NSU-Prozess nicht unter Ausschluss der internationalen Öffentlichkeit
Am 17. April eröffnet der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München das Strafverfahren gegen Beate Z. (38), Ralf W. (38), Carsten S. (33), André E. (33) und Holger G. (38) wegen Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung u.a. (NSU). Das Verfahren ist zurecht für Öffentlichkeit und Medien von großem Interesse. Wenig überraschend ist, dass sich insbesondere die türkische Öffentlichkeit und türkische Medien für den Prozessauftakt interessieren, sind doch acht der zehn Opfer Türkeistämmige.
Wir sind der Ansicht, dass das große Interesse für das Oberlandesgericht München vorhersehbar hätte sein können bzw. sein müssen. Dies ist bisher leider nur unzureichend geschehen. Wichtig ist nun, nicht den Eindruck entstehen bzw. verfestigen zu lassen, dass hier eine breite internationale Öffentlichkeit, Medien und Migrantinnen und Migranten vom Prozess ausgeschlossen werden.
In diesem Sinne wäre es förderlich, wenn die breite Beteiligung der internationalen Medien, das schließt vor allem türkische und griechische Medien ein, entsprechend der gegebenen Spielräume ermöglicht würde und um damit der Aufklärung und Transparenz auch bestmöglich zu dienen.
Gerade auch in diesem Strafverfahren sollte das Motto sein: Nicht das Interesse der Öffentlichkeit und der Medien an diesem einmaligen Prozess muss sich dem zur Verfügung gestellten Raum anpassen, sondern umgekehrt: Dem großen Interesse muss der entsprechende Raum gegeben werden.
Wir sind uns sicher, dass es in Deutschland möglich ist, ein Gerichtsverfahren so durchzuführen, dass sowohl Sicherheitsinteressen und Justizgrundsätzen als auch den Interessen einer demokratischen, internationalen Öffentlichkeit entsprochen werden kann.
Unterzeichner/innen:
2. Memet Kılıç, MdB
3. Aydan Özoğuz, MdB
4. Rainer Arnold, MdB
5. Herbert Behrens, MdB
6. Karin Binder, MdB
7. Matthias W. Birkwald, MdB
8. Heidrun Bluhm, MdB
9. Martina Bunge, MdB
10. Martin Burkert, MdB
11. Viola von Cramon, MdB
12. Dr. Diether Dehm, MdB
13. Elke Ferner, MdB
14. Wolfgang Gehrcke, MdB
15. Nicole Gohlke, MdB
16. Christel Humme, MdB
17. Ulla Jelpke, MdB
18. Dr. Lukrezia Jochimsen, MdB
19. Josip Juratovic, MdB
20. Johannes Kahrs, MdB
21. Susanne Kieckbusch, MdB
22. Lars Klingbeil, MdB
23. Harald Koch, MdB
24. Dr. Bärbel Kofler, MdB
25. Jutta Krellmann, MdB
26. Gabriele Lösekrug-Möller, MdB
27. Kirsten Lühmann, MdB
28. Caren Marks, MdB
29. Niema Movassat, MdB
30. Bettina Hagedorn, MdB
31. Heike Hänsel, MdB
32. Dr. Rosemarie Hein, MdB
33. Dr. Hermann E. Ott, MdB
34. Heinz Paula, MdB
35. Dr. Sascha Raabe, MdB
36. Mechthild Rawert, MdB
37. Stefan Rebmann, MdB
38. René Röspel, MdB
39. Paul Schäfer, MdB
40. Dr. Gerhard Schick, MdB
41. Werner Schieder, MdB
42. Ulla Schmidt, MdB
43. Ilja Seifert, MdB
44. Kathrin Senger -Schäfer, MdB
45. Sonja Steffen, MdB
46. Sabine Stüber, MdB
47. Frank Tempel, MdB
48. Alexander Ulrich, MdB
49. Kathrin Vogler, MdB
50. Sahra Wagenknecht, MdB
51. Arfst Wagner, MdB
52. Katrin Werner, MdB
53. Jörn Wunderlich, MdB
54. Uta Zapf, MdB
55. Manfred Zöllmer, MdB
Die Initiatorinnen und der Initiator des Appells, Sevim Dagdelen, Memet Kilic und Aydan Özoguz, erklären hierzu:
„Sowohl um verlorenes Vertrauen wieder herzustellen als auch um das internationale Ansehen nicht weiter zu beschädigen wenden wir uns, Abgeordnete unterschiedlicher Fraktionen, mit diesem öffentlichen Appell an das Oberlandesgericht München. Die Situation ist sehr verfahren und bedarf dringend einer Lösung. Wir hoffen, dass es schnell zu einer Lösung kommt."