Für Aktionen gegen die Wirtschaftsrezession

Aufruf fordert stärkere oppositionelle Aktivitäten der eigenen Partei gegen die Wirtschaftsrezession

Mehrere bekannte Politiker der Partei Die LINKE., sowie zahlreiche Mandats- und Funktionsträger aus Ost- und Westdeutschland rufen ihre eigene Partei dazu auf, in den nächsten Wochen und Monaten entschlossener und gebündelter gegen die Rezession öffentlich aktiv zu sein (vgl. Aufruf als PDF im Anhang). Unter den Unterzeichnern befinden sich unter anderem die stellvertretende Parteivorsitzende Ulrike Zerhau, die Bundesvorstandsmitglieder Sahra Wagenknecht, Thies Gleis, Christine Buchholz, Sabine Lösing, Sascha Wagner, Marc Mulia und Jürgen Klute. Aus der Linksfraktion des Bundestags unterstützen den Aufruf unter anderem Kornelia Möller, Sevim Dagdelen, Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke, Dieter Dehm, Paul Schäfer. Der Bundesvorstand der Hochschulorganisation Die Linke.SDS hat den Aufruf ebenfalls gezeichnet.

Auch zahlreiche Landtagsabgeordnete wie Evrim Baba aus Berlin oder Klaus Bartl aus Sachsen, Landesvorstandsmitglieder und Landessprecher wie Bernd Riexinger aus Baden-Württemberg oder Wolfgang Zimmermann aus Nordrhein-Westfahlen unterstützen den Appell an die eigene Partei. Besonders in den Kreisen- und Bezirken wird der Aufruf von einem breiten Spektrum der Linkspartei unterstützt. Das komplette Aufruferspektrum können Sie dem Aufruf im Anhang entnehmen.

Die Aufrufer sind entgegen der Schönfärberei der Bundesregierung der Meinung, dass das Ende der Rezession nicht abzusehen ist. Ein Anstieg der Massenerwerbslosigkeit und die Vergrößerung der Armut in der gesamten Republik ist sicher. Denn selbst wenn die Bundesregierung jetzt für zwei Jahre ca. 50 Mrd. Euro für ein Konjunkturprogramm ausgeben will. Bei diesem Maßnahmen geht keinesfalls darum, die Niedriglöhner, Arme und prekär Beschäftigten gegen die Krise zu schützen. Auch ein großer Teil der Mittelschicht wird weiter abrutschen.

Der Aufrufer sind sich sicher, dass die auf zwei Jahre verteilten 50 Mrd. nicht ausreichen werden, den absehbaren massenhaften Anstieg der Arbeitslosigkeit zu stoppen. Die Reichen und Superreichen in dieser Gesellschaft würden durch die Bundesregierung zudem weiterhin geschont, ihr Reichtum soll nach Ansicht von Merkel und Steinmeier unangetastet bleiben. Von einer Abkehr von den neoliberalen Grundsätzen der Wirtschafts-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik sei weit und breit nichts zu sehen. Die gescheiterte Politik solle so weiter gehen wie bisher.

Die Unterzeichner sehen daher die Notwendigkeit für eine deutliche Antwort der sozialen Bewegungen, Gewerkschaften und der linken politischen Kräfte. Hier sei auch die Partei DIE LINKE gefordert: Sie müsse mit klaren Positionen Alternativen aufzeigen und dafür mobilisieren. Vorschläge für gemeinsame Aktivitäten gegen die Regierungspolitik und für progressive Alternativen, von dezentralen Aktionen in Städten und Betrieben bis hin zu einer bundesweiten Demonstration, seien in der Partei und mit außerparlamentarischen Kräften zu diskutieren und dann umzusetzen.

Der vorliegende Aufruf von über 500 Mitglieder, Mandats- und Funktionsträgern der Partei Die Linke., von Persönlichkeiten aus außerparlamentarischen Initiativen, Gewerkschaftern und Einzelpersonen fordert weitergehende gesellschaftliche Regulierungsvorstellungen.

Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Aufrufs sind der Meinung, dass die bisher von der Großen Koalition angekündigten Maßnahmen so gut wie nichts an den zugrundeliegenden Ursachen der Rezession ändern würde. Stattdessen wird ein Anti-Krisenprogramm mit konkreten und umsetzbaren Eckpunkten vorgeschlagen:

1. Unverzüglich muss ein öffentliches Konjunktur- und Zukunftsinvestitionsprogramm von in den ersten Jahren 75, später 50 Milliarden Euro aufgelegt werden, in den Bereichen Kinderbetreuung, Bildung und Wissenschaften, Gesundheits- und Sozialwesen, Verkehr und ökologischem Umbau, z.B. Förderung regenerativer Energieformen, Maßnahmen zur Ressourcenschonung.

2. Die Profiteure der Finanzmarktgeschäfte, Reiche und Kapitalbesitzer müssen bezahlen: Einführung einer Millionärssteuer von 5-10 %; Börsenumsatzsteuer, Rückgängigmachung der Steuervergünstigungen der letzten 15 Jahre wie z.B. Senkung der Körperschaftssteuer und Senkung des Spitzensteuersatzes;

3. Öffentliche Kontrolle über die Banken und das Finanzsystem sowie Regulie­rung der Finanzmärkte: Verbot der Hedgefonds und riskanter Spekulationsgeschäfte, wie außerbilanzieller Derivategeschäfte, usw.; Einführung der Tobinsteuer, Vergesellschaftung der Banken; Verpflichtung der Landesbanken auf ihren öffentlichen Auftrag; Trockenlegung der Steueroasen, Kapitalverkehrskontrollen, usw.

4. Stärkung des öffentlichen Sektors (Daseinsvorsorge): Bessere Finanzausstattung der Kommunen, Stop von PPP-Geschäften; keine Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, sondern Rekommunalisierung; keine (Teil-) Privatisierung der Bahn; mehr Geld für Bildung und Bildungsreform (Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems), ökologischer Umbau, Ausbau der öffentlichen Infrastruktur, bessere Finanzausstattung des Gesundheitswesens.

5. Rücknahme der Teilprivatisierung des Rentensystems und der Rente mit 67: Ausbau des gesetzlichen umlagefinanzierten Rentensystems; Erhöhung der gesetzlichen Mindestsicherung im Alter; Rücknahme der Rentenkürzungen der letzten 20 Jahre.

6. Rücknahme der Agenda 2010 und der verhängnisvollen Hartz-Gesetze. Bis dahin sofortige Anhebung der Regelsätze durch ihre Anpassung an die Lebenshaltungskosten und Wegfall menschenunwürdiger Sanktionen.

7. Keine Lohnsenkungen sondern Reallohnerhöhung: Austrocknung des Nied­riglohnsektors durch Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes von 8,77 Euro plus (schnelle Erhöhung auf 10 Euro); Einschränkung der Leiharbeit und gleiche Bezahlung der Leiharbeiter; Einschränkung befristeter Arbeitsverhältnisse, usw.

8. Soziale Bedingungen für staatliche Hilfen: Staatliche Hilfsgelder und Bürgschaften müssen an soziale Bedingungen geknüpft werden, wie Schutz vor Entlassungen, Erhalt der tariflichen Standards; keine Aufweichung der Flächentarifverträge, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich anstatt Arbeitsplatzvernichtung.

9. Kein Demokratieabbau sondern politisches Streikrecht: Volle parlamentarische Kontrolle und Transparenz über die Verwendung des Hilfsfonds; Einführung des politischen Streikrechts, wie in anderen europäischen Ländern.