Prüfung von Anträgen auf Erteilung eines Schengen-Visums durch andere EU-Mitgliedsstaaten in Vertretung für Deutschland

In welchen Ländern prüfen andere EU-Mitgliedstaaten vertretungsweise für die Bundesrepublik Deutschland Anträge auf Erteilung eines Schengen-Visums (bitte differenzieren in welchem Ausmaß, z. B. mit oder ohne inhaltliche Beteiligung deutscher Behörden), und wie wird im Rahmen einer "großen Vertretung" im Schengen-Visumverfahren, d. h. wenn die inhaltliche Visumentscheidung durch einen anderen EU-Mitgliedstaat ohne Beteiligung deutscher Behörden erfolgt, gewährleistet, dass die nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. November 2011 (1 C 15.10, Rn. 21) immer vorzunehmende Ermessensprüfung erfolgt, ob der Mitgliedstaat eine Visumerteilung mit räumlich beschränkter Gültigkeit nach Artikel 25 Absatz 1a des Visakodex aus humanitären Gründen, dem nationalen Interesse oder internationalen Verpflichtungen für erforderlich hält (bitte genau die Rechtslage und Praxis darlegen)?

Antwort des Staatssekretärs Stephan Steinlein vom 23. Mai 2014

Andere Mitgliedstaaten des Schengener Übereinkommens prüfen in Vertretung der Bundesrepublik Deutschland die Erteilung von Anträgen auf Kurzzeitvisa gemäß Artikel 8 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 2 des Visakodex in Malabo (Republik Äquatorialguinea), Macau (Volksrepublik China), Lilongwe (Republik Malawi), San Marino (Republik San Marino), Sao Tome (Demokratische Republik Sao Tome und Principe) und Paramaribo (Republik Suriname).

Bei Erteilung und Versagung von Schengenvisa wird Deutschland gemäß Artikel 8 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 4 Buchstabe d des Visakodex vertreten in dem Fürstentum Andorra, Canberra (Australien), Bandar Seri Begawan (Brunei Darussalam), Bujumbura (Republik Burundi), Praia (Republik Cabo Verde), Dschibuti (Republik Dschibuti), Asmara (Staat Eritrea), Suva (Republik Fidschi), Libreville (Gabunische Republik), Bissau (Republik Guinea-Bissau), Ottawa (Kanada), Moroni (Union der Komoren), Kinshasa (Demokratische Republik Kongo), Brazzaville (Republik Kongo), Pointe-Noire (Republik Kongo), Antananarivo (Republik Madagaskar), Port Louis (Republik Mauritius), Furstentum Monaco, Niamey (Republik Niger), Port Moresby (Unabhangiger Staat Papua-Neuguinea), Kigali (Republik Ruanda), Victoria (Republik Seychellen), Castries (St. Lucia), N’Djamena (Republik Tschad), Port Vila (Republik Vanuatu) und Bangui (Zentralafrikanische Republik).

Jeder Mitgliedstaat ist verpflichtet, die Regelungen des Visakodex umzusetzen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der ein Antrag auf Erteilung eines Visums fur den gesamten Schengenraum stets auch, fur den Fall, dass dieser abgelehnt wird, den Antrag auf Erteilung eines räumlich beschränkten Visums beinhaltet, ist allerdings fur die anderen Schengen-Partner nicht bindend. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Erteilung eines räumlich beschränkten Visums eine Ausnahme vom Grundsatz des freien Personenverkehrs im Schengenraum darstellt. Als solche kann sie nur in Betracht gezogen werden, wenn der Antragsteller entsprechende, einen Ausnahmefall begründende Umstände vortragt.