Kampf um Aden: Saudis und Emirate im Infight
Gastkommentar von Sevim Dagdelen am 12. August 2019 in der Tageszeitung junge Welt:
In der südjemenitischen Hafenstadt Aden eskaliert der Stellvertreterkrieg zwischen dem saudischen Königshaus und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Während die Herrscher in Riad auf die von ihnen kontrollierte und finanzierte Hadi-Gespensterregierung im Jemen setzen, die nur einen kleinen Teil des Landes kontrolliert, unterstützen die VAE-Scheichs die Truppen des Südrates, die eine Abspaltung des Südens propagieren. Vier Jahre lang haben beide Golfstaaten mit ihren Unterstützern vor Ort einen Terrorkrieg gegen die jemenitische Zivilbevölkerung geführt. Mit mehr als zehn Millionen Hungernden und Zehntausenden verhungerten Kindern sind Saudi-Arabien und die VAE verantwortlich für die größte humanitäre Katastrophe unserer Zeit.
Jetzt gehen sich die Kriegsverbündeten gegenseitig an die Gurgel. Denn die strategischen Interessen der beiden islamistischen Diktaturen waren in letzter Zeit immer weniger unter einen Hut zu bringen. Die Emirate haben vor kurzem angekündigt, ihre Truppen von den Fronten gegen die oft Huthis genannten Ansarollah, die große Teile des jemenitischen Kernlandes erfolgreich gegen die saudisch-emiratische Allianz verteidigt haben, zurückzuziehen. Sie setzen darauf, wenigstens den Südjemen durch eine Abspaltung als emiratische Einflusszone zu retten. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman dagegen will den Vernichtungskrieg im Jemen weiterführen, auch wenn die Huthis die Kämpfe immer mehr in die südlichen saudischen Provinzen hineintragen und die Truppen dort schwere Niederlagen erleiden. Für »MbS« geht es um alles. Er hat sein politisches Schicksal mit einem Sieg in dem von ihm vom Zaun gebrochenen Stellvertreterkrieg gegen den Iran verknüpft. Der Bruch zwischen den Golfdiktaturen ist um so bemerkenswerter, als sie in der Vergangenheit – von sudanesischen Söldnern über die Separatisten bis hin zu den islamistischen Terrormilizen der Al-Qaida oder auch der Muslimbruderschaft – jedweden Akteur für den Kampf im Jemen eingespannt haben.
Ein Gewinner im neuen Konflikt steht bereits fest: die deutsche Rüstungsindustrie. Der Rechercheverbund #GermanArms hat schon vor Monaten belegt, dass deutsche Waffen von Saudi-Arabien und den Emiraten sowie ihren Helfershelfern eingesetzt werden. Man muss kein Hellseher sein, um zu schlussfolgern, dass deutsche Waffen auch beim Kampf um Aden und den Süden des Landes auf beiden Seiten zum Einsatz kommen. Allen voran die USA, Frankreich und Großbritannien, aber auch Deutschland haben die Diktaturen am Golf bis an die Zähne hochgerüstet, koste es, was es wolle. Einzig entscheidend war das geopolitische Interesse. So ist die Bundesregierung auch mitschuldig für die Toten in Aden, unter denen, da die Kämpfe unmittelbar in der Stadt stattfinden, selbstverständlich viele Zivilisten sind.
Quelle: jungewelt.de
Foto: OCHA / Philippe Kropf, flickr.com, (CC BY-NC-ND 2.0)