Razzia in NPD-Parteizentrale

Nach dem Verschicken von fremdenfeindlichen Briefen an Politiker mit Migrationshintergrund ist am Dienstagabend die Berliner Parteizentrale der NPD nach Beweismitteln durchsucht worden. Es werde wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt, sagte ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft am Mittwoch.

Die Berliner NPD hatte mehrere Politiker mit Migrationshintergrund in einem Brief aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Das zweiseitige Schreiben war nach Angaben der Staatsanwaltschaft wie eine amtliche "Bekanntmachung" aufgemacht und von einem "Ausländerrückführungsbeauftragten" unterschrieben.

Deutschlands Rechtsextremisten ging es schon mal besser. Am Sonntag, so viel ist klar, wird keine braune Partei etwas zu feiern haben. In Brandenburg wird die DVU wohl ihre Landtags-Episode beenden, in Sachsen wurde die NPD jüngst bereits ordentlich gefleddert. Finanziell steht der Rassisten-Klub ohnehin am Abgrund. Um die Chance zu nutzen, die sie nicht haben, flüchten sich die Braunen dieser Tage in immer dreistere Provokation und Ausländerhetze. In Berlin hat sich die NPD mit ihrem perfiden zweiseitigen Brief, den der Landesverband an rund 30 Bundestagskandidaten mit Migrationshintergrund und Bezirksverordnete schickte, ein Ermittlungsverfahren eingebrockt.

Überschrift des Schreibens: "Ihr Ausländerrückführungsbeauftragter informiert". Dann folgt in amtlichem Tonfall ein Fünf-Punkte-Plan, der die Adressaten "mit den Einzelheiten Ihrer Heimreise" vertraut machen soll. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Volksverhetzung gegen den Berliner NPD-Chef Jörg Hähnel.

Der zeigte sich am Dienstag unbeeindruckt. "Wir sind der Meinung, dass die Mehrheitsverhältnisse sich nicht zugunsten von Ausländern verschieben dürfen", sagte er der FR. Dass alle Angeschriebenen Deutsche sind, ist Hähnel einerlei: "Für uns gilt das Abstammungsprinzip."

Der 34-jährige Hähnel stand bereits wegen Volksverhetzung vor Gericht. Zuletzt wurde er vor einem Jahr zu einer Geldbuße verurteilt, weil er die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht im Jahr 1919 gutgeheißen hatte. Seiner Karriere in der NPD tat das keinen Abbruch. Hähnel gilt als ein Hoffnungsträger der überalterten Partei. Er unterhält gute Kontakte zu militanten Kameradschaften und zur inzwischen verbotenen "Heimattreuen Deuschen Jugend".

Seine jüngste Aktion stieß in der NPD-Spitze durchaus auf Wohlgefallen. Dessen Sprecher Klaus Beier sagte der FR, es sei "nicht auszuschließen, dass wir in anderen Bundesländern entsprechend nachziehen". Beier selbst hatte sich jüngst ebenfalls eine Anzeige eingehandelt, nachdem er den Fußball-Nationalspieler Mesut Özil als "Plaste-Deutschen, sprich Ausweis-Deutschen" verhöhnt hatte.

Appelle an niedere Instinkte

Wie die NPD überhaupt zuletzt verstärkt auf die niederen Instinkte des Wahlvolkes setzte: Im grenznahen Kreis Uecker-Randow etwa warnte sie flächendeckend vor einer "Polen-Invasion".

Nach dem neuen Affront sprachen sich wieder Bundestagsabgeordnete für ein Verbot der NPD aus. Diese sei "definitiv keine demokratische Partei", sagte Sebastian Edathy (SPD) dem Kölner Stadt-Anzeiger. Die Linke Sevim Dagdelen sagte der FR, "volksverhetzende Propaganda" habe in der Demokratie nichts zu suchen. Sie sei besorgt darüber, dass auch Unionspolitiker im Wahlkampf immer wieder Ressentiments gegen Ausländer schürten. Ausfälle wie der des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers, der sich jüngst abfällig über Rumänen geäußert hatte, seien Wasser auf die Mühlen von Extremisten. "Rassistische Vorurteile zu bedienen und zu bestätigen", so Dagdelen, "ist ein ganz gefährliches Spiel."