Köln: Polizei untersagt Kundgebung der Rechtspopulisten
Eine Stadt zeigt den Rechtsradikalen die kalte Schulter
Die Polizei hat am Samstag ein Treffen von Rechtspopulisten und Rechtsradikalen in Köln nach einer Blockade linker Gegendemonstranten verboten. "Die Sicherheit unserer Kölner geht vor", sagte ein Polizeisprecher. "Wir können jetzt nicht zusehen, wie ein paar hundert Besucher dieser Veranstaltung sehenden Auges in eine Schlägerei reinrennen." Der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) äußerte sich erleichtert über das Verbot der Veranstaltung.
"Es ist ein Sieg der Stadt Köln, ein Sieg der demokratischen Kräfte dieser Stadt", sagte Schramma der Deutschen Presse-Agentur dpa. Das Treffen hätte sowieso nicht mehr viel dargestellt, da die von "Pro Köln" angekündigten prominenten Rechtspolitiker wie Jean-Marie le Pen aus Frankreich alle nicht aufgetaucht seien. "Andererseits bin ich doch traurig, dass einige Chaoten Polizisten angegriffen haben", sagte Schramma.
Gegenteiliger Meinung war FP-Generalsekretär Harald Vilimsky, der von einem "Totalversagen der Stadtverwaltung und der Polizeispitze" sprach. Im Köln sei dieser Zustand und ein "Klima der Radikalisierung bewusst geschaffen" worden. "
Reportage der AFP
Richard Heister von der Agence France-Presse (AFP) war vor Ort und berichtet:
An der Nordseite des Heumarkts in der Kölner City haben Pennäler ein großes Plakat aufgehängt. "Kölner SchülerInnen: Nein zu ‚Pro Köln‘ – Gegen Rassismus" steht auf dem Transparent an der Häuserwand, vor der am Samstagmorgen einige wenige Mitglieder der rechten Gruppierung "Pro Köln" die Zelte für ihre Kundgebung aufschlagen. Nur wenige Schritte weiter haben Hunderte Gegendemonstranten sämtliche Zugänge zu dem zentralen Platz in der Altstadt blockiert. "Nazis raus" rufen die meist jugendlichen Blockierer.
Sie haben sich untergehakt, hier soll kein Teilnehmer des Rechten-Kongress gegen Moscheebauten und "Islamisierung" durchkommen.
Zur gleichen Zeit beginnt auf dem wenige hundert Meter entfernten Roncalliplatz vor dem Kölner Dom eine bunte Demonstration gegen die Rechtsradikalen und ihren "Anti-Islamisierungskongress", zu dem Rechten-Politiker aus mehreren europäischen Ländern angereist sind. Tausende Menschen sind zu der Protestkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes unter dem Motto "Köln stellt sich quer" gekommen. Familien halten selbstgemalte Plakate "Gemeinsam gegen Rassismus, Terror und Gewalt" in den blauen Himmel, Schulklassen, Gewerkschafter, Belegschaften großer Kölner Betriebe, Parteivertreter und Kirchenleute versammeln sich unter Transparenten mit Aufschriften wie "No go für Nazis" und "We are Kölle".
Eine ganze Stadt zeigt den Rechtsextremen an diesem Spätsommertag die kalte Schulter. Bis zum Mittag haben es gerade mal zwischen 30 und 50 Teilnehmer des Rechten-Kongresses bis zum Heumarkt geschafft. An einem "normalen Tag" würde niemandem das versprengte Häuflein auffallen, gegen das am Samstag mehrere zehntausend Menschen auf die Straße gehen.
Die Formen des Widerstands gegen die Rechtsaußen sind vielfältig – eben typisch kölsch: Taxi- und Busfahrer weigern sich, die Rechten zu chauffieren, ein Hotel am Kölner Flughafen hat ihnen kurzerhand die Zimmerreservierungen gekündigt, und am Gürzenich unweit des Heumarkts machen am Samstag Kölner Bands der Anti-Rassismus-Kampagne "Arsch huh – Zäng ussenander" Stimmung gegen die ungebetenen Besucher.
An den Blockaden zum Heumarkt spielen sich Szenen ab, die in anderen Städten schwer vorstellbar wären. So bekommen die Blockierer wiederholt Besuch von alternativen Karnevalisten, die mit zwei großen Pappfiguren umherziehen. Unter dem Motto "Bunte Funken gegen braune Halunken" haben die närrischen "Pro-Köln"-Gegner Karnevalslieder umgetextet. Aus dem Refrain des Lieds "Die Karawane zieht weiter, der Sultan hät Doosch" wird beispielsweise die Zeile: "Die Blockade geht weiter, kein Nazis kommt dörch." Die Blockierer bedanken sich mit einem vielstimmigen "Hoch die internationale Solidarität". Im Gegenzug werfen die Karnevalisten Bonbons in die demonstrierende Menge.
Doch vereinzelt fliegen auch Steine: Im rechtsrheinischen Deutz und südlich des Heumarkts fährt die Polizei Wasserwerfer gegen linke Autonome auf, SEK-Einheiten beziehen Stellung, Reiterstaffeln drängen Autonome zurück. In der Nähe der Fraktionsräume von "Pro Köln" in der Altstadt versuchen Demonstranten, Polizisten zu entwaffnen. Die Einsatzleitung gibt grünes Licht für den Einsatz der Schlagstöcke.
Kurz nach 12.00 Uhr macht die Polizei dem Spuk ein Ende: Die Rechten-Kundgebung auf dem Heumarkt werde untersagt, teilt sie mit, "denn die Sicherheit der Kölnerinnen und Kölner hat oberste Priorität". Rund 40 Minuten später werden die wenigen "Pro-Köln"-Leute bei der Kundgebung von Polizisten über das Verbot unterrichtet. Die Rechtsradikalen reagieren empört: "Das ist eine Diktatur", ruft einer der Teilnehmer.
Vor der Bühne der Rechten erfährt die Bochumer Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen von der Absage. Mutig hat sie sich in einer grellgelben Weste mit dem Aufdruck "Köln stellt sich quer" auf feindliches Terrain begeben. "Das ist ein voller Erfolg für die Kölner", freut sich Dagdelen, während die Rechtsradikalen mit dem Abbau ihrer Stände beginnen. Am Abend werden auf dem Heumarkt neue Zelte errichtet – für den Weltkindertag am Sonntag.