Es bleibt bei restriktiver Auslegung des Europäischen Übereinkommens über die Staatsangehörigkeit
„Entgegen dem eindeutigen Wortlaut des Artikels 6 Absatz 3 des Übereinkommens, der eine solche Einschränkung nicht zulässt, werden Zeiten einer Duldung oder Aufenthaltsgestattung weiterhin nicht oder nur eingeschränkt bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer für Einbürgerungen berücksichtigt", so Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag. Dagdelen weiter:
„Die Bundesregierung muss zwar zugeben, dass im Artikel 6 Abs. 3 Satz 2 des Übereinkommens über die Staatsangehörigkeit auf eine nähere Bestimmung des Begriff ‚Aufenthaltsdauer‘ verzichtet wird, sich aber aus dem Zusammenhang ergebe, dass der rechtmäßige und gewöhnliche Aufenthalt gemeint sei. Die Einschränkung in den Vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern zum Staatsangehörigkeitsgesetz, wonach insbesondere auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG nur Zeiten des rechtmäßigen Aufenthalts bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer berücksichtigt werden sollen, ist damit nach Auffassung der Bundesregierung vereinbar mit dem Europäischen Übereinkommen. Und das, obwohl Artikel 6 Abs. 3 Satz 2 des Übereinkommens lediglich besagt, dass kein Vertragsstaat eine „Aufenthaltsdauer von mehr als zehn Jahren vor der Antragstellung vorsehen" darf, und dabei insbesondere auf die bloße Aufenthaltsdauer abstellt.
Dass es der Bundesregierung nicht um möglichst einbürgerungsfreundliche Auslegung des Europäischen Übereinkommens geht, zeigt auch, dass sie an dem Dogma der Vermeidung von Mehrstaatigkeit festhalten will. Vermutlich, gerade weil sie weiß, dass dies das größte Einbürgerungshindernis für viele Einbürgerungswillige ist, die nach formeller rechtlicher Gleichstellung streben. Insofern ist es kein Wunder, dass Parlamentarische Staatssekretär Peter Altmaier beim Bundesminister des Innern am 21. Januar 2009 im Deutschen Bundestag noch irrtümlich behauptet hatte, Deutschland sei zur Vermeidung der Mehrstaatigkeit aufgrund internationaler Vereinbarungen verpflichtet. Da war wohl der Wunsch Vater des Gedanken. Denn das Europäische Übereinkommen vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit ist von der Bundesrepublik Deutschland bereits am 4. Februar 2002 gezeichnet worden. Das entsprechende Vertragsgesetz ist für Deutschland am 19. Mai 2004 (BGBl. II, S. 578) in Kraft getreten."