Recklinghausen stellt sich quer

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
liebe Freundinnen und Freunde!

Wo die Krise marschiert, marschiert auch die Repression, die Militarisierung, die Aufrüstung und der Krieg. Da marschiert der Nazi-Mob auf der Straße und rassistisches und nationalistisches Denken gewinnt in der Mitte der Gesellschaft an Boden.

Derzeit werden die sich mit der Krise verschärfenden Klassengegensätze mit den demokratieüblichen Instrumentarien und Repressionen bewältigt. Doch wir wissen, dass historische Krisen durch Aufrüstung, Kriege, Zerschlagung des Widerstandes oder Faschismus versucht wurden zu lösen.

„Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens." schrieb Karl Marx im ersten Band des Kapitals im 19. Jahrhundert.

Auch 150 Jahre später stellt sich der Zusammenhang von Krieg und Kapitalismus ebenso dar. Die Rüstungsproduktion ist wie eine staatliche Lizenz zum Gelddrucken. Und Krieg ist die Krönung des Rüstungsgeschäfts. Insofern gibt es ein Eigeninteresse von Rüstungsunternehmen, dass ihre Waffen auch eingesetzt werden bzw. dass durch Kriege eine erhöhte Nachfrage generiert wird.

Nur das die Legitimation von Kriegen heute mit „humanitären Interventionen" oder dem Kampf gegen den Terror propagandistisch bemäntelt wird. Doch neben der äußeren Aufrüstung bedarf es gleichzeitig der inneren Aufrüstung des Repressionsapparates:
• die datenmäßige Kompletterfassung aller Bürger/innen,
• die alltägliche Überwachung mit Kameras am Arbeitsplatz,
• die Vorratsdatenspeicherung,
• Videoaufnahmen bei öffentlichen Versammlungen und Demonstrationen,
• die Vereinheitlichung und Vernetzung der Datenbanken aller europäischen Polizeien und Nachrichtendienste,
• die Schaffung und Ausweitung repressiver Gesetze und ihre präventive Anwendung gegen potenziell widerständige Gruppen und Bewegungen.

Insgesamt haben wir es um mit der Aufhebung der Trennung von innerer und äußerer Sicherheit zu tun.

Symptomatisch dafür steht die Bundeswehr.

Sie ist in Jugoslawien, Afghanistan und Irak sowie anderen Kriegsorten beteiligt, an denen neue strategische Positionen, Absatzmärkte und zum Teil Ressourcen zu erobern und zu sichern sind. Militärische Rohstoffsicherung gehört mittlerweile zu den Sicherheitsstrategien von NATO und EU-Mitgliedsstaaten. Auch in Deutschland versteht der Bund der Deutschen Industrie (BDI) Rohstoffsicherung mittlerweile wieder als militärpolitische zu lösende Aufgabe. Gleichzeitig zeigt der Umgang mit den großen Protestversammlungen der letzten Jahre – wie die gegen die Gipfel der G8, EU und NATO –, wie die Bundeswehr aber auch immer mehr gegen den so vermeintlichen inneren Feind eingesetzt wird.

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
liebe Freundinnen und Freunde!

So wie Krieg und Kapitalismus, so gehören Kapitalismus und Sozialdarwinismus zusammen. Die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft verdammt ihre Individuen zur Konkurrenz gegen einander, und macht sie gleichzeitig zu Komplizen im weltweiten Hauen und Stechen der Standorte. Mit ungleichen Mitteln wird um den gesellschaftlichen Reichtum konkurriert: um Ausbildungsplätze und um Lohn, um Lebenschancen gemeinhin. Ideologisch findet der Faschismus hier seinen geistigen Nährboden. Denn die Nazis radikalisieren letztlich nur die kapitalistische Logik und nutzen sie im Sinne einer imaginären völkischen Schicksalsgemeinschaft. Aus der staatlichen Diskriminierung von Menschen nach Herkunft und Nutzen gemäß der Logik der Standortkonkurrenz folgt „Deutsche zuerst!".

Für mich gilt deshalb: Der antimilitaristische Kampf muss sich gerade auch gegen die indirekte und direkte Durchsetzung von Kapitalinteressen richten, sonst kann er die eigentlichen Kriegsursachen nicht angehen. Und die liegen in der Frage der Verteilung gesellschaftlichen Reichtums. Eine gerechte Verteilung wird nicht nur militärisch verhindert, sondern steht auch der allumfassenden Konkurrenzgesellschaft entgegen, die der Kapitalismus darstellt.

Wer also Faschismus und Krieg ablehnt, muss ganz im Sinne des Schwurs von Buchenwald für den Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit sein. Und das bedeutet für auch, dass sie nicht kapitalistisch sein kann.

Danke!