In Erdogans Händen
Von Sevim Dagdelen
Wenn es eines symbolischen Bildes bedurfte, in welchem Maß sich Bundeskanzlerin Angela Merkel an Erdogans verbrecherisches System ausliefert, dann wurde es bei ihrem Vorgespräch zum EU-Türkei-Gipfel mit dem türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu in der türkischen Botschaft in Brüssel geliefert. Auf einer unansehnlichen braunen versessenen Ledercouch sah sich Frau Merkel dem schmierig grinsenden türkischen Regierungschef gegenüber. Ihr war die ganze Szene sichtlich unangenehm. Als ahnte sie bereits, dass dies zum Sinnbild ihrer Unterwerfung unter Erdogans Türkei werden könnte. Denn allein der türkische Präsident ist Merkels Garant dafür, dass die Grenzen im Schengen-Raum wenigstens nicht formal geschlossen werden müssen. Das würde besonders das deutsche Kapital zuviel kosten. Als Wächter gegen die Flüchtlinge soll die Türkei in Stellung gebracht werden.
Für deren Hilfswilligkeit scheint der Kanzlerin kein Preis zu hoch. Das Schweigen zum Krieg des Terrorpaten Erdogan gegen die Kurden und zu seiner Unterstützung islamistischer Terrormilizen in Syrien sind dabei noch die geringsten Tribute, die Berlin zu zahlen bereit ist. Die drei Milliarden Euro für das islamistische Unterdrückungssystem in Ankara gab man gemeinsam mit der EU aus der Portokasse. Gravierender aber ist, dass man aus Verzweiflung bereit ist, im Gegenzug zur Verwandlung der Türkei in ein Flüchtlingsgefängnis, diese Summe zu zahlen, 80 Millionen türkische Staatsbürger visafrei einreisen zu lassen und die EU-Beitrittsverhandlungen weiter zu beschleunigen. Selbst ein Beitritt der Türkei zur EU in nächster Zukunft scheint nicht mehr ausgeschlossen – Hauptsache, die Flüchtlinge werden einem vom Hals gehalten. Genüsslich drehen Erdogan und Co. angesichts dieses Szenarios an der Erpressungsschraube. Offen wird gedroht, die Grenze zu öffnen, wenn Kanzlerin und EU sich nicht willfährig zeigen.
Merkels Opfer sind indes nicht nur die Schutzsuchenden. Sie trägt durch ihre Kumpanei auch Mitverantwortung für die Androhung von lebenslanger Haft für Journalisten wie Can Dündar, für die Flucht Hunderttausender Kurden vor Erdogans Krieg und für das brutale Niederknüppeln der Frauendemonstrationen zum 8. März durch die Staatsmacht. Ohne Rückendeckung aus Berlin und Washington könnte das AKP-Regime die Repression zumindest nicht derart offen ausüben.
Im Norden Syriens kämpfen auch Kurdinnen gegen das weitere Vordringen, der von Erdogans Türkei unterstützten islamistischen Terrormilizen, allen voran IS und Al-Qaida. Unter Einsatz ihres Lebens streiten die Frauen in den Selbstverteidigungseinheiten YPJ für ihre Rechte und ihre Freiheit. »Der IS sagt, dass wir in die Küche gehören, wir sagen, dass der IS ins Grab gehört«, twittern sie selbstbewusst und stolz zum 8. März 2016. Das ist auch eine Antwort auf Angela Merkel und ihre Kumpanei.