Liberia: Ärzte statt Soldaten
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag der Bundesregierung Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der durch die Vereinten Nationen geführten Mission UNMIL in Liberia auf Grundlage der Resolution 1509 (2003) und nachfolgender Verlängerungsresolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, zuletzt Resolution 2190 (2014) vom 15. Dezember 2014 und der Resolution 2215 (2015) vom 2. April 2015 (Drucksachen 18/4768, 18/4965)
Sevim Dağdelen (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute hier abschließend über diesen Bundeswehreinsatz. Einzig meine Fraktion, die Linksfraktion im Deutschen Bundestag, war dagegen, keine Öffentlichkeit bei diesem Bundeswehreinsatz herzustellen. Wie richtig es ist, Bundeswehreinsätze immer im Lichte der Öffentlichkeit zu beraten – Sie werden sie dann leider mit Ihrer Mehrheit beschließen -, hat noch einmal eine Anhörung der Linksfraktion im Deutschen Bundestag am Montag ergeben, in der der ehemalige Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung, Herr Willy Wimmer, Mitglied der CDU, als Sachverständiger anwesend war und unterstrichen hat: Man muss alles gegen eine Aushöhlung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes durch die sogenannte Parlamentskommission tun, die den Parlamentarierinnen und Parlamentariern noch nicht einmal Einsicht in ihre Unterlagen gewährt. Es lässt Schlimmes vermuten, wenn man den Parlamentariern noch nicht einmal Zugang zu den Unterlagen dieser Kommission gewährt.
(Beifall bei der LINKEN ‑ Dr. Rolf Mützenich (SPD): Sie hätten doch in der Kommission mitmachen können! Sie waren doch eingeladen!)
Der Auslandseinsatz der Bundeswehr in Liberia wirft viele Fragen auf. Zunächst einmal drängt sich der Eindruck auf, dass die Bundesregierung wieder einmal die falschen Prioritäten setzt. Es ist in diesem Zusammenhang bezeichnend, dass sie den Einsatz auch mit dem Kampf gegen Ebola begründet. Während die kleine Insel Kuba Ärzte nach Westafrika schickte, schickt Deutschland Bundeswehrsoldaten.
(Beifall des Abg. Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE))
Hier möchte ich die Arbeit der vielen Helferinnen und Helfer gar nicht schmälern. Aber gerade jetzt, wo neue Ebolafälle in den Nachbarländern Liberias auftauchen, brauchen wir nicht nur eine neue Strategie der Weltgesundheitsorganisation, sondern ein ziviles, humanitäres Hilfskorps. Es ist doch beschämend, dass eine kleine Insel wie Kuba mehr Ärzte nach Westafrika geschickt hat als die großen NATO-Staaten zusammen.
(Beifall bei der LINKEN ‑ Dr. Rolf Mützenich (SPD): Das stimmt doch gar nicht!)
Zweitens fällt auf, dass Sie die Afrikapräsenz der Bundeswehr immer weiter ausdehnen. Wohin soll das eigentlich führen? Ist dies der grundgesetzliche Auftrag der Bundeswehr? Ich finde es jedenfalls bezeichnend, dass Sie unter internationaler Verantwortung zuvörderst die weltweite Entsendung von Bundeswehrsoldaten verstehen. Die Linke lehnt das ab.
(Beifall bei der LINKEN)
In diesem Zusammenhang muss man auch sehen, dass bei diesem Einsatz ein nicht zu unterschätzendes Konfliktpotenzial vorhanden ist. 2011 gab es eine militärische Beteiligung von UNMIL aufseiten Frankreichs an der Côte d’Ivoire an UNOCI. Der Regimechange an der Côte d’Ivoire, im Nachbarland Liberias, wurde vorangetrieben. Das war schon damals ein Tabubruch. Im Oktober dieses Jahres stehen dort fragwürdige Wahlen an, für die noch nicht einmal ein Viertel der Bevölkerung als Wähler registriert ist. Viele Anhänger und Kämpfer des ehemaligen Präsidenten sind nach Liberia geflohen und dort von UNMIL teilweise verfolgt worden oder wurden wegen ihrer Absicht, an die Côte d’Ivoire zu kommen und dort zu kämpfen, erst gar nicht über die Grenze gelassen, weil UNMIL die Grenze dichtgemacht hat. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das deutsche Führungspersonal, das auch in anderen Ländern wie Mali, Nigeria und in der Zentralafrikanischen Republik eng mit Frankreich zusammenarbeitet, wesentlich an der Entscheidung mitwirken wird, ob Kampfhubschrauber von UNMIL wieder UNOCI an der Côte d’Ivoire unterstellt werden, um dort die Wiederwahl des dortigen Präsidenten des Westens, Ouattara, abzusichern. Dieser Einsatz birgt also ein Konfliktpotenzial. Deshalb lehnt die Linke diesen Einsatz ab.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir sind der Auffassung, dass man tatsächlich humanitäre, internationale Verantwortung übernehmen sollte. Schicken wir deshalb Ärzte statt Soldaten nach Liberia! Bauen wir dort ein Gesundheitssystem gegen Ebola auf! Das wäre eine wirklich humanitäre Intervention, die ihrem Namen gerecht wird.
(Beifall bei der LINKEN)