Integration oder Ausgrenzung in der Einwanderungsgesellschaft? – Bildungspolitik und Arbeitsverhältnisse in der Kritik

Am 3. Juli 2010 organisierte der Gesprächskreis Migration der RLS seine erste große öffentliche Veranstaltung zum Thema "Integration oder Ausgrenzung" im Jahrhunderthaus in Bochum. Trotz drückender 37 Grad im Schatten und dem Viertelfinalspiel der deutschen Nationalmannschaft kamen über den Tag verteilt über 40 Menschen um gemeinsam zu diskutieren und an den spannenden Inputs zu partizipieren.

Den Auftakt der Veranstaltung bildete das Panel "Bildungsbenachteiligung von EinwandererInnen". Toan Nguyen sprach über die institutionelle Diskriminierung von migrantischen Jugendlichen mit dem Blickpunkt Schule. Deutlich wurden vielfältige Diskriminierungsformen, die dem Weiterkommen von nicht-weißen Kindern im deutschen Schulsystem Barrieren in den Weg stellen. Susanne Spindler ging darauf aufbauend auf alternative Bildungsformen in heterogenen Gesellschaften ein. An dem Beispiel Schweden wurden Alternativen vorgestellt. In der anschließenden Diskussion wurde jedoch auch deutlich, dass ein einfaches Übertragen nicht möglich ist. Nicht nur die immensen Kosten dieser Bildungsförderung von strukturell Benachteiligten sind hier derzeit politisch nicht realisierbar, auch die allgemeinen Koordinaten des Wohlfahrtssystem und der spezifisch nordeuropäischen Produktionsweise sind nicht direkt auf die bundesdeutschen Verhältnisse übertragbar.

Nach einer kurzen Pause mit leider recht unpassendem Essen (Currywurst aus Schweinefleisch oder Laugenbrezeln für die VegetarierInnen bzw. Muslimas) führten wir die spannenden Diskussionen fort.

Das Panel "Arbeitswelten von EinwandererInnen" eröffnete Chrstian Manger mit der Vorstellung der aktuellen Feldstudie Ethnic Discrimination in Germany’s Labour Market, die die Diskriminierung von Arbeitssuchenden mit Migrationshintergrund empirisch unter die Lupe nahm. Für den Bereich der Praktikas von Wirtschaftswissenschaftsstudenten konnten sie aufzeigen, dass ein türkischer Name signifikant zu weniger positiven Call-Backs führt. Hüseyin Aydin betrachtete den Arbeitsmarkt und eine mögliche Teilhabe durch Aus- und Weiterbildung. Der Fokus lag hierbei auf den Angestellten und ArbeiterInnen. Er stellte die Verantwortung der Betriebsräte hervor, denn trotz rechtlich vorhandener Möglichkeiten werden hier noch nicht alle Hebel für eine gleichberechtigte Teilhabe in Bewegung gesetzt.

Auf dem Abschlusspodium diskutierten kontrovers Merfin Demir, Kien Nghi Ha und Sevim Dagdelen. Merfin Demir beleuchtete die aktuelle Situation von Roma und spezifischen Empowermentstrategien. Kien Nghi Ha nahm die bundesdeutsche Integrationspolitik als Sicherung der Dominanzkultur unter die Lupe und arbeitete immer noch bestehende koloniale Bezüge heraus. Sevim Dagdelen stellte die Perspektive der LINKS-Partei vor, die Integrationspolitik immer als soziale Frage betrachtet und nicht-kulturalisierende Debatten in der Politik initiieren möchte. Eine nicht klärbare Kontroverse entstand abschließend an der theoretischen Feststellung eines methodologischen Nationalismus, der unseren Blick auf die Nation bestimmt und die Frage, ob eine linke Realpolitik die Auflösung der Nationalstaaten fordern sollte.