Kein Bündnis mit der AKP-Regierung in der Türkei

Liebe Freundinnen und Freunde,

Ich bin froh so viele von euch heute hier zu sehen. Das ist bereits ein großer Erfolg. Zeigen wir den Menschen in der Türkei: Ihr seid nicht allein!

Seit über einer Woche gehen hunderttausende in der Türkei gegen die autoritäre AKP-Regierung auf die Straße. Mit einer unerträglichen Polizeigewalt versucht Erdogan die Proteste gegen seinen islamistischen Unterdrückungsstaat niederzuschlagen. Über 4000 Verletzte, mehrere Tote, unzählige Verhaftungen: das ist die Bilanz des Polizeiterrors in Erdogans Auftrag der letzten Woche. Wir sagen NEIN zu dieser Unterdrückungsmaschinerie! Wir stehen solidarisch an der Seite der Protestierenden! Gegen den Staatsterror in der Türkei!

Erdogan hat die Demonstranten als Plünderer bezeichnet, als „Capulcu". Die Bewegung in der Türkei hat sich als Antwort auf diese blödsinnigen Diffamierungsversuche in der Folge das herabsetzende Wort umgedeutet und zu eigen gemacht. Was als Beschimpfung gemeint war, ist inzwischen zum stolzen Titel der Gegner von Erdogan und der islamistischen AKP geworden. Sie sagen: "Wir sind alle Capulcu!"! Und: Heute sagen wir hier von Berlin aus: Erdogan! Wir sind alle Plünderer! Wir stehen für die Internationale der Plünderer!

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir wollen, dass Solidarität kein leeres Wort bleibt. Solidarität muss konkret sein, sonst bleibt es ein wohlfeiler Appell. Die Frage ist also, was können wir von hier aus tun, um die Demonstranten zu unterstützen. Und ich sage euch: wir können eine ganze Menge tun. Karl Liebknecht hat einmal gesagt: Der Hauptfeind steht im eigenen Land! Und in der Tat, dies gilt auch heute. Es ist das deutsche Kapital, es ist die Bundesregierung als sein Erfüllungsgehilfe, die eine der Hauptstützen des repressiven Regimes in Ankara darstellen. Deshalb: Lasst uns die Kumpanei von Merkel und Erdogan brechen! Es ist unerträglich, dass die enge deutsche polizeiliche, militärische und geheimdienstliche Zusammenarbeit mit dem Erdogan-Regime weitergeht, als sei nichts geschehen. DIE LINKE sagt es ganz klar: Lasst uns diese teuflische Zusammenarbeit beenden! Wir müssen hier die Konsequenzen ziehen!

Liebe Freundinnen und Freunde,

oft wird versucht uns weiszumachen, als würde die Unterdrückung fern sein von uns. In Anatolien, ja dort hinten, fern von Europa, fern von Deutschland, da gibt es sie, die Unterdrückung, während zugleich die Situation hier regelrecht weißgewaschen wird. Solidarität heißt aber auch gegen Ausgrenzung und Armut hier, gegen Polizeigewalt und Ausbeutung hier zu kämpfen. Und die Occupy-Proteste sind ein gutes Beispiel. Während Merkel und Co die Proteste hier niederknüppeln lassen, ermahnen sie das AKP-Regime es in der Türkei nicht ganz zu doll zu treiben. Wir haben die Nase voll von dieser Heuchelei! Unser Kampf gilt dem autoritären Neoliberalismus überall! Taksim ist überall! Und überall muss es Widerstand geben! Her yer Taksim! Her yer Direnis!

Liebe Freundinnen und Freunde,

in der Tat, diese Heuchelei kennt keine Grenzen. Während einige Krokodilstränen über die Polizeigewalt in der Türkei vergossen werden, ist man gleichzeitig bemüht, neue EU-Beitrittskapitel für die Türkei zu eröffnen. Es gäbe Fortschritte in menschenrechtlicher Hinsicht. So argumentieren Schwarz-Gelb zusammen mit SPD und Grünen. Man müsse an die Zivilgesellschaft jetzt weitere Signale geben, heißt es. Ganz nach dem Motto: Ja alles ist auf einem guten Weg auch wenn es noch ein paar Defizite gibt. Nein! Ich möchte mich nicht abfinden mit einem derartigen menschenverachtenden Zynismus. Ich habe die Nase voll von denen, die ständig die Situation in der Türkei schönreden. Warum sie das tun? Weil es ist das deutsche Kapital, dass mit Erdogans privatisierungs- und Marktöffnungsstrategie im Rahmen des EU-Beitrittsprozess‘ gut leben kann. Wir aber sagen NEIN zur Strategie des Ausverkaufs öffentlicher Güter! Ob in Berlin oder Istanbul! Die EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Erdogan-Regime müssen ausgesetzt werden solange der Terror des Erdogan-Regimes weitergeht!

Liebe Freundinnen und Freunde,

bevor die Proteste losgingen, wurden tausende von Regierungskritikern von einer hörigen Justiz, die die AKP im Zuge der Verfassungsreform 2010 unter Kontrolle gebracht hatte, verurteilt und politisch verfolgt. Dies gehörte zur AKP-Strategie des „Verfolge und Herrsche". Gewerkschafter, Journalisten, kurdische Politiker, Künstler und Intellektuelle. Wer dem Tugendterror und dem Projekt der Bereicherung für Reiche im Wege stand wurde hinter Schloss und Riegel gebracht. 2003 waren es 50.000 in den Gefängnissen. Jetzt, nach 10 Jahren AKP-Regierungszeit sind über 139.000! Unter ihnen sind 2000 Kinder, 8000 kurdische Politikerinnen und Politiker und 63 Journalisten. Da gibt es doch nichts schönzureden. Damit muss endgültig Schluss sein! Wir fordern laut und deutlich von hier aus: Lasst die Gefangenen der letzten Wochen frei! Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Arkadaslar,

bei meinem Besuch bei den Leuten vom Gezi-Park am Montag und Dienstag konnte ich es selbst erfahren, dass auch die Sehnsucht nach Frieden eine große Rolle für die Proteste spielt. Die Menschen haben es einfach satt für die imperialistischen Abenteuer der AKP missbraucht zu werden. Sie wollen keine neu-osmanische Außenpolitik an der Leine Berlins und Washingtons. Sie wollen, dass es endlich Frieden gibt -auch in der Türkei und nicht nur wieder taktische Spielchen! Sie lehnen einen Krieg gegen Syrien ab. Sie sind angewidert von der Unterstützung derjenigen am Bosporus, die sich als neue Kalifen aufspielen und Al-Kaida-Verbände in Syrien unterstützen. Und liebe Freundinnen und Freunde, lasst uns auch von hier aus ein Signal senden. Wir sind nicht einverstanden mit dem Schulterschluss von Merkel und Erdogan! Wir sagen NEIN zu Krieg gegen den Iran und Syrien. Hände Weg vom Nahen Osten! Die Bundeswehr muss sofort aus der Türkei abgezogen werden! Die NATO-Kriegspolitik mit der Stationierung der Patriot-Raketen ist zu beenden!

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir kennen das aus der deutschen Politik: Hier wollen sie uns spalten um unseren Widerstand zu schwächen: In Deutsche und Migranten, In Beschäftigte und Erwerbslose, in Muslime und Christen. In der Türkei ist es ähnlich. Die AKP will spalten. Sie setzt auf eine Konfessionsalisierung, sie will den Widerstand gegen ihre Politik schwächen, indem sie die Leute in Sunniten und Aleviten, in Türken und Kurden, in Konfessionslose und Gläubige spaltet. Aber die Botschaft der Protestbewegung in der Türkei ist klar. Sie lässt sich nicht spalten. Und auch wir sagen es von hier aus: Wir lassen uns nicht spalten! Gemeinsam sind wir stark! Gegen Krieg und Kapitalismus! Hoch die Internationale Solidarität!

Yasasin Halklarin Kardesligi! Yasasin ululararasi dayanisma! Hoch die internationale Solidarität!