Regierung lässt rechtswidrige Abzocke in Ausländerbehörden weiter zu
"Das ist ein Skandal: Die Bundesregierung ist dafür verantwortlich, dass türkische Staatsangehörige jahrelang europarechtswidrig bei der Gebührenerhebung in den Ausländerbehörden abgezockt wurden. Und nun legt sie trotz eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts weiterhin erst einmal die Hände in den Schoß", kommentiert Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die Antwort der Bundesregierung vom 26. März 2013 auf ihre schriftliche Frage zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 2013 (1 C 12.12). Dagdelen weiter:
"Ich empfehle den Betroffenen, rückwirkend Widerspruch gegen die zu hohen Gebühren zu erheben. Denn die Bundesregierung tut so, als ob die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zunächst nur für den konkreten Kläger von Bedeutung sei. Dabei ist die Erklärung des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts zum Urteil eindeutig in generalisierender Weise formuliert: ‚Gebühren, die von einem türkischen Arbeitnehmer für Aufenthaltsdokumente erhoben werden, sind nicht mit dem Assoziationsrecht EWG-Türkei zu vereinbaren, wenn sie im Vergleich zu entsprechenden Gebühren für Unionsbürger unverhältnismäßig hoch sind‘. Und genau das sind sie, befand das Bundesverwaltungsgericht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) wären allenfalls ‚etwas‘ höhere Gebühren nur ‚in bestimmten Sonderfällen‘ zulässig (vgl. z.B. Urteil C-92/07 vom 29.4.2010). Grundsätzlich aber hätten die Gebühren nach Inkrafttreten des Verschlechterungsverbots im Assoziationsrecht nicht erhöht werden dürfen. Es gelten mithin die Gebühren aus dem Jahre 1980 fort.
Das ist auch nicht neu für die Bundesregierung. Seit 2009 weist DIE LINKE mit parlamentarischen Anfragen auf die europarechtswidrige Gebührenpraxis hin. Doch mit geradezu hanebüchenen Argumenten verweigert die Bundesregierung bislang dem europäischen Gericht die Gefolgschaft. Die Niederlande und Dänemark verlangen von türkischen Staatsangehörigen infolge der Rechtsprechung des EuGH keine oder nur noch geringe Gebühren für Aufenthaltstitel. Die Bundesregierung sollte diesem Beispiel folgen und Rechtsstaatlichkeit nicht immer nur einfordern, sondern selbst an den Tag legen. Das Mindeste wäre, die Bundesländer darüber zu informieren, dass Aufenthaltsgebühren von türkischen Staatsangehörigen nur noch unter Vorbehalt erhoben werden dürfen."