In der Mitte der Gesellschaft

Die islamfeindliche Propaganda von „pro-NRW" wirkt. Und das nicht nur im rechten Lager, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft. Kein Wunder: Islamfeindlichkeit ist ein Problem aller gesellschaftlichen Kreise.

Der Islam kann sich in Europa wahrlich nicht über zu viel Begeisterung von Nicht-Muslimen beschweren. Der Mohammed-Karikaturenstreit, Moscheebauten in deutschen Großstädten und die Kopftuch-Debatte haben in den vergangenen Jahren das öffentliche Bild des Islam geprägt. Der Islam taucht höchst selten als bloße Religion auf, sondern fast immer als politische Ideologie und als Motor des Terrorismus. Entsprechend ist das Meinungsbild in der Bevölkerung.

29 Prozent sind der Auffassung, dass Muslimen die Zuwanderung untersagt werden sollte. 39 Prozent fühlen sich durch die Anwesenheit von Muslimen wie Fremde im eigenen Land. Wilhelm Heitmeyer von der Universität Bielefeld hat diese Werte in Umfragen ermittelt.

Die Gründe für die Islamfeindlichkeit sind vielfältig. Der Rassismus gegen Muslime ist nicht erst mit den Anschlägen vom 11. September 2001 aufgekommen. Die Anschläge haben islamfeindliche Einstellungen verschärft, aber nicht erschaffen. Das „Feindbild Islam" ist mehrere Jahrhunderte alt. Der Orient war für den Westen immer das Gegenstück zu sich selbst, der „Andere". Er wurde immer als antimodern und minderwertig angesehen. Mit den aktuellen Diskursen bekommt das alte Feindbild lediglich neue Konturen. Die Angst vor den Muslimen ist älter als aktuelle Debatten und sie sitzt sattelfest im Denken unserer Gesellschaft.

Hier setzen Rechtsextreme wie „pro-Köln" an. Als Bürgerbewegung getarnt hat „pro-Köln" mit einer Unterschriftenaktion gegen den Ehrenfelder Moscheebau Stimmen und Kraft gesammelt, um in den Stadtrat einzuziehen. Die diffuse Angst vor einer Islamisierung Europas treibt Menschen aus der politischen Mitte der Gesellschaft zu „pro-Köln".

Wie müssen Linke mit der Islamfeindlichkeit von „pro-Köln" umgehen?

Es ist keine Frage, dass demokratische Kräfte das wahre Gesicht der "pro-Bewegung" aufdecken müssen. Die selbsternannte Bürgerbewegung ist weder harmlos noch demokratisch. Sie arbeitet mit Rechtsextremen im In- und Ausland zusammen. Der Anti-Islam-Kongress im September wird die Kooperation weiter stärken. Und niemand sollte die Bewegung unterschätzen. Sie kann zu einem Scharnier zwischen harten Rechtsextremen und der Mitte der Gesellschaft werden.

Islam-Themen dürfen nicht den Rechtsextremen wie „pro-Köln" überlassen werden. Denn nicht jede Frage zum Kopftuch und nicht jeder Zweifel an der Gestaltung und Größe einer neuen Moschee sind rassistisch. Viele Menschen haben berechtigte Ängste. Die politische Linke muss deshalb jenen Umgang mit dem Islam wie zu anderen Religionen auch einnehmen, den sie als progressive Kraft in der Religionskritik von Feuerbach finden wird. Dann wird man sowohl den Rechtsextremen als auch den Konservativen ein Stück weit das Wasser abdrehen können.