Immer weniger Ausländer wollen Deutsche werden

Der Rückgang liege bei mindestens 15 Prozent, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" (Mittwoch). Dies gehe aus Antworten auf Parlamentsanfragen der Linkspartei und einer Umfrage des Blattes bei einzelnen Bundesländern hervor. Die migrationspolitische Sprecherin der Links- Fraktion, Sevim Dagdelen, machte dafür gezielte Verschärfungen im Einbürgerungsrecht und höhere Sprachanforderungen verantwortlich.

Das Bundesinnenministerium widersprach. Die Behauptung, der Rückgang sei auf die Änderungen im Staatsangehörigkeitsgesetz 2007 zurückzuführen ist, "lässt sich nicht durch Fakten bestätigen". Laut Statistik sind die Einbürgerungen seit mehr als zehn Jahren rückläufig.
Laschet (CDU): Rückgang ist alarmierend

Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet (CDU) nannte den Rückgang alarmierend. Er bestätigte dem Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstag) die Zahl von 20 Prozent weniger Einbürgerungen in seinem Bundesland. Er forderte eine Analyse der Gründe. "Wenn bürokratische Hemmnisse bestehen, müssen wir sie abbauen." Einen Zusammenhang mit dem Einbürgerungstest sah er jedoch nicht.

1995 wurden noch 313 505 Ausländer eingebürgert. Seither sank die Zahl stetig. 2007 waren es noch 113 030. Rot-Grün hatte 2000 die Einbürgerung erleichtert. Deutscher konnte werden, wer seit acht Jahren hier lebte und eine Reihe von Voraussetzungen erfüllte. Das 2007 geänderte Gesetz legt unter anderem die Voraussetzungen für den Sprachnachweis fest.

Für die Links-Politikerin Dagdelen stellt der dramatische Rückgang der Einbürgerungen der Bundesregierung ein vernichtendes Zeugnis ihrer Integrationspolitik aus. "Nicht die mangelnde Willkommenskultur der Einheimischen, sondern die gezielten Verschärfungen im Einbürgerungsrecht sind Ursache für den dramatischen Rückgang der Einbürgerungszahlen für das Jahr 2008 um etwa 15 Prozent."

Das Bundesinnenministerium hielt dagegen, die gesetzlichen Anforderungen seien 2007 nicht verschärft, sondern präzisiert worden, um eine einheitliche Anwendung in den Ländern zu erreichen. Die geforderten Deutschkenntnisse "auf dem untersten Niveau der selbstständigen Sprachanwendung" seien eine Voraussetzung für die Teilhabe an der demokratischen politischen Willensbildung. Auch der 2008 eingeführte Einbürgerungstest stelle keine Hürde dar. Mehr als 98 Prozent könnten die Fragen beantworten. Die Einbürgerung sei ein Angebot. "Der Einfluss des Staates auf die Einbürgerungsbereitschaft ist daher nur begrenzt", betonte das Innenministerium.
Özdemir: Folge verfehlter Integrationspolitik

Für den Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir ist der Rückgang der Einbürgerungszahlen die logische Konsequenz einer völlig verfehlten Integrationspolitik der großen Koalition. "Sie baut Hürden auf, statt Integration zu fördern und zu unterstützen." Dazu zählten die unsinnigen Einbürgerungstests und die Verweigerung der doppelten Staatsbürgerschaft. "Damit werden viele Menschen abgeschreckt, die schon lange in unserem Land leben, Teil dieser Gesellschaft sind und auch Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten werden wollen."