Nein zum Aachener Aufrüstungsvertrag

Gastkommentar der abrüstungspolitischen Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag, Sevim Dagdelen, vom 21. Januar 2019 im Onlineportal Telepolis:

Am 22. Januar 2019 wird im Krönungsaal des Aachener Rathauses der neue deutsch-französische Freundschaftsvertrag in Erweiterung des Élysée-Vertrags von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron unterzeichnet. Der Vertrag von Aachen soll „Begegnungen und den Austausch der Bürgerinnen und Bürger“ unterstützen und eine engere Abstimmung vor EU-Gipfeln auf den Weg bringen. Deutschland und Frankreich halten demnach „vor großen europäischen Treffen regelmäßig Konsultationen auf allen Ebenen ab und bemühen sich so, gemeinsame Standpunkte herzustellen und gemeinsame Äußerungen der Ministerinnen und Minister herbeizuführen“.

Dagegen scheint nichts zu sprechen. Doch der Vertrag hat es in sich. Anders als der Vorläufer, der Élysée-Vertrag von 1963, ist der Vertrag von Aachen im Wesentlichen ein binationaler Aufrüstungsvertrag. Denn das Kernstück des Vertragswerks sind die Aufrüstung im Rahmen einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und eine Stärkung der jeweiligen Rüstungsindustrie, insbesondere durch noch schwammigere Rüstungsexportrichtlinien als die bisher geltenden. Und so liest sich denn der Vertragstext wie ein gemeinsamer Militarismus à la carte.

Auch in der Reihenfolge der Artikel sind die Militarisierungsbestimmungen ganz nach vorne gerückt. Umso bemerkenswerter übrigens, dass viele Medien sie nicht einmal erwähnen in der Berichterstattung. Gleich in Artikel 1 wird erklärt, dass man sich für das Ziel einer „wirksamen und starken Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik“ einsetzt. Deutschland und Frankreich sollen ihre Zusammenarbeit gerade auch in Angelegenheiten der „Verteidigung“ sowie der „äußeren und inneren Sicherheit“ vertiefen. Die Passage gipfelt dann in der Willenserklärung zur gemeinsamen militärischen Intervention.

Man wolle die „Fähigkeit Europas stärken eigenständig zu handeln“, heißt es in Artikel 3. In der Überzeugung, dass „ihre sicherheitspolitischen Zielsetzungen und Strategien sich einander zunehmend“ (Artikel 4) annähern, wird eine engere militärische Kooperation beschworen. Zugleich wird sich konkret zur Aufrüstung verpflichtet, um „Lücken bei den europäischen Fähigkeiten zu schließen und damit die Europäische Union und die Nordatlantische Allianz zu stärken“ (Artikel 4).

Die Zusammenarbeit bei gemeinsamen Militäreinsätzen soll gestärkt werden. Kern der künftigen Militärachse sollen aber gemeinsame „Verteidigungsprogramme“ sein und generell die Stärkung der jeweiligen Rüstungsindustrie durch staatliche Maßnahmen. Im Technokratensprech des Vertragstexts wird sodann als gemeinsames Ziel formuliert, „die Wettbewerbsfähigkeit und Konsolidierung der europäischen verteidigungstechnologischen und -industriellen Basis zu fördern“ (Artikel 4). Eine „engstmögliche Zusammenarbeit“ beider Rüstungsindustrien wird angestrebt. Und auch bei Rüstungsexporten zur globalen Machtprojektion soll es künftig nur noch grünes Licht geben. „Beide Staaten werden bei gemeinsamen Projekten einen gemeinsamen Ansatz für Rüstungsexporte entwickeln“, heißt es in Artikel 4.

Generalangriff auf die Rüstungsexportrichtlinien

Wem das zu abstrakt ist, der konnte den Ausführungen von Bundeskanzlerin Merkel am Wochenende entnehmen, worum es konkret geht. Merkel dringt auf eine gemeinsame Rüstungsexportpolitik mit Frankreich. Auf dem CDU-Landesparteitag Mecklenburg-Vorpommerns hatte sie angekündigt, man werde gemeinsam ein neues Kampfflugzeug entwickeln. „Aber wer mit uns gemeinsam ein Flugzeug entwickelt, der möchte natürlich auch wissen, ob er das Flugzeug mit uns gemeinsam verkaufen kann“, so die Kanzlerin. Es gehe nicht, dass man dann sage, dass die eigenen Schrauben und Teile nicht mitexportiert werden dürften. „So können wir nicht zusammenarbeiten. Da werden wir Kompromisse machen müssen. Darüber sprechen wir im Augenblick“, fügte Merkel hinzu. Denn heute habe Deutschland sehr strenge Exportkontrollen, andere EU-Länder seien aber weniger streng.

Der Aachener Vertrag bedeutet also nichts weniger als einen Generalangriff auf die Rüstungsexportrichtlinien, so dass man künftig beispielsweise ein gemeinsames Kampfflugzeug auch an kriegsführende Staaten wie Saudi-Arabien rechtssicher exportieren können wird. Dazu passt, dass die bis Ende 2018 im Koalitionsvertrag angekündigte Überarbeitung und „Schärfung“ der Rüstungsexportrichtlinien aus dem Jahr 2000 bisher ausblieb. Kurz vor Jahresende sagte Merkel bei einer Regierungsbefragung im Bundestag, die Regierung wolle damit erst im ersten Halbjahr 2019 fertig sein. Honi soit qui mal y pense – Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Für die deutsche Rüstungslobby ist das quasi eine Lizenz zum Gelddrucken, die in Aussicht stellt, durch eine engere Kooperation mit Frankreich endlich die verbliebenen Restriktionen loswerden zu können. Es ist ein unheimlich anmutender imperialer Gestus, in dem der neue Vertrag verfasst ist. Während die EU und die europäische Zusammenarbeit durch die neoliberale und undemokratische Orientierung in eine immer tiefere Krise geraten, wird allein schon durch die Wahl des Ortes Aachen, fernab im Übrigen von jeder deutsch-französischen Grenze und unter Bezug auf das Reich Karls des Großen (Stichwort: Staatsakt im Krönungssaal), die ganze Mottenkiste vordemokratischer Reichsmythen bemüht, um künftige binationale imperiale Größe heraufzubeschwören. Als wäre die Schaffung eines imperialen Kerneuropas eine Lösung der Krise der EU und nicht ihre Zerstörung.

Verzicht auf parlamentarische Kontrolle

Wo aber, so könnte man fragen, sind bei diesem Festakt des Militarismus eigentlich die Parlamente geblieben? Die bittere Antwort auf diese Frage ist, der Deutsche Bundestag hat sich schlicht selbst entmächtigt. Im Vertrag selbst wird eine parlamentarische Kontrolle für die enge deutsch-französische Kooperation nicht einmal erwähnt.

In Eigeninitiative hat nun der Bundestag ein Parlamentsabkommen zum Aachener Vertrag auf den Weg gebracht, das diesen Namen nicht verdient. Denn abgesehen von der militärischen Orientierung der Präambel des Parlamentsabkommen, in der die Bestimmung des Bestrebens verankert wurde, „eine Konvergenz der Standpunkte Deutschlands und Frankreichs auf europäischer Ebene zu erreichen, um die Integration innerhalb der Europäischen Union in allen Bereichen zu fördern“, also auch bei Militär und Rüstung, verzichtet man selbst großmütig auf den Anspruch einer parlamentarischen Kontrolle. So will man lediglich darauf achten, dass die Bestimmungen des Aachener Aufrüstungsvertrags korrekt umgesetzt werden.

Im Parlamentsabkommen heißt es zu den Aufgaben der deutsch-französischen Parlamentarierversammlung: „Die Versammlung hat folgende Zuständigkeiten: – Sie wacht über die Anwendung der Bestimmungen des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit vom 22. Januar 1963 und des Vertrages […] sowie über die Umsetzung und die Evaluierung der auf diesen Verträgen beruhenden Projekte“, also etwa über die Umsetzung des Rüstungsprojekts eines gemeinsamen Kampfflugzeuges. Ein einziges Trauerspiel. Im Übrigen will man die Aktivitäten des Deutsch-Französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrats „begleiten“. So würdigen sich die beiden Parlamente zum Begleitservice für die Exekutive herunter.

Das Europa Merkels und Macrons à la Aachener Vertrag ist eine bizarre Mischung aus Aufrüstung und Kriegsvorbereitung sowie neoliberaler und autoritärer Orientierung im Namen der Völkerfreundschaft. Es verdient jeden Widerstand im Kampf um Frieden, soziale Gerechtigkeit und Internationalismus.

Sevim Dagdelen ist stellvertretende Vorsitzende und abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag.

Quelle: Telepolis

 

Non au traité d’armement d’Aix-la-Chapelle

Par Sevim Dagdelen

Ce 22 janvier 2019, la chancelière fédérale Angela Merkel et le président de la République française Emmanuel Macron signent, dans la salle du couronnement de l’hôtel de ville d’Aix-la-Chapelle le nouveau traité d’amitié franco-allemand, qui complète le Traité de l’Élysée. Le Traité d’Aix-la-Chapelle doit promouvoir « les rencontres et les échanges entre citoyens » (https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/deutschland-und-frankreich-schliessen-vertrag-von-aachen-1566838) et mettre en place une concertation plus étroite en amont des sommets européens. En vertu de ce traité, l’Allemagne et la France « se consultent régulièrement à tous les niveaux avant les grandes échéances européennes, en cherchant à établir des positions communes et à convenir de prises de parole coordonnées de leurs ministres ».

Il n’y a en soi rien à redire à cela. Mais ce traité réserve quelques surprises. À la différence du Traité de l’Élysée de 1963, son prédécesseur, le Traité d’Aix-la-Chapelle est pour l’essentiel un traité d’armement binational. L’élément principal du traité est en effet l’armement, dans le cadre d’une politique étrangère et de sécurité commune, et un renforcement de l’industrie de défense de chaque pays, notamment à travers des directives sur les exportations d’armes encore plus floues que celles en vigueur jusqu’à présent. C’est ainsi que le texte de ce traité se lit comme un militarisme à la carte partagé.

L’ordre dans lequel les articles sont rédigés met lui aussi en avant les dispositions portant militarisation. Il est d’ailleurs d’autant plus surprenant que de nombreux médias n’y fassent même pas allusion dans leurs reportages. Dès l’article 1er, il est expliqué que l’on agit en faveur d’une « politique étrangère et de sécurité commune efficace et forte ». L’Allemagne et la France doivent approfondir leur coopération précisément aussi en matière de « défense » et de « sécurité extérieure et intérieure ». Ce passage culmine dans la déclaration d’intention en faveur d’interventions militaires communes.

On veut « renforcer la capacité d’action autonome de l’Europe », est-il écrit à l’article 3. Convaincus que « leurs objectifs et politiques de sécurité convergent de plus en plus » (article 4), les deux États scellent une coopération militaire plus étroite. Dans le même temps, on s’engage concrètement sur la voie de l’armement, « pour combler [les] lacunes capacitaires [de l’Europe], renforçant ainsi l’Union européenne et l’Alliance nord-atlantique » (article 4).

La coopération lors d’engagements militaires communs doit être renforcée. Les « programmes de défense » communs et, de manière générale, le renforcement de l’industrie de l’armement de chaque pays grâce à des mesures étatiques doivent toutefois être au cœur de l’axe militaire futur. Est ensuite formulé, dans le jargon technocratique du texte du traité, l’objectif commun de « favoriser la compétitivité et la consolidation de la base industrielle et technologique de défense européenne » (article 4). C’est une « coopération la plus étroite possible » entre les deux industries de défense qui est ainsi recherchée. Et pour ce qui est des exportations d’armements aux fins de la projection à l’échelle mondiale, il ne doit désormais plus y avoir aucun obstacle. « Les deux États élaboreront une approche commune en matière d’exportation d’armements en ce qui concerne les projets conjoints », énonce l’article 4.

Ceux pour qui cela est trop abstrait auront pu comprendre de quoi il s’agit concrètement en écoutant les explications données ce week-end par la chancelière Merkel. Cette dernière vise une politique commune d’exportation d’armes avec la France. Lors du congrès de la CDU du Land de Mecklembourg-Poméranie occidentale, elle a annoncé que l’on allait développer ensemble un nouvel avion de combat. « Mais ceux qui développent un avion conjointement avec nous veulent aussi savoir, naturellement, s’ils pourront vendre cet avion conjointement avec nous », a affirmé la chancelière. Il n’est pas question, selon elle, que l’on vienne dire que les vis et autres pièces détachées des avions fabriquées en Allemagne ne puissent pas être exportées avec le reste des avions. « Nous ne pouvons pas coopérer de cette manière », ajoute Merkel. « Il faudra que nous fassions des compromis. C’est ce dont nous parlons en ce moment ». L’Allemagne applique en effet des contrôles très stricts sur les exportations à l’heure actuelle, tandis que les autres pays de l’UE sont moins sévères, toujours selon la chancelière.

Le Traité d’Aix-la-Chapelle ne signifie donc rien moins qu’une attaque en règle contre les directives sur les exportations d’armes, si bien que l’on pourra désormais exporter en toute sécurité juridique un avion de combat commun, par exemple, à des États en guerre comme l’Arabie saoudite. À cela s’ajoute que la révision et le « durcissement » des directives sur les exportations d’armes de 2000, que le pacte de coalition avait annoncés pour la fin 2018, se font toujours attendre. Juste avant la fin de l’année, Merkel a annoncé au Bundestag lors d’une séance de questions au gouvernement, que ce dernier n’aurait pas terminé ce travail avant le premier semestre 2019. « Honni soit qui mal y pense », donc.

Pour le lobby allemand de l’armement, cela représente quasi un chèque en blanc, qui lui permet d’entrevoir qu’il pourra enfin, grâce à une coopération plus étroite avec la France, s’affranchir de ce qu’il reste de restrictions. Ce nouveau traité s’inscrit dans un geste aux allures impériales d’aspect lugubre. Alors que l’UE et la coopération européenne sombrent dans une crise de plus en plus profonde en raison de l’orientation néolibérale et antidémocratique, voilà qu’on ressort, rien qu’en choisissant la ville d’Aix-la-Chapelle, d’ailleurs éloignée de toute frontière franco-allemande, et qui renvoie à l’empire de Charlemagne (dès lors qu’une cérémonie d’État se tient dans la salle du couronnement), toute la panoplie des mythes impériaux d’avant la démocratie pour susciter une future grandeur impériale binationale. Comme si la création d’un noyau européen impérial était une solution à la crise de l’UE, et non sa destruction.

On pourrait donc se demander : mais où, dans cette célébration du militarisme, les parlements sont-ils passés ? La réponse, amère, à cette question est la suivante : c’est le Bundestag allemand qui s’est lui-même dépouillé de son pouvoir. Le traité ne fait pas une seule fois mention d’un contrôle parlementaire de cette étroite coopération franco-allemande. De sa propre initiative, le Bundestag a mis sur les rails un accord parlementaire en plus du Traité d’Aix-la-Chapelle, accord qui ne mérite pas un tel nom. En effet, sans même parler de l’orientation militaire du préambule de l’accord parlementaire, dans lequel a été inscrit le souhait de « faire converger les positions française et allemande à l’échelle européenne pour favoriser l’intégration au sein de l’Union européenne dans l’ensemble des domaines », donc y compris en matière militaire et d’armement, le parlement, très magnanime, a lui-même renoncé au droit d’exercer un contrôle parlementaire. On veillera simplement à ce que les dispositions du traité d’armement d’Aix-la-Chapelle soient correctement mises en œuvre.

L’accord parlementaire énonce au titre des missions de l’assemblée parlementaire franco-allemande : « L’Assemblée est compétente pour : – veiller à l’application des stipulations du Traité entre la République française et la République fédérale d’Allemagne sur la coopération franco-allemande du 22 janvier 1963 et du Traité […] ainsi qu’à la mise en œuvre et à l’évaluation des projets qui en découlent », c’est-à-dire, notamment, à la mise en œuvre du projet d’armement de développement d’un avion de combat commun. Comme c’est triste ! On entend par ailleurs « suivre » les activités du Conseil franco-allemand de défense et de sécurité. Voilà comment les deux parlements se rabaissent au rang de service de suivi pour le compte des exécutifs.

L’Europe de Merkel et Macron dans sa version « Traité d’Aix-la-Chapelle » est un mélange bizarre, fait d’armement et de préparatifs de guerre, d’orientations néolibérales et autoritaires, le tout au nom de l’amitié entre les peuples. Il faudra résister chaque instant face à une telle Europe, dans la lutte pour la paix, la justice sociale et l’internationalisme.

Sevim Dagdelen est vice-présidente et porte-parole pour la politique du désarmement du groupe parlementaire La Gauche au Bundestag

Übersetzung: Sprachendienst des Deutschen Bundestages

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