Killerexporte stoppen

Rüstungslieferungen auf Rekordkurs. Gastkommentar

Von Sevim Dagdelen

Das Zwei-Prozent-Aufrüstungsziel der NATO ist ein Goldesel für die Rüstungsindustrie. Bei den deutschen Waffenschmieden können die Champagnerkorken knallen. Im laufenden Jahr hat die Bundesregierung bereits Einzelgenehmigungen für Rüstungsexporte in Höhe von rund 7,4 Milliarden Euro erteilt. Vom Jahreswechsel bis Ende Oktober wurden 268 Genehmigungen zur Ausfuhr von Kriegswaffen im Gesamtwert von rund 2,3 Milliarden Euro erteilt. Weitere 9.590 Genehmigungen umfassen »sonstige Rüstungsgüter« im Wert von rund 5,1 Milliarden Euro. Das ist eine dramatische Steigerung im Vergleich zu 2018, als die Genehmigungen noch bei 4,8 Milliarden Euro lagen, 2017 waren es 6,2 Milliarden Euro. Es ist absehbar, dass bis zum Jahresende der bisherige deutsche Spitzenwert von 7,9 Milliarden Euro aus dem Jahr 2015 erreicht, wenn nicht gar getoppt wird.

Als zur Jahresmitte die Exportgenehmigungen mit 5,3 Milliarden Euro schon die des gesamten Vorjahres übertroffen hatten, erklärte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) das mit der langen Hängepartie bei der Regierungsbildung nach der Bundestagswahl 2017. Dadurch sei ein Entscheidungsstau entstanden und der sprunghafte Anstieg daher »nur scheinbar überraschend«. Mantragleich behauptet die Bundesregierung, eine »restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik« zu verfolgen, und: »Die Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland spielt bei der Entscheidungsfindung eine hervorgehobene Rolle.« Wohlweislich hat das Wirtschaftsministerium in seiner aktuellen Antwort auf meine Anfrage auf diese Textbausteine verzichtet.

Tatsächlich ist mittlerweile fast jeder Antrag von Rheinmetall, KMW und Co. ein Treffer. Wer bei dieser Regierung einen Waffenexport beantragt, bekommt ihn auch genehmigt. Von den zwischen 1. Januar und 31. Oktober gestellten 9.914 Anträgen auf Ausfuhr von Rüstungsgütern sind ganze 56 abgelehnt worden – das heißt 0,56 Prozent im Gesamtwert von 15,7 Millionen Euro –, Peanuts im Vergleich zu den genehmigten Ausfuhren in Höhe von 7.416 Millionen. Die Bundesregierung genehmigt keine Rüstungsexporte, sie winkt sie einfach durch und sorgt für Bombengeschäfte bei der Rüstungsindustrie. Mit dem Konfrontationskurs gegen Russland und den eigenen Aufrüstungsvorhaben ist sie deren größter Lobbyist.

Zunehmend werden Waffenlieferungen zum Mittel der Außenpolitik. Skrupel gibt es nicht – die Türkei ist trotz des völkerrechtswidrigen Besatzungsregimes im Norden Syriens die Nummer eins unter den Empfängerländern deutscher Waffentechnik, und auch die Länder der Jemen-Kriegsallianz, verantwortlich für die größte humanitäre Kata­strophe unserer Zeit, werden weiter munter aufgerüstet. Es bleibt, die Killerexporte durch ein gesetzliches Verbot zu stoppen.

Quelle: junge welt

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