Nein zum Angriff auf Demokratie und Sozialstaat
Persönliche Erklärung nach Paragraph 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Beratung des Antrags des Bundesministeriums der Finanzen "Finanzhilfen zugunsten der Hellenischen Republik" (Drucksache 17/8730)
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Gemeinsam mit meiner Fraktion Die Linke habe ich heute gegen das Griechenland-II-Paket gestimmt, weil mit den bis zu 189,4 Milliarden Euro ausschließlich Banken, Versicherungen und Gläubigern geholfen wird. Die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gehen zum wiederholten Male ein ganz erhebliches finanzielles Risiko zur Rettung der Spekulanten und der Ackermänner ein. Das ist, wie ich finde, unverantwortlich und skandalös.
(Beifall bei der LINKEN)
Dieses Paket hilft der griechischen Bevölkerung nicht. Im Gegenteil: Dieses Paket stürzt Griechinnen und Griechen regelrecht ins Elend. Bis 2015 sollen weitere 150 000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst entlassen werden. Der ohnehin niedrige Mindestlohn wird in Griechenland massiv abgesenkt. Öffentliches Eigentum mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro soll privatisiert werden. Weite Teile der griechischen Bevölkerung leben schon jetzt in bitterster Armut. Zu Hunderten werden Kinder bei den griechischen SOS-Kinderdörfern abgegeben, weil ihre Eltern sie nicht mehr ernähren können. Dafür, dass es in Schulen keine Heizmittel mehr gibt und Kinder erfrieren müssen oder gar nicht mehr zur Schule geschickt werden können, weil es keine Kohle gibt, sind Sie von der Regierung, aber auch Sie von SPD und Grünen verantwortlich. Das ist eine verheerende Verelendungspolitik.
(Beifall bei der LINKEN – Thomas Oppermann (SPD): Wofür sind Sie eigentlich verantwortlich?)
Machen wir uns nichts vor: Heute sind es die Griechen, die Opfer dieser verfehlten Politik sind, und morgen wird in Deutschland gekürzt. Beschäftigte, Erwerbslose, Rentnerinnen und Rentner sollen die Zeche für die Wirtschafts- und Finanzkrise zahlen. Das ist der Kern Ihres Pakets. Eine Ablehnung dieses Bankenrettungspakets ist im Interesse der griechischen, aber auch der deutschen Bevölkerung. Es ist nämlich ein Angriff auf Demokratie und Sozialstaat in Europa, den die Linken zurückweisen müssen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich habe dagegen gestimmt, weil klar ist: Griechenland wird mit diesem sogenannten Rettungspaket regelrecht unter Wasser gedrückt. Die Bundesregierung hat Griechenland nämlich zusammen mit SPD und Grünen einen Rettungsring aus Blei zugeworfen. Es ist nicht hinnehmbar, dass Griechenland Souveränitätsrechte entzogen werden. Keine Regierung kann akzeptieren, dass man ihr sämtliche Staatseinnahmen entreißt und sie einem Sonderkonto zuführt, auf das allein die Gläubiger Zugriff haben. Diese demokratiefeindlichen Maßnahmen zerstören die Zukunft Europas. Deshalb sagen wir dazu Nein.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich habe heute mit meiner Fraktion Die Linke an der Seite der deutschen und der griechischen Bevölkerung gegen dieses Paket gestimmt, weil ich es verheerend finde, dass sogar von einem dritten Paket die Rede ist. Mit diesen Rettungspaketen für Banken und Spekulanten untergraben Sie die Zukunft der Bevölkerung in Europa. Hier im Deutschen Bundestag stehen Sie für die verheerende Politik der Bankenrettung und des Sozialkahlschlags.
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.
Sevim Dagdelen (DIE LINKE):
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Ich möchte sagen: Sie sind solidarisch mit den Zockerbanden, den Spekulanten und der Finanzmafia. Wir als Linke sind solidarisch mit der Bevölkerung.
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.
Sevim Dagdelen (DIE LINKE):
Herr Präsident, wenn Sie erlauben, würde ich
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Nein, ich erlaube es nicht.
Sevim Dagdelen (DIE LINKE):
Vielen Dank, Herr Präsident, für Ihr Verständnis und Ihre Toleranz. Dafür sind Sie sehr bekannt.
(Beifall der Abg. Heike Hänsel (DIE LINKE) – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP – Peter Hintze (CDU/CSU): Na, na, na! Eine Rüge des Präsidiums! Ein Fall für den Ältestenrat!)