Keine Belege für „Integrationsverweigerung"
"Mit angeblicher ‚Integrationsverweigerung‘ wurde 2011 die Verschärfung des Aufenthaltsrechts begründet. Nun liegen Zahlen vor. Sie belegen das glatte Gegenteil: Für die Annahme, dass eine bedeutende Zahl von Menschen der Verpflichtung zur Integrationskursteilnahme nicht nachkommen würde, spricht Nichts. Die Regierung sollte also endlich aufhören, mit ausgrenzenden Parolen rechtspopulistische Politik zu machen und die Gesetzesverschärfung zurücknehmen", erklärt Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug nach erneuter Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts" (BT-Drs. 17/11441). Dagdelen weiter:
„Mitte 2011 wurde das Aufenthaltsgesetz mit der Begründung verschärft, angebliche ‚Integrationsverweigerer‘ müssten sanktioniert werden. Die Gesetzesänderung sollte zudem ‚belastbare Zahlen über Integrationsverweigerer‘ erbringen. Auf Anfrage bestätigt die Bundesregierung nun allerdings, dass es nach wie vor keine genauen Zahlen über eine angebliche ‚Integrationsverweigerung‘ im Zusammenhang der Sprachkursteilnahme gibt. Im Gegenteil: Die Zahlen, die vorliegen, sprechen ganz klar gegen die Annahme einer verbreiteten ‚Integrationsverweigerung‘. Selbst die Bundesregierung spricht von einer ‚relativ geringen Zahl‘ von Menschen, die nicht am obligatorischen Integrationskurs teilnehmen. Insgesamt wurden gerade einmal 0,5 Prozent aller durch die Ausländerbehörden zur Integrationskursteilnahme Verpflichteten in den Jahren 2010/2011 wegen Nicht-Teilnahme aufenthaltsrechtlich sanktioniert. In zwei Jahren wurde ganzen vier Personen die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis mit dieser Begründung versagt – was nichts über eine angebliche Verweigerungshaltung aussagt.
Weder bestand noch besteht also ein Grund für Gesetzesverschärfungen. Für DIE LINKE. dürfen Aufenthaltsrechte grundsätzlich nicht von individuellen Sprachfertigkeiten und Sprachtests abhängig gemacht werden! Die im Vorjahr beschlossene Verschärfung des Aufenthaltsrechts muss zurückgenommen werden. Denn sie sieht vor, dass eine längerfristige Aufenthaltserlaubnis nur nach erfolgreichem Sprachtest erteilt wird (§ 8 Abs. 3 Satz 6 AufenthG) – was nur gut die Hälfte aller Prüfungsteilnehmenden schafft. Im 2. Halbjahr 2011 traf diese Schikane nach unvollständigen Angaben der Bundesländer 2.660 Personen. Da die Regelung in Bezug auf die große Gruppe der türkischen Staatsangehörige ohnehin gegen das so genannte Verschlechterungsverbot des EU-Türkei-Assoziationsrechts verstößt, muss sie ersatzlos gestrichen werden."