DIE LINKE versteht Menschenrechte als Widerstandsrechte gegen Neoliberalismus, Kapitalismus und Krieg
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Selten hat man solch unseriöse Reden hier gehört, Frau Steinbach.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dabei haben Sie auch noch auf falschen Behauptungen beharrt, etwa bezüglich Herrn Beck. Er ist ein guter und engagierter Abgeordneter. Das sage ich, auch wenn ich politisch nicht alle seine Positionen teile. Und eEr ist eben kein Jurist, wie Sie es behaupten. Das muss man schon sehen.
Selten ist mehr Heuchelei im Deutschen Bundestag zu hören als dann, wenn es um das Thema Menschenrechte geht. Die kurzfristig zeitweilige Aufnahme von Menschenrechtsverteidigern ziehen Sie aus der Koalition in Ihrem Antrag unter den entsprechenden Vorschriften des geltenden Ausländerrechts gegebenenfalls in Erwägung. Angesichts der Tatsache, dass das Ausländerrecht kaum noch Schutz für politisch Verfolgte bietet, ist das eigentlich zynisch.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Jahr für Jahr erreichen weniger Flüchtlinge überhaupt den Geltungsbereich dieses Ausländerrechts, weil sie von der Europäischen Union und auch von der Bundesregierung mit martialischen Mitteln wie der Grenzschutzagentur FRONTEX an der Flucht und an der Einreise gehindert werden und im Mittelmeer sterben müssen. Ein wertvoller Beitrag zum Schutz der Menschenrechte ist für Die Linke ein freier Zugang für Flüchtlinge und ein umfassendes Asylrecht.
(Beifall bei der LINKEN)
Doch davon ist in den vorliegenden Anträgen natürlich keine Rede; denn Menschenrechtsverletzungen findet man leider immer nur bei anderen. Glaubwürdig ist man bei Menschenrechten aber nur dann, wenn man bei sich selbst beginnt.
(Beifall bei der LINKEN)
Beim Rüstungsexport haben Sie eine Politik zu verantworten, die Sie unglaubwürdig macht. Wie sonst erklären Sie es sich, staatlich finanzierte Ausstattungshilfe für die Armeen in Georgien, in Nigeria, im Jemen und in Marokko zu leisten? Wie sonst ist zu erklären, dass die deutsche Rüstungsindustrie mittlerweile im internationalen Vergleich auf Platz drei liegt und das weltweite Geschäft mit dem Tod in Deutschland derart boomt? Wie sonst ist es zu erklären, dass Sie zu der monarchistischen Diktatur in Saudi-Arabien einfach immer nur schweigen, aber exzellente Handelsbeziehungen zu ihr pflegen?
(Beifall bei der LINKEN)
Wie ist die Partnerschaft mit Marokko menschenrechtlich für Sie vereinbar, zumal die Westsahara weiterhin völkerrechtswidrig besetzt ist und ständig Menschenrechte der Saharauis verletzt werden, wie jüngst die Verhaftung von sieben Menschenrechtsaktivisten, die im Hungerstreik sind?
Wie sieht es mit Ihrer Menschenrechtspolitik hinsichtlich der Menschenrechtsverteidiger aus Honduras aus? Jesús Garza und Bertha Oliva waren hier im Bundestag und haben über die Menschenrechtssituation in Honduras gesprochen. Der Leiter der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung denunziert diese Menschen in der honduranischen Zeitung und nennt sie Spalter. Das ist ein Skandal, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN Zuruf von der FDP: Jetzt reden wir aber über Kuba!)
Ist es mit Menschenrechten vereinbar, dass deutsche Konzerne wie ThyssenKrupp unterstützt durch Zuschüsse und Steuererleichterungen durch die Regierung Milizen als Werkschutz anheuern, die mit Morddrohungen gegen protestierende Fischer vorgehen?
Warum schweigen Sie dazu, dass alle fünf Sekunden in der Welt ein Kind unter zehn Jahren verhungert, 50 000 Menschen täglich an Hunger sterben und eine Milliarde Menschen permanent unterernährt sind, während Nahrungsmittel zur Gewinnung von Treibstoffen für Industrieländer verbrannt werden?
Was sagen Sie dazu, dass Ende 2008 allein in Europa in wenigen Tagen 1,7 Billionen Euro für Banken und Konzerne bereitgestellt wurden und gleichzeitig das Welternährungsprogramm von 6 Milliarden auf 3,8 Milliarden Euro reduziert wurde, weil Industriestaaten die Mittel für humanitäre Soforthilfe gekürzt haben?
Das hat nichts mehr mit Menschenrechten zu tun. Wer Menschenrechte sagt und Rohstoffe wie im Südsudan meint, wer politische Rechte für Bürger in anderen Staaten einfordert und Menschen in Länder abschiebt, in denen ihnen Folter droht, wer Meinungsfreiheit anderswo einklagt und mit Lügen Angriffskriege führt oder vorbereitet, wer öffentliche Dienstleistungen, das Rentensystem und die Gesundheitsvorsorge privatisiert, der verwandelt den Kampf um Menschenrechte in ein Instrument von Sozialraub, Krieg und imperialer Politik.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir, Die Linke, verstehen Menschenrechte als Widerstandsrechte gegen Neoliberalismus, entfesselten Kapitalismus und Krieg.
(Zuruf von der FDP: Nennen Sie bitte noch die Hotelnummer!)
Es ist klar, dass das von der FDP kommt.
Menschenrechte sind nur dann von Dauer, wenn sie auf einer Wirtschafts- und Sozialordnung beruhen, die die strukturellen Ursachen der andauernden Menschenrechtsverletzungen beseitigen.
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Frau Kollegin, bitte kommen Sie zum Schluss.
Sevim Dagdelen (DIE LINKE):
Deshalb treten wir für eine neue, für eine gerechte Wirtschafts- und Sozialordnung ein. Deshalb setzen wir uns für ein Exportverbot von Rüstungsgütern ein.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)