Mangelnde Kooperation bei der Überprüfung von Schiffen im Mittelmeerraum im Rahmen der Operation EUNAVFOR MED IRINI
Trifft es zu, dass im Rahmen der durch die Europäische Union geführten militärischen Krisenbewältigungsoperation im Mittelmeer EUNAVFOR MED Irini Schiffe auf dem Weg nach oder aus Libyen nicht durchsucht (betreten) werden dürfen, wenn ein Flaggenstaat, entgegen der Aufforderung des VN-Sicherheitsrates (SR), bei Überprüfungen gemäß VNSRResolution 2292 (2016) zu kooperieren, widerspricht, sodass betreffende Schiffe lediglich überwacht werden können (beispielsweise aus der Luft und mit Satelliten), um einen möglichen Verstoß gegen das Waffenembargo zu dokumentieren, es sei denn, der Staat, der die Überprüfung durchführen will, hat sich redlich um die Zustimmung des Flaggenstaates des betreffenden Schiffes bemüht, aber keine Antwort des Flaggenstaates innerhalb einer bestimmten Zeit erhalten (Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Ausschussdrucksache 19(6)145), und welche Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche) hat die Bundesregierung über Aktivitäten der türkischen Kriegsmarine zur Verhinderung von Embargokontrollen im Mittelmeer vor dem Hintergrund, dass drei türkische Kriegsschiffe am 10. Juni 2020 im Mittelmeer die Kontrolle eines unter der Flagge Tansanias fahrenden Frachters verhinderten, indem diese per Funk deutlich machten, dass das in Richtung Libyen fahrende Schiff unter ihrem Schutz stehe, sodass in der Folge der Kommandeur der EU-Operation Irini seinen Befehl zur Kontrolle des Frachters zurückgenommen hat (dpa vom 10. Juni 2020)?
Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE):
EUNAVFOR MED Irini ist mandatiert auf Grundlage von Resolution 2292 (2016), zuletzt verlängert durch Resolution 2526 (2020), des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, verdächtige Schiffe auf hoher See zu durchsuchen. Dafür erforderlich sind hinreichende Gründe zu der Annahme, dass ein Schiff gegen das VN-Waffenembargo gegen Libyen verstößt und sich um die Zustimmung des entsprechenden Flaggenstaates redlich bemüht wurde.
Dass Irini durchaus einen Abschreckungseffekt erzeugt, zeigte sich zum Beispiel, als ein des Ölschmuggels verdächtiger Tanker in Ostlibyen nach Kontaktaufnahme seine Aktivitäten abbrach. Die Operation Irini darf gemäß der Sicherheitsratsresolution keine Schiffe gegen den Willen des Flaggenstaats durchsuchen.
Im Falle der genannten Kontrolle eines unter tansanischer Flagge fahrenden Frachters am 10. Juni 2020 wurde eine Durchsuchung nach Kenntnis der Bundesregierung durch eines der zwei eskortierenden Schiffe der türkischen Marine abgelehnt. Laut türkischer Marine handelte es sich um einen durch die türkische Regierung gecharterten Frachter, der medizinische Hilfsgüter für die libysche Bevölkerung transportiere.
Seit Beginn verfolgt die Bundesregierung mit der Operation Irini das Ziel, die Transparenz zur Einhaltung des Waffenembargos zu erhöhen. Es liegt nun in erster Linie an der Türkei, den Vorfall aufzuklären.
Die Bundesregierung appelliert nachdrücklich an alle beteiligten Staaten, die Zufuhr von Waffen und Kämpfern nach Libyen zu unterbinden und einschlägige Resolutionen des VN-Sicherheitsrates zu respektieren.