Kein Mensch ist illegal – Gleiche Rechte für alle
Erste Beratung des von den Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Markus Kurth, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der sozialen Situation von Menschen, die ohne Aufenthaltsstatus in Deutschland leben (Drucksache 17/6167)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wie mein Kollege Kilic bereits gesagt hat: Die Humanität einer Gesellschaft zeigt sich besonders an ihrem Umgang mit den Schwächsten in der Gesellschaft. Dazu gehören viele Migrantinnen und Migranten und auch Flüchtlinge. Erst letzte Woche hat das Statistische Bundesamt Ergebnisse des Mikrozensus 2010 vorgelegt, die die dauerhafte soziale Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland belegen. Zu den Schwächsten dieser Gesellschaft gehören vor allen Dingen die Menschen, die ohne einen offiziellen Aufenthaltsstatus hier leben. Sie werden absurderweise oft auch in den Debatten im Deutschen Bundestag als Illegale bezeichnet. Ich muss für meine Fraktion hier klarstellen: Es gibt keine Menschen, die illegal sind. Es gibt nur Menschen, die illegalisiert und damit kriminalisiert werden. Für uns gilt immer noch: Kein Mensch ist illegal.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Die Fraktion Die Linke begrüßt und teilt das Anliegen des Gesetzentwurfs der Grünen, auch wenn er erhebliche Mängel aufweist, lieber Kollege Kilic.
(Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Seien Sie gnädig mit mir!)
Diese Mängel waren auch schon im Gesetzentwurf des Jahres 2006 vorhanden.
(Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau! Zu Recht!)
Ich finde, dass Menschen nicht nur nicht illegal sind, sondern auch kein ordnungspolitisches Freiwild. In der Begründung Ihres Gesetzentwurfs ist die Rede von das wird von der FDP, die sich Liberale nennen, und auch von den Konservativen immer wieder betont „der Pflicht des Staates, illegale Einwanderung und illegalen Aufenthalt zu bekämpfen".
(Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie gehört, Herr Wolff?)
Ich frage mich: Wo soll denn diese Pflicht eigentlich normiert sein? Eine solche Pflicht findet sich zum Beispiel im Grundgesetz in keiner Weise. Allerdings enthält das Grundgesetz die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, die Menschenwürde zu achten, sie zu schützen und sich zu den unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft zu bekennen
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Frieser (CDU/CSU): Das tun wir!)
– das sollten Sie einmal nachlesen – sowie die sozialen Menschenrechte in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip durchsetzbar zu machen. Für die Linke ist es daher längst überfällig, dass auch Menschen ohne Aufenthaltsstatus die ihnen zustehenden sozialen Menschenrechte in Deutschland in Anspruch nehmen können.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Illegalisierte müssen das Recht auf Schulbildung, das Recht auf Privatleben, das Recht auf medizinische Versorgung, das Recht auf eine gerechte Entlohnung für ihre Arbeit sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit haben. Sie dürfen keine Angst vor einer Abschiebung haben, wenn sie das eigentlich Normalste der Welt tun, nämlich ihre Menschenrechte in Deutschland wahrnehmen. Insofern teilen wir die Kritik der Grünen in ihrem Gesetzentwurf am Umgang mit den Illegalisierten.
Richtig und dringend erforderlich ist, die Beihilfe zum humanitären Aufenthalt zu entkriminalisieren. Menschen strafrechtlich zu verfolgen, weil sie sich mit der Verletzung der Menschenwürde und der Menschenrechte nicht abfinden, ist einfach skandalös. Auch teilt die Linke die Forderung nach einer Abschaffung der europaweit einmaligen Denunziationspflicht; das fordern wir schon seit langem.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Forderung, dass die Grünen den Opfern von Menschenhandel einen Aufenthalt nur dann gewähren wollen und auch nur vorübergehend , wenn deren Zeugenaussage für ein Strafverfahren benötigt wird, ist nicht zustimmungsfähig.
(Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, das wollen wir nicht!)
– Das steht in Ihrem Gesetzentwurf, und das haben Sie auch 2006 schon gefordert. – Das ist kein Opferschutz, sondern eher eine Instrumentalisierung der Opfer; denn man macht das Schicksal der Menschen einfach von einer Beweislage abhängig.
(Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist besser als die jetzige Lage!)
Das ist für uns nicht akzeptabel, lieber Kollege.
Deshalb sage ich: Sie sollten lieber die Anträge der Linken für eine humanitäre Flüchtlingspolitik unterstützen. Damit hätten wir auch die Mängel beseitigt, die Ihr Gesetzentwurf enthält.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)