Mündliche Frage PlPr 17/171: Verhalten der Bundesregierung im Falle eines möglichen israelischen Militärangriffs auf den Iran angesichts fehlender gesicherter Belege über die Existenz eines iranischen Atomwaffenprogramms

Welche überprüfbaren Hinweise auf die tatsächliche Existenz eines iranischen Atomwaffenprogramms wurden bei dem Treffen zwischen dem deutschen Bundesminister der Verteidigung, Dr. Thomas de Maizière, und seinem israelischen Amtskollegen, Verteidigungsminister Ehud Barak, während seines Besuches am 20. März 2012 in Berlin erörtert, die Israel „notfalls mit einem gezielten Militärschlag stoppen“ will (www.tagesschau.de/inland/ barakdemaiziere100.html), und wie gedenkt sich die Bundesregierung angesichts der möglicherweise fehlenden gesicherten Erkenntnisse bzw. Belege über die Existenz eines solchen iranischen Atomwaffenprogramms im Falle eines möglichen israelischen Militärangriffs auf den Iran zu verhalten?

Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dagdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/9084, Frage 3):

Die Bundesregierung führt vertrauensvolle Gespräche mit anderen Regierungen in dem beiderseitigen Einvernehmen, dass Informationen aus diesen Gesprächen nicht weitergegeben werden. Daneben stellen bilaterale Treffen – wie das von Bundesminister de Maizière mit seinem israelischen Amtskollegen – für die Bundesregierung wichtige Bausteine dafür dar, sich über die jeweilige Situation, deren Hintergründe und die Position der betroffenen Länder zu informieren und aus diesen Erkenntnissen letztlich eine Bewertung herzuleiten. Das Gespräch bzw. dessen Inhalt ist damit Bestandteil der Willensbildung der Bundesregierung und unterliegt daher – jedenfalls zum derzeitigen Zeitpunkt – dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung.

Die Internationale Atomenergie-Organisation, IAEO, hat in ihren jüngsten Berichten, insbesondere in dem vom 8. November 2011, umfangreiche und detaillierte Hinweise auf eine mögliche militärische Dimension des Nuklearprogramms dargestellt und diese als „insgesamt glaubwürdig“ bezeichnet. Die mangelnde iranische Kooperation mit der IAEO zur Klärung dieser Verdachtsmomente, der langjährige Verstoß Irans gegen Meldeverpflichtungen im Rahmen seines Sicherungsabkommens mit der IAEO und die Ausrichtung seines Nuklearprogramms auf Urananreicherung ohne nachvollziehbaren zivilen Bedarf, begründen erhebliche Zweifel am rein zivilen Zweck des iranischen Programms. Es liegt an Iran, diese Zweifel durch vollständige Kooperation mit der IAEO und die Umsetzung der verbindlichen Auflagen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen aus der Welt zu räumen.

Die Bundesregierung und Israel sind sich einig, dass ein Iran mit Kernwaffen eine ernste Bedrohung für die Sicherheit und Stabilität der Region und darüber hinaus sowie eine gravierende Herausforderung für das internationale Nichtverbreitungssystem darstellen würde.

Gemeinsam mit seinen Partnern im sogenannten E3+3-Format, China, Frankreich, Großbritannien, Russland und den USA, setzt sich Deutschland für eine diplomatische Lösung im Atomkonflikt mit dem Iran ein. Dabei verfolgen die E3+3 einen zweigleisigen Ansatz von Gesprächsbereitschaft und politischem Druck. Am 23. Januar 2012 beschlossen die Außenminister der Europäischen Union ein neues Paket präzedenzloser Sanktionsmaßnahmen.

Die E3+3 haben wiederholt ihre Bereitschaft erklärt, substanzielle Gespräche mit Iran zu führen, um eine Lösung zu finden, die das Vertrauen in die friedliche Zielsetzung des iranischen Nuklearprogramms wiederherstellt. Dazu ist jetzt mit dem Iran eine neue Gesprächsrunde für April 2012 vereinbart worden.

Die Bundesregierung wird weiterhin versuchen, mit diplomatischen und politischen Mitteln eine nukleare Bewaffnung Irans zu verhindern. An Spekulationen über einen möglichen israelischen Militärangriff beteiligt sie sich nicht.