Friedliche und solidarische Außenpolitik statt grüne Interessenspolitik

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN Für eine Strategie zur europäischen Integration der Länder des westlichen Balkans (BT-Drs. 17/7774, 17/8396)

Vor fast genau 13 Jahren haben sie dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf Jugoslawien ihre Zustimmung gegeben. Damals haben sie ihre Zustimmung zum Krieg sogar perfiderweise mit der Gefahr eines "Neuen Auschwitz" begründet. Das war unerträglich und widerlich. In Ihrem nun zur europäischen Integration der daraus hervorgegangenen Länder und Entitäten vorgelegten Antrag fordern sie – nur von Serbien, wohlgemerkt – eine weitere "Auseinandersetzung mit dem Zerfall Jugoslawiens".

Vielleicht sollten Sie sich selbst mal damit auseinandersetzen, was Sie mit Ihrer Zustimmung zum NATO-Bombardement auf Jugoslawien zu diesem "Zerfall" beigetragen haben. Und vielleicht sollten Sie sich auch mal damit auseinandersetzen, was ihre Politik der Unterstützung von Rebellen- und Seperatistenbewegungen je nach Interessenslage für Folgen hat. Sie von den Grünen, besonders Frau Beck, sehen keine deutsche Verantwortung, keine Schuld. Sie sehen keinen Zusammenhang zwischen der deutschen Anerkennungspolitik gegenüber Kroatien und Slowenien, dem NATO-Überfall auf Jugoslawien und der Herauslösung des Kosovo und den anschließenden Konflikten in Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, dem Georgien-Krieg 2008 und den Konflikten im Südkaukasus, die kurz vor der Explosion stehen.

In ihrem Antrag fordern Sie, meine Damen und Herren der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN, auf dem Balkan noch genau eine Grenze zu ziehen. Dieser Grenzposten zwischen Serbien und dem Kosovo wird gerade alltäglich von deutschen Soldaten und Polizisten gegen den Widerstand der im Norden des Kosovo ansässigen Bevölkerung durchgesetzt. Es kommt Tränengas zum Einsatz und manchmal wird scharf geschossen. Sie fordern in ihrem Antrag, dass diese Grenze völkerrechtswidrig auch von den Staaten der EU anerkannt wird, die aufgrund eigener sezessionistischer Bestrebungen wissen, was das bedeutet.

Das ist eine im wahren Sinne des Wortes imperialistische Politik. Diese Art des Rechtsnihilismus in der internationalen Politik legt die Axt an die Wurzel des friedlichen Zusammenlebens weltweit. Das müssen Sie endlich einmal einsehen. Ich fordere Sie auf: Kehren Sie endlich um auf diesem Weg!

Kehren Sie zurück zum Völkerrecht! Es ist beinahe traurig, dass nur noch DIE LINKE im Bundestag als einzige Fraktion steht für eine völkerrechtskonforme Außenpolitik steht.

Diese Politik der neuen Grenzziehungen setzt sich bei Ihnen gerade so in Afrika fort – und hat auch dort schreckliche Folgen. Sie erkennen keinen Zusammenhang zwischen der Zerschlagung Jugoslawiens und den zunehmend sezessionistischen Bestrebungen der SPLM/A im Sudan. Ihre Kollegin im EP, Franziska Brantner, ließ sich vor diesem Hintergrund zu der Aussage hinreißen, man solle doch mal die alten Kolonialgrenzen in Afrika „überdenken". Sehen Sie denn nicht die Folgen dieser Politik: Afrika erlebt eine neue Welle gewaltsamer Sezessionsbestrebungen, in Somalia wurde ein neuer Staat Khatumo ausgerufen; Infolge des Libyen-Krieges, wollen Tuareg-Kämpfer das Azawad von Mali abtrennen. Die Rebellen in Libyen selbst, die Sie unterstützt und anerkannt haben wollten, haben vor wenigen Tagen die Unabhängigkeit der Kyrenaika erklärt und gegenwärtig eskalieren auch wieder die Kämpfe zwischen der senegalesischen Armee und den Casamance-Rebellen.

Die EU-Außenpolitik nutzt diese Instabilität, indem sie wahlweise mit Rebellen, Sezessionisten oder Diktatoren zusammenarbeitet, um möglichst billig an Rohstoffe heranzukommen. Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, laufen ihr dabei applaudierend und von Menschenrechten faselnd hinterher. Entsprechend stilisieren Sie in Ihrem Antrag auch die EU zur "historischen Errungenschaft" und fordern deren weiteren Umbau nach den Prinzipien des Imperialismus: Die Beitrittsstaaten – allen voran wird immer Serbien genannt – sollen Kriterien erfüllen, die innerhalb der EU längst für obsolet erklärt worden sind. Sie fordern "erhebliche Anstrengungen" zur "wirtschaftlichen Transformation" und schweigen zu den gesellschaftlichen Zerwürfnissen, die diese neoliberalen Reformprogramme mit sich bringen. Selbst wenn die Staaten des westlichen Balkans eines Tages in die EU aufgenommen werden sollten, sollen sie nicht dieselben Rechte haben, wie die alten, "zentralen" Staaten der EU. Sie sollen weitere Beitritte nicht "blockieren" dürfen. DE LINKE lehnt eine solche Politik der doppelten Standards ab.

In Wirklichkeit zielt Ihr Antrag darauf ab, diese militärisch herbeigebombten Kleinstaaten dauerhaft als vollwertige Mitglieder aus der EU heraus zu halten. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verhinderung von "Ungleichzeitigkeiten der Länder bei der Annäherung", gemeinsame "Übergangsregelungen", werden ein willkommenes Werkzeug sein, diese Staaten – auch bei Erfüllung aller Kriterien – in einer periphären Partnerschaft außen vor zu lassen. Auch aus diesem Grund lehnt DIE LINKE den vorgelegten Antrag ab.
Eine friedliche und solidarische Außenpolitik ist in Deutschland möglich.