Mündliche Frage PlPr 17/148: Maßnahmen zur Behebung der rechtsstaatlichen Missstände im Kosovo

Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis von den Vorwürfen gegenüber höchsten Beamten bzw. politischen Funktionären der sogenannten Republik Kosovo, die in dem am 6. Dezember 2011 im ZDF-Magazin Frontal 21 (www.zdf.de/ZDFmediathek/content/1512100) enthüllt wurden, wonach „Staatsanwälte, Polizisten und Richter an den Machenschaften Krimineller, die auch in der Regierung sitzen“, scheitern und eine juristische Aufarbeitung von Verbrechen so gut wie unmöglich ist, weil nicht selten Zeugen sterben, bevor sie etwa hochrangige Politiker belasten können, und welche strafrechtlichen bzw. politischen Maßnahmen will die Bundesregierung gegenüber höchsten Beamten bzw. politischen Funktionären des sogenannten Kosovo einleiten, gegen die sich neben dem Vorwurf der sogenannten organisierten Kriminalität auch der dringende Tatverdacht der Kriegsverbrechen richtet, um die rechtsstaatlichen Missstände in der serbischen Teilrepublik zu beheben?

Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dagdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/8101, Frage 50):

Ich möchte zunächst aufgrund der Formulierungen in Ihrer Frage klarstellen, dass die Bundesrepublik Deutschland die Republik Kosovo am 20. Februar 2008 völkerrechtlich anerkannt hat.

Der Bundesregierung ist der in der Fragestellung genannte Medienbeitrag bekannt. Die Bundesregierung tritt für eine rückhaltlose Aufklärung der Vorwürfe des Berichterstatters für die Parlamentarische Versammlung des Europarats, Dick Marty (Bericht vom 14. Dezember 2010), durch die eingerichtete Sonderarbeitsgruppe der EU-Rechtsstaatsmission EULEX ein. Hier ist die Haltung der Bundesregierung unverändert.

Vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, IStGHJ, wird derzeit gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten und Kommandeur der Befreiungsarmee Kosovos, KLA, Ramush Haradinaj, und zwei weitere KLA-Kommandeure neu verhandelt.
In einem dritten Fallkomplex, auf den sich der Beitrag bezieht, läuft ebenfalls bereits ein Verfahren der EURechtsstaatlichkeitsmission EULEX. Zu laufenden Ermittlungen oder Verfahren der EULEX-Mission und des Strafgerichtshofs kann die Bundesregierung nicht Stellung nehmen. Die Notwendigkeit darüber hinausgehender eigener strafrechtlicher Maßnahmen der Bundesregierung sieht die Bundesregierung derzeit nicht.

Politisch sind die nach wie vor in der Republik Kosovo vorhandenen Defizite bei Rechtsstaatlichkeit und Bekämpfung der organisierten Kriminalität signifikant. Dies tritt auch in den Fortschrittsberichten der Europäischen Kommission – zuletzt vom 12. Oktober 2011 – deutlich zutage.

Die Bundesregierung spricht diesbezüglichen Reformbedarf kontinuierlich im europäischen Kontext sowie in ihren bilateralen Kontakten mit der kosovarischen Regierung auf allen Ebenen an.