Europarechtswidrige Diskriminierung türkischer Staatsangehöriger endlich beenden!
„Das ist ein Schuss des Bundesverwaltungsgerichts vor den Bug der Bundesregierung: Die hohen Gebühren für die neuen elektronischen Aufenthaltstitel sind in Bezug auf die große Gruppe der türkischen Staatsangehörigen europarechtswidrig! Sie verstoßen gegen das Diskriminierungs- und Verschlechterungsverbot des EWG-Türkei-Assoziationsabkommens. Das ergab sich bereits aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), doch die Bundesregierung verweigert sich dem in skandalöser Weise bereits seit Jahren. Noch in vielen weiteren Punkten verstößt das geltende Aufenthaltsrecht gegen Europarecht, und damit sich das ändert hat DIE LINKE bereits im Oktober 2011 einen Antrag in den Bundestag eingebracht (BT-Drs. 17/7373)", erklärt Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, angesichts eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tage. Dagdelen weiter:
„Bereits im Mai 2012 hatte ich die Bundesregierung und die Länder aufgefordert, die europarechtswidrige Abzocke in den Ausländerbehörden zu beenden. Vergeblich. Mit einer Kleinen Anfrage hatte die Fraktion DIE LINKE bereits Anfang 2010 auf die rechtswidrige Gebührenerhebung vor dem Hintergrund des EWG-Türkei Assoziationsabkommens aufmerksam gemacht (vgl. Bundestagsdrucksache 17/413). Mehrfach haben wir die Bundesregierung auf die Praxis in den Niederlanden und in Dänemark hingewiesen, wo das Assoziationsrecht seit längerem respektiert wird. Auch dies vergeblich, denn die Bundesregierung hält aus politischen Gründen bewusst am europarechtswidrigen Umgang mit türkischen Migrantinnen und Migranten fest, solange es nur irgend geht.
Dass das Bundesverwaltungsgericht jetzt eine solch klare Entscheidung getroffen hat, lässt hoffen, dass die Rechtsprechung des EuGH zum Assoziationsrecht nun endlich in Leipzig angekommen ist. Dann kann sich die Bundesregierung schon mal darauf einstellen, dass ihre Politik des Zwangs und der steten Gesetzesverschärfungen im Kern gescheitert ist – denn gegenüber den türkischen Staatsangehörigen ist sie wegen der Verschlechterungsverbote des Assoziationsrechts nicht anwendbar. Dies betrifft zum Beispiel die Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug im Ausland, aber auch die seit Mitte 2011 gesetzlich vorgesehene Verweigerung einer längerfristigen Aufenthaltserlaubnis, wenn ein Integrationskurs noch nicht erfolgreich beendet wurde – und vieles mehr.
Gut, dass im Rahmen einer Sachverständigenanhörung im Bundestag in wenigen Wochen über all diese Fragen beraten werden wird. Die Vergangenheit hat leider gezeigt: Die Bundesregierung will nicht hören, sie wird noch einige weitere Grundsatzurteile mehr fühlen müssen. Die Betroffenen sind aufgefordert, rückwirkend Widerspruch gegen Gebühren zu erheben. Wenn kein rechtsmittelfähiger Bescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung vorliegt, ist dies rückwirkend für ein Jahr möglich."