Analyse vornehmen, statt solche Kampagnen zu starten? Wie kann sie Sanktionen beschließen, ohne dass ihr die entsprechenden Zahlen, wie Sie sagten, zur Verfügung stehen?
Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern:
Frau Kollegin Dagdelen, zunächst einmal will ich darauf hinweisen, dass wir tatsächlich das Phänomen der Integrationsverweigerung haben. Das ist in unterschiedlichen Studien belegt worden. Insofern haben wir schon das Recht, an alle Beteiligten zu appellieren, sich diesem Problem zu stellen und ihren Beitrag zur Bekämpfung der Integrationsverweigerung zu leisten. Neben diesen Appellen haben wir versucht, die entsprechenden Infrastrukturen zu verbessern. Ich verweise auf das gerade heute im Kabinett verabschiedete Gesetzespaket, zu dem mein Minister vorhin Rede und Antwort gestanden hat. Zumindest in einem Aspekt wird dabei versucht, in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ausländerbehörden eine Verbesserung der Vernetzungsmöglichkeiten und anderes durch entsprechende Maßnahmen herbeizuführen.