Rede von Sevim Dagdelen auf der Betriebsversammlung der ISE Automotive
Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Ich freue mich sehr, dass ich hier heute zu Euch sprechen darf und ich möchte mich beim Betriebsrat ganz herzlich für die Einladung bedanken.
Ihr habt meine volle Unterstützung im Kampf um den Erhalt Eurer Arbeitsplätze und die der LINKEN. Es geht um Viel.
Die soziale Lage an Rhein und Ruhr ist dramatisch und sie wird immer dramatischer. Die Zahlen sprechen für sich: Armutsgefährdungsquoten in Duisburg und Dortmund von 24 und 23,5 Prozent. Generell eine stark steigende Armutsquote im Ruhrgebiet in den letzten 5 Jahren von über 20 Prozent. Der Paritätische Wohlfahrtsverband spricht von einem „armutspolitischen Erdrutsch."
Und man kann den Eindruck einfach nicht los werden, dass die herrschende Politik auf diese schlimme Entwicklung nicht reagiert. Soll es wirklich so weitergehen: Reiche, die immer reicher werden, Arme, denen es immer schlechter geht. Menschen, die von ihrer harten Arbeit nicht mehr leben können. Soll eine ganze Region wie das Ruhrgebiet regelrecht zur Armutszone verkommen?
Ich weiß, viele Politiker verweisen auf einen gelungenen Strukturwandel und spielen auf Zeit. Doch die Zeit, dass ist mein Eindruck, die Zeit läuft uns hier im Ruhrgebiet davon. Denn die Hiobsbotschaften nehmen kein Ende:
Auch der neue Eigentümer will die Schließung Eures Werkes hier in Huckingen mir 200 Beschäftigten, dann die geplante Schließung der TSTG Schienentechnik in Bruckhausen mit 400 Arbeitsplätzen und der angekündigte Stellenabbau bei Thyssen-Krupp sind schwere Schläge für den Duisburger Arbeitsmarkt.
Und so sieht es im gesamten Ruhrgebiet aus:
2015 soll bei Opel in Bochum Schluss sein, 2016 sollen auch in Bochum alle Beschäftigten von Thyssen Krupp Nirosta entlassen werden, 2015 und 2018 werden die Zechen in Marl und Bottrop geschlossen. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Bei Opel Bochum geht es ja nicht nur um die über 3400 Beschäftigten von Opel selbst und die 10.000 Arbeitsplätze, die in der Stadt davon abhängen. Nein, es geht um insgesamt 45.000 Arbeitsplätze, nimmt man auch die Zulieferer und andere dazu. Ihr wisst das selbst. Ihr seid ja auch davon betroffen.
Wie werden eigentlich die Armutsquoten dann aussehen, wenn dieses Horrorszenario Wirklichkeit wird?
Sicher die Erwerbslosenquoten explodieren noch nicht. Aber die Schließung von ISE Automotive wäre ein weiterer Schlag zur Beseitigung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze hier in Duisburg.
Da zählt auch nicht, dass einige von Euch angeboten bekommen, sie könnten in anderen Werken wie zum Beispiel in Witten arbeiten. Es kann nicht sein, dass die Menschen der Arbeit hinterher ziehen oder hinterher fahren müssen. Ihr lebt hier und Ihr habt Arbeit hier und hier soll sie auch bleiben!
Auch entstehen im Ruhrgebiet neue Beschäftigungsverhältnisse, aber viele davon sind Minijobs. Das heißt eine ganze Region wird Arm trotz bzw. durch Arbeit, denn die Löhne reichen einfach nicht zum Leben. Und ich finde man darf sich damit nicht abfinden.
Auch deshalb ist der Erhalt von ISE Automotive am Standort Duisburg wichtig.
Metalsa muss auf jeden Fall auch für Duisburg in die Pflicht genommen werden. Es kann nicht sein, dass hier allein zur Profitsteigerung zum Mittel der Werksschließung und somit zum Mittel von Massenentlassungen gegriffen wird. Wir müssen Massenentlassungen verbieten!
Wir brauchen zudem ein Ende der europäischen Schuldendiktate von Angela Merkel. Wohin das führt können wir in Griechenland sehen. Mehr Schulden und ein katastrophaler Einbruch beim Wirtschaftswachstum. Nun schon im fünften Jahr. Die einfache Wahrheit ‚Autos kaufen keine Autos‘ ist in Griechenland, Italien, Spanien, Portugal und Frankreich schon Wirklichkeit geworden. Und wenn man den Prognosen glauben darf, wird Deutschland hier nicht lange Ausnahme bleiben können.
Während Banken ohne Gegenleistung auf Kosten der Öffentlichen Hand gerettet werden, ist der Einsatz der öffentlichen Hand in Duisburg und im Ruhrgebiet gleich null. Von Solidarität keine Spur!
Ich erwarte, dass Land und Bund endlich aktiver werden. Doch das wird nicht von allein passieren. Wir in Duisburg, wir im Ruhrgebiet haben Erfahrung mit Widerstand. Widerstand lohnt sich. Er muss verstärkt werden! Der Erhalt von ISE Automotive ist ein Schritt, die weitere Verarmung der Bevölkerung im Ruhrgebiet zu stoppen! Bei diesem Kampf stehe ich an Eurer Seite und DIE LINKE auch!