Konzept von schwarz-gelb: tricksen, täuschen und tarnen.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege Grindel.

Reinhard Grindel (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Ich habe mich nur deswegen zur Kurzintervention gemeldet, damit hier, Frau Kollegin Dagdelen, keine falschen Behauptungen stehen bleiben. Wir geben in diesem Jahr für Integrationskurse 233 Millionen Euro aus – so viel wie noch nie zuvor und deutlich mehr als nach dem Haushaltsplan ursprünglich beabsichtigt. Wir geben viele Millionen Euro für Kinderbetreuungskosten aus, damit Frauen die entsprechenden Kurse besuchen können. Wir geben sehr viel Geld für Fahrtkosten aus, damit auch im ländlichen Raum Integrationskurse besucht werden können. Alphabetisierungskurse haben heute 300 Stunden und nicht wie früher 100 Stunden, und wir bieten spezielle Jugendkurse an, in denen nicht nur ein Sprachangebot gemacht wird, sondern auch ein Praktikum in Richtung einer Ausbildung angeboten wird.

Es ist von den finanziellen Rahmenbedingungen, die wir geschaffen haben, möglich, dass jeder sofort einen Integrationskurs beginnen kann. Jeder, der sich auskennt, Herr Kollege Veit – Sie kennen das Geschäft genauso gut wie ich –, weiß, dass wir ein großes Problem haben, dass wir nämlich gerade in großen Städten eine Vielzahl von Kursträgern haben, die leider deshalb, weil Kurse erst mit zehn, zwölf Teilnehmern effektiv durchgeführt werden, nicht bereit sind, dann, wenn sie fünf Teilnehmer auf der Anmeldeliste haben und einem anderen Kursträger noch fünf Teilnehmer fehlen, diese abzugeben, damit bei jedem Kursträger ein Kurs beginnen kann. Es bleiben – um es etwas lax auszudrücken – zu viele auf ihren Anmeldungen sitzen, und deswegen haben wir Verzögerungen beim Start von Kursen.

Herr Kollege Veit, ich sage noch einmal – bei allem, was uns trennt –: Sie wissen, dass das ein großes Problem ist; dass wir hier noch mehr Kooperation zwischen den Kursträgern brauchen, um jedem Teilnehmer, der sich bereit erklärt hat – ob bei den Freiwilligen oder natürlich auch bei den Verpflichteten –, einen solchen Kurs zu besuchen, dies auch zu ermöglichen.

Frau Dagdelen, Sie mögen vieles von dem, was wir machen, ablehnen. Dass aber noch nie so viel Geld in Integrationskurse investiert worden ist wie im Jahre 2010, ist nachweisbar. Das können Sie nicht bestreiten. Ich finde, es ist auch nicht im Interesse der Betroffenen und nicht in Ordnung, hier falsche Behauptungen in die Welt zu setzen. Die Bundesregierung und die sie tragende Koalition haben ihre Hausaufgaben gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Rüdiger Veit [SPD]: Fakt ist, dass Geld für 20 000 Interessierte fehlt!)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Frau Dagdelen zur Antwort.

Sevim Dagdelen (DIE LINKE):

Herr Grindel, ich bin seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages. Im Jahre 2005 haben die Integrationskurse, nennen wir sie Sprachkurse, angefangen. Wir als Linksfraktion haben im Deutschen Bundestag von Anfang an gesagt: Die Idee ist gut. Aber sie muss auch gut finanziert werden.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja!)

Wir haben von Anfang an deutlich gemacht, dass die angesetzte Stundenzahl viel zu gering war. Wir haben von Anfang an kritisiert, dass die Kursgruppen aus bis zu 25 Personen bestehen und sie sehr heterogen zusammengesetzt sind, ihnen also sowohl Analphabeten als auch studierte Menschen angehören.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aber das gibt es doch gar nicht mehr!)

Wir haben seit 2005 darauf hingewiesen, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die Dozentinnen und Dozenten, die mit den Menschen Zeit verbringen, eine super Arbeit leisten. Sie arbeiten nämlich nicht nur im Rahmen der Sprachvermittlung oder in den Orientierungsstunden, sondern viel mehr. Sie haben auch soziale Kompetenzen und versuchen, den Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, auch anderweitig zu helfen; nur Neuzuwanderer haben nämlich den Rechtsanspruch auf einen Integrationskurs.

Wir haben gefordert: Die Lehrerinnen und Lehrer müssen besser entlohnt werden. Wir haben außerdem gefordert, nicht nur Neuzuwanderern den Rechtsanspruch auf einen Integrationskurs einzuräumen, sondern auch den Menschen, die schon länger in Deutschland leben und großes Interesse an diesen Kursen haben; über diese Menschen wird in der öffentlichen Debatte schon sehr lange geredet.

Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge war oft im Innenausschuss, als auch Sie zugegen waren. Dort hat er immer wieder gesagt: Wir haben eine super Bilanz. Die Nachfrage ist viel größer als das Angebot. Wir brauchen aber mehr Geld.

(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! Das ist einfach nicht richtig! Das hat er noch nie behauptet!)

Dieses Geld steht aber nicht zur Verfügung.

Der gestrigen Erklärung von acht Bildungsträgern war zu entnehmen, dass ungefähr 10 000 Menschen darauf warten, an einem solchen Kurs teilnehmen zu können. Das Problem ist, dass diese Zahl bis zum Jahresende auf 20 000 steigen wird. Das ändert nichts daran, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die diese Kurse geben, für ihre Arbeit eine Bezahlung auf Hartz-IV-Niveau erhalten. Wir haben die Forderung nach einem Mindestlohn für diese Lehrerinnen und Lehrer erhoben. Denn wir sagen: Qualitativ hochwertigen Unterricht können vor allem gut bezahlte Lehrerinnen und Lehrer bieten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen also viel mehr Geld.

Sie verleugnen, dass Sie für das Jahr 2009 schon 20 Millionen Euro aus dem Etat für 2010 „herübergeschafft" haben. Sie haben 15 Millionen Euro nachgelegt. Aber dieser Betrag reicht bei weitem nicht aus.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Jetzt ist es doch mehr!)

Sie wollen die Fahrtkosten kürzen und keine Teilzeitkurse mehr zulassen; wenn, dann nur in Extremfällen. Ich war vor kurzem in Wuppertal und habe dort mit Dozentinnen und Dozenten gesprochen. Diese haben mir gesagt: Wir haben mehrmals Teilzeitkurse beantragt. Diese Anträge sind abgelehnt worden. – Das Problem ist, dass Migrantinnen und Migranten, die voll erwerbstätig sind, an Vollzeitkursen nicht teilnehmen können. Durch Ihr Vorgehen blockieren Sie somit die Teilnahme von Migrantinnen und Migranten an diesen Kursen. Deshalb bleibt es dabei: Sie tricksen, täuschen und tarnen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])