Keine geheimen Kabinettsbeschlüsse in der Aussenpolitik
Beratung des Antrags der Abgeordneten Sevim Dagdelen, Andrej Hunko, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. "Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU wirksam kontrollieren – GASP" (BT-Drs. 17/5387)
Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Es ist kein Zufall, dass das Hohe Haus ein so bedeutendes und bedeutsames Thema wie die europäische Außen- und Sicherheitspolitik wieder einmal im Schutz der Dunkelheit behandelt. Die Regierungsfraktionen, CDU/CSU und FDP, haben gemeinsam mit SPD und Grünen wirklich alles unternommen, um eine Debatte über die parlamentarische Kontrolle der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik von der Öffentlichkeit fernzuhalten.
(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund (CDU/CSU): Sie hätten es nur früher aufsetzen müssen!)
Selbst bei der Behandlung Ihrer eigenen Anträge einigten Sie sich auf ein vereinfachtes Verfahren ohne Debatte, als ginge es hier lediglich um Bagatellen und nicht um die zukünftige Ausrichtung der deutschen Außenpolitik.
(Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Deswegen sind auch nur sechs von Ihren Kollegen da!)
Sie, meine Damen und Herren von CDU/CSU bis Grüne, die so gerne von Demokratie reden, versuchen hier im Bundestag eine Tradition zu etablieren, bei der Entscheidungen über Krieg, Sanktionen, Rüstungsexporte und Auslandseinsätze als Protokolldebatten geführt werden. Das macht die Linke wie bei Ihrem klammheimlichen Rüstungsgeschäft mit Saudi-Arabien nicht mit.
(Beifall bei der LINKEN)
Der Kollege Spatz von der FDP-Fraktion hat es letztens auf den Punkt gebracht, wenn auch nur zu Protokoll. Es gehe, so meinte er in seiner Protokollrede – ich zitiere -, „letztlich doch um die Perzeption elementarer Sicherheitsbedürfnisse", bei der die Bevölkerung mitgenommen werden solle. Ja, es gehört leider doch zu einer Unsitte der deutschen Außenpolitik von Joschka Fischer bis Guido Westerwelle, dass das Schüren von Ängsten und Bedrohungsszenarien die Rechtfertigung einer kriegerischen Außenpolitik herstellen sollen.
(Beifall bei der LINKEN)
Hierin scheint auch die einzige Sorge der CDU/CSU-Fraktion um das, wie es der Kollege Kiesewetter sagte, „zarte Pflänzchen" GASP, also die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, zu liegen. Nur um diese Sorge geht es Ihnen anscheinend. Unter Kontrolle der gemeinsamen Sicherheitspolitik versteht der Kollege nicht die Stärkung der parlamentarischen Kontrolle, sondern eben die Durchsetzungskraft deutscher Interessen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik.
Im Vertrag von Lissabon werden den nationalstaatlichen Parlamenten wie auch dem Europäischen Parlament parlamentarische Kontrollrechte in der EU-Außenpolitik schlicht verweigert; das wissen Sie ganz genau. Solange dieses Demokratiedefizit in den europäischen Verträgen selbst nicht beseitigt wird, fordern wir, die Linke, die Gründung einer interparlamentarischen Versammlung zur Kontrolle der GASP und auch der GSVP,
(Beifall bei der LINKEN)
allerdings nur dann, wenn damit eine wirksame und umfassende parlamentarische Kontrolle gewährleistet wird. Dazu gehört für uns gerade auch ein Ablehnungs- bzw. ein Zustimmungsrecht zu allen Maßnahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, zu allen Missionen sowie der Verhängung von Zwangsmaßnahmen wie Sanktionen, und zwar unabhängig von den Rechten der einzelstaatlichen Parlamente und auch unabhängig von den Rechten des Europäischen Parlaments. Eine solche Versammlung muss auch Stellungnahmen vom Europäischen Auswärtigen Dienst, von der Kommission und auch vom Rat erbitten können.
Für uns ist weiterhin zentral, dass die Vertretung von kleineren Fraktionen in dieser Versammlung sichergestellt werden muss.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: So viel zum Thema Demokratie!)
Wir schlagen deshalb vor, dass sich die Zusammensetzung dieser interparlamentarischen Versammlung nach dem Vorbild der Parlamentarischen Versammlung des Europarates richtet.
(Beifall bei der LINKEN)
Wieder einmal -ich komme zum Schluss- will allein die Linke eine echte parlamentarische Kontrolle. Sie steht damit leider im Gegensatz zu allen anderen Fraktionen, die es vorziehen, hier mit Placebos zu arbeiten. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag, weil auch Sie als Parlamentarierinnen und Parlamentarier sich nicht weiter entmachten lassen sollten. Die Entscheidung über Krieg und Frieden
(Zuruf von der CDU/CSU: Haben Sie es nicht etwas kleiner, Frau Kollegin?)
wie auch die Entscheidung über Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien darf keine Entscheidung eines geheimen Kabinetts mehr sein.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)