Opposition kritisiert Merkels Türkei-Politik

Die Türkei dringt auf eine EU-Vollmitgliedschaft, die Kanzlerin will über eine privilegierte Partnerschaft nicht hinausgehen. Das bringt ihr auch zu Hause viel Kritik ein.

"Wer die Integration türkischer Migrantinnen und Migranten in Deutschland vorantreiben will, darf die Integration der Türkei in die EU nicht für unmöglich halten", sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz der Online-Ausgabe des „Handelsblatts". Die Politik der Kanzlerin sei „nicht logisch".

Angela Merkel (CDU) beharrt bisher auf einer „privilegierten Partnerschaft" statt einer Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union. Die Kanzlerin setzt am Dienstag in Istanbul ihren zweitägigen Türkei-Besuch fort und wird unter anderem an einem deutsch-türkischen Wirtschaftsforum teilnehmen. Es ist Merkels zweiter Besuch in der Türkei als Kanzlerin nach 2006.
Am Vortag hatte sie in Streitpunkten wie dem EU-Beitritt der Türkei in einem Gespräch mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara kaum eine Annäherung erreicht. Merkel betonte anschließend, die Beitrittsverhandlungen würden „unbeschadet der Auffassungen über eine Vollmitgliedschaft, die zwischen uns durchaus noch divergieren", fortgesetzt.

Streit um Zypern für Merkel größtes Problem Den Streit um Zypern bezeichnete Merkel als größtes Problem für eine weitere Annäherung der Türkei an die EU. Bei der Forderung Erdogans nach mehr türkischen Schulen in Deutschland zeigte sie sich gesprächsbereit, betonte aber, dass die türkischen Migranten deutsch lernen müssten. Es gehe nicht um Assimilation oder die Aufgabe der eigenen Kultur. Ziel sei eine Integration in das gesellschaftliche Leben, sagte Merkel.

Der SPD-Außenpolitiker Dietmar Nietan forderte in der „taz", Merkel müsse sich „entscheiden, ob sie als CDU-Vorsitzende auf Reisen geht oder als gute Europäerin". Nach Ansicht des Türkei-Experten sollte die Bundesregierung alles daran setzen, dass die Beitrittsverhandlungen mit der EU weitergeführt werden wie vereinbart. „Ziel ist und bleibt der Beitritt", sagte Nietan, „die Kanzlerin setzt die falschen Signale".

Die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen kritisierte „doppelte Standards" bei Merkels-EU-Politik. „Der EU-Beitritt wird als Faustpfand benutzt, um eine konfrontative Haltung der Türkei gegenüber dem Iran zu erreichen", sagte Dagdelen der Zeitung. Es sei nicht auszuschließen, dass Merkel mit ihren Äußerungen zur Türkei bewusst mit fremdenfeindlichen Ressentiments spiele. Wenn dies so sei, diene dies gerade nicht der von Merkel eingeforderten besseren Integration.

uq/dpa/ddp

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