EU-Vertragsverletzungsverfahren: Bundesregierung täuscht EU-Kommission
„Die Bundesregierung täuscht die EU-Kommission über die Rechtslage, Rechtsprechung und Praxis bezüglich der Regelung der Sprachanforderungen im Ausland als Voraussetzung für den Ehegattennachzug. Sie will offensichtlich das hierzu eingeleitete EU-Vertragsverletzungsverfahren um nahezu jeden Preis niederschlagen. Ich kann die Kommission nur darin bestärken, das Verfahren jetzt erst recht voranzutreiben und dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, um die Rechtsbrüche und Menschenrechtsverletzungen durch diese Regelung endlich zu beenden", erklärt Sevim Dagdelen, Sprecherin für Migration und Integration der Fraktion DIE LINKE., zu einer Stellungnahme der Bundesregierung vom 30. Juli 2013 an die EU-Kommission im Vertragsverletzungsverfahren DE 2013/2009/HOME – Integration measures under Art. 7(2) of Directive 2003/86/EC. Dagdelen weiter:
„Ich bin empört über den Täuschungsversuch der Bundesregierung und habe der EU-Kommission deshalb umfangreiches Informationsmaterial zur deutschen Rechtslage und Praxis zukommen lassen. Im nächsten Schritt muss die Kommission eine begründete Stellungnahme verfassen, in der die Vertragsverletzung in Hinblick auf das Verfahren beim EuGH möglichst genau dargelegt wird.
Die Bundesregierung behauptet gegenüber der Kommission beispielsweise, bereits das jetzige Recht lasse umfassende Einzelfallprüfungen unter Berücksichtigung aller Härtefallgesichtspunkte zu. Das ist schlicht unwahr, weil es weder mit der Rechtsprechung noch mit der Realität übereinstimmt. Sie behauptet weiterhin, die Neuregelung habe in der Praxis keine spürbaren Auswirkungen auf den Ehegattennachzug gehabt und interpretiert das vorliegende Zahlenmaterial sehr manipulativ. Tatsächlich ging mit der Gesetzesverschärfung ein Rückgang des Ehegattennachzugs um etwa ein Fünftel einher. Schließlich wird behauptet, der Spracherwerb im Ausland sei im Regelfall leicht möglich – der Erwerb einfacher Sprachkenntnisse im Inland hingegen nicht gesichert. Diese Behauptung ist nicht von dieser Welt! Gegenüber den Betroffenen ist das einfach nur zynisch.
Viele der Falschdarstellungen der Bundesregierung sind mir und der Fachwelt aufgrund zahlreicher Antworten auf Kleine Anfragen der Fraktion DIE LINKE zu diesem Thema im Grunde seit Beginn der Regelung 2007 bereits bekannt. Dass die Bundesregierung nachdem sie versuchte die Öffentlichkeit zu täuschen nunmehr auch die EU-Kommission dreist zu täuschen versucht, ist schon ein starkes Stück."