Niederländische Ausnahme türkischer Staatsangehöriger von der Verpflichtung zu einem Sprach- und Integrationstest vor der Einreise und Auswirkungen auf die deutsche Regelung der Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug aus der Türkei

Inwieweit teilt die Bundesregierung die Begründung der Anordnung des niederländischen Innenministeriums, türkische Staatsangehörige von der Verpflichtung eines Sprach- und Integrationstests vor der Einreise infolge des assoziationsrechtlichen Verschlechterungsverbots auszunehmen – was der Rechtsauffassung der Europäischen Kommission (vgl. Plenarprotokoll 17/129, S. 15192, Frage 47) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 29. April 2010, C-92/07, Rn. 49) entspricht –, und welche Konsequenzen ergeben sich aus dieser Entscheidung der niederländischen Regierung für die deutsche Regelung der Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug, da der damalige Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, diese ausdrücklich mit Bezug auf türkische Staatsangehörige begründet hatte (vgl. Plenarprotokoll 16/90, S. 9065) und die Bundesregierung die niederländische Regelung stets als eine Rechtfertigung für die eigene Vorgehensweise betrachtete?

Antwort des Staatssekretärs Klaus-Dieter Fritsche vom 5. Oktober 2011

Die niederländische Regierung setzte mit ihrer oben genannten Anordnung ein Urteil des Zentralen Verwaltungssgerichtshofs (Centrale Raad van Beroep) vom 16. August 2011 um; im Übrigen ist der Bundesregierung die Begründung der niederländischen Regierung nicht im Einzelnen bekannt.

Der Europäische Gerichtshof hat bisher keine Entscheidung zur Vereinbarkeit von Sprachnachweisregelungen beim Familiennachzug mit europäischem Recht getroffen – auch nicht in dem von der Fragestellerin zitierten Urteil.

Die deutsche Regelung zum Sprachnachweiserfordernis beim Ehegattennachzug ist mit dem Grundgesetz und europäischem Recht, insbesondere auch der EU-Familienzusammenführungsrichtlinie und dem Assoziationsrecht, vereinbar. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30. März 2010 (1 C 8.09) bestätigt. Die deutsche Regelung ist daher unabhängig davon, inwieweit in den Niederlanden bestehende entsprechende Regelungen zum Sprachnachweiserfordernis beim Ehegattennachzug angewendet werden oder nicht, rechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist auch weiterhin integrationspolitisch erforderlich.