Podiumsdiskussion im besetzten Audimax
Im Audimax der Ruhr-Uni braucht man/frau im Moment nicht anzurufen – besetzt. Die Bildungsstreik-Aktivisten, die den Hörsaal am 19. November nach einer Vollversammlung in Beschlag genommen hatten, harrten nicht nur während der Nacht, sondern auch den ganzen Freitag 20. November dort aus.
Ein Kernproblem der rund 100 Besetzer/innen des „harten Kerns" liegt dabei ausnahmsweise mal nicht im strategischen Zugriff auf die Bildungspolitik, sondern in der taktischen Unmittelbarkeit: Was tun, wenn der Rektor räumen lässt? Diese Frage, die bei allen Diskussionen stets mitschwingt, blieb bis Freitagabend in der Schwebe.
Keine Stellungnahmen
Die Ruhr-Uni hielt sich mit konkreten Stellungnahmen zurück. „Es wird nichts unternommen, wenn die Studierenden sich bereit erklären, das Audimax zu verlassen", gab sich Kanzler Möller vage. In Köln und Bonn hatte die Hochschulleitung nach Tagen der Duldung Fakten schafffen lassen, und die Polizei zur Räumung gerufen.
Rückendeckung für ihr Anliegen
Gestern Mittag hatten bei einer halbwegs besuchten Podiumsdiskussion im Audimax die Protestierenden Rückendeckung für ihr Anliegen, wenn auch nicht für ihr Vorgehen erhalten. Vertreter/innen von SPD, Grünen und Linken diskutierten mit, auch die Prorektorin der Ruhr-Uni, Prof. Uta Wilkens war erschienen.
Politiker und Prorektorin eingeladen
Vor und mit vielleicht 600 Anwesenden diskutierten Sevim Dagdelen (MdB, Die Linke), Kai Gehring (MdB, Grüne), Thomas Eiskirch (MdL, SPD) und Prof. Wilkens über die Zukunft des Bildungssystems. Einig waren sich die Politiker, dass Bildung kostenfrei sein sollte und die Studienreformen (BA/MA) schlecht umgesetzt wurden. „Das Bildungssystem darf nicht dazu beitragen, die soziale Ungleichheit noch zu verschärfen", befand Kai Gehring. „Es geht nicht nur um die Hochschule, die gesamte Gesellschaft ist ungerecht", meinte die eher fundamental-kritisch eingestellte Dagdelen. Eiskirch distanzierte sich von Studiengebühren und stellte eine Abschaffung der umstrittenen Beiträge bis 2013 Aussicht – wenn, ja wenn die SPD bei den Landtagswahrlen im Mai 2010 die Landesregierung stellen sollte.
Grundsätzliches Einverständnis
Deutlich wurde, dass zwischen politischen Statements und den Sorgen/Wünschen/Protesten der Studierernden zwar grundsätzlich Einverständnis bestand. Trotzdem war man sich ganz und gar nicht einig, nämlich darüber, wie schnell und wie spürbar sich an den Unis etwas ändern kann.
"Bachelor-System ist erfolgreich"
Da war die Prorektorin vielleicht die beste Ansprechpartnerin, weil die Weiterentwicklung/Umsetzung des auch bei den „Bildungsgebern" nicht unumstrittenen Systems von Bachelor- und Masterabschlüssen an den Hochschulen erfolgen muss. Wilkens erklärte sich kompromissbereit, rückte aber grundlegend nicht vom offiziellen Kurs des Rektorats ab. „Die Erfolge des Bachelor/Master-Systems sind enorm", sagte sie (unter dem höhnischen Gelächter des Auditoriums). Früher hätten 75 % der Studierenden ihr Studium abgebrochen, heute schlössen 75 % der RUB-Absolventen ihr Studium ab. Darüber hinaus sei es empirisch belegbar, dass Studiengebüren nicht unsozial seien. Wilkens:„Im Gegenteil: der Anteil der Studierenden aus sozial schwachen Familien ist seit Einführung der Geabühren sogar von 16 auf 20 % sogar gestiegen."