Schluss mit der polizeilichen und militärischen Unterstützung autoritärer Regime wie im Kongo
Vor genau einer Woche, am 17.02.2011, haben 50 kongolesische Menschenrechtsorganisationen einen dramatischen Appell unterzeichnet. Sie berichten darin von systematischen Einschüchterungen und Morddrohungen durch die kongolesische Polizei und das Militär. Diese Drohungen müssen ernst genommen werden. Der bekannteste kongolesische Menschenrechtsaktivist, Floribert Chebeya, wurde im vergangenen Juni getötet aufgefunden, nachdem er einer Aufforderung des Polizeipräsidenten Folge leistend das Hauptquartier der Polizei in Kinshasa aufgesucht hatte. Ende September letzten Jahres wurden die Menschenrechtsanwältin Nicole Bondo Mwaka, der Leiter eines belgischen Hilfsprojektes, Armand Tungulu, und eine weitere Juristin von der Präsidentengarde festgenommen und verprügelt. Armand Tungulu wurde dann am 2. Oktober 2010 tot in seiner Zelle aufgefunden. Dies sind nur einige wenige Beispiele, die ich hier für meine Fraktion nennen möchte, weil es diese mutigen Menschen verdient haben, dass man sie würdigt. So hat sogar das Europäische Parlament am 22. September 2010 in einem gemeinsamen Entschließungsantrag festgestellt, dass es sich hier um einen eindeutigen Trend handelt und dass „viele nichtstaatliche Organisationen im vergangenen Jahr eine zunehmende Unterdrückung von Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Oppositionsführern, Opfern und Zeugen in der Demokratischen Republik Kongo einschließlich Tötungen, rechtswidriger Verhaftungen, Verfolgungen, Drohanrufen und wiederholten Vorladens bei den Geheimdienststellen beobachtet haben".
Sowohl dem Rat der Europäischen Union (EU) als auch der Bundesregierung ist bekannt, dass die allermeisten Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo auf die Polizei und das Militär zurückgehen, die seit Jahren von Deutschland und der EU ausgerüstet und ausgebildet werden. Und da kommen Sie als Koalitionsfraktionen mit dem vorliegenden Antrag und fordern darin „eine spürbare finanzielle und personelle Verbesserung der EUSEC- und EUPOL-Missionen". Das ist doch grotesk! Im Rahmen der Mission EUPOL Kinshasa wurden für 10 Mio. Euro so genannte „Integrierte Polizeieinheiten" in der Hauptstadt aufgebaut. Das sind Einheiten, die dazu da sind, Demonstrationen aufzulösen. Das sind letztendlich Einheiten, die dazu da sind, Menschenrechte zu verletzen. Diese Einheiten wurden im Rahmen der EUPOL-Mission laut Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion mit „Schutzschilden, Helmen, Schlagstöcken und Tränengas sowie Maschinenpistolen der Marke UZI" ausgestattet. Und die Hälfte dieses Geldes stammte zudem noch aus dem Europäischen Entwicklungsfonds. Das ist ein Skandal meine Damen und Herren! DIE LINKE lehnt solche Missionen ab! Deutschland sollte diese Regime und ihre Repressionsapparate nicht weiterhin unterstützen.
Wohin das führt zeigen uns die aktuellen Ereignisse in Nordafrika und auf der arabischen Halbinsel. Die vom Westen unterstützte Diktatoren setzen sich mit Waffen aus Europa gegen ihre eigene Bevölkerung zur Wehr. Wir können sehen, wie von Deutschland und der EU ausgebildete Soldaten und Polizisten auf Demonstranten losgehen. Diese Außenpolitik in Form von Unterstützung autoritärer Regime muss unverzüglich beendet werden!
Der heutige Staatspräsident der Demokratischen Republik Kongo, Joseph Kabila, wurde unter dem Schutz einer EU-Militärmission „gewählt". Anschließend ließ er den unterlegenen Kandidaten und Oppositionsführer Bemba von seiner Armee aus dem Land jagen. Belgien ließ den Oppositionsführer dann festnehmen und heute sitzt Bemba in Den Haag in Haft. Mag sein, dass er dort hin gehört. Dass Deutschland und die EU aber tolerieren, dass andere Kriegsverbrecher in der kongolesischen Armee ungestört ihren Dienst tun und sogar Kriegsfürsten von Kabila, wie Bosco Ntaganda, in führende Posten der Armee befördert werden, ist unerhört. Diese Armee, die auch Kindersoldaten umfasst, wird im Rahmen der EUSEC-Mission beraten und unterstützt und erhält Waffen und Ausrüstung – teilweise kostenlos – aus Europa. Das muss aufhören, meine Damen und Herren aus der Koalition. DIE LINKE lehnt die Ausrüstungs-, Ausstattungs- und Ausbildungshilfe für autoritäre Regime wie im Kongo ab und fordert die Bundesregierung auf, ihre Außenpolitik nach Rechtsstaatlichkeit auszurichten.
Dass Sie von der Koalition den EU-Militäreinsatz zur Absicherung der Wahl Kabilas als Beitrag zu den „bisher erzielten Erfolgen" loben, ist völlig absurd. Dieser Einsatz war ein militärischer Einsatz zur Absicherung einer der schlimmsten Diktaturen in ganz Afrika. Vieles wird ja richtig benannt in Ihrem Antrag. Dass die Menschenrechtslage unter Kabila „katastrophal" ist, dass sich der Krieg in einigen Regionen intensiviert hat und auf andere Regionen übergegriffen hat. Vor diesem Hintergrund fordern Sie mehr Geld für die kongolesische Polizei und das kongolesische Militär. Mehr Geld, das eigentlich für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Nothilfe verwendet werden sollte und bei der Versorgung der über 2 Mio. Binnenvertriebenen fehlt! Dafür aber haben Sie von der Koalition kein Geld. Sie haben nur Geld für mehr Polizei und mehr Militär einer Diktatur. Das sagt viel über Ihre viel beschworenen Werte aus, meine Damen und Herren der Koalition. DIE LINKE fordre hier eine dringende Umkehr.
Entlarvend ist auch der einzige tatsächliche „Erfolg" des deutschen und des europäischen Engagements am Kongo, den Sie in ihrem Antrag nennen: Die Annahme und Verabschiedung einer neuen Verfassung im Jahre 2005. An dieser Stelle ist der Antrag nämlich schon wieder veraltet. Denn die Verfassung wurde kürzlich durch Kabila und seine geschmierten Anhänger im Parlament wieder geändert, um dessen Wiederwahl zu sichern. Künftig soll der Präsident nur noch in einem Wahlgang gewählt werden. In einem Land, in dem jegliche Opposition mit Militär und Polizei unterdrückt wird, ermöglicht dies eine Wiederwahl schon mit 20 Prozent der Stimmen, die sich auch kaufen lassen.
Und wie die Repression gegen die Opposition im Kongo aussieht, konnte man etwa am 15. Dezember 2010 in Goma beobachten. Damals wollte einer der aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten außer Kabila, Vital Kamerhe, in der wichtigen Provinzhauptstadt Goma eine Rede halten. Die Regierung untersagte diese Veranstaltung und die Polizei trieb seine Anhänger mit Tränengas und Warnschüssen auseinander. Auch in Goma unterhält die EUPOL einen Stützpunkt und ist an der Ausbildung der Polizei beteiligt. Angehörige der EUPOL-Mission seien aber bei den Vorfällen nicht anwesend gewesen. Das behauptet die Bundesregierung in ihrer Antwort auf unsere Anfrage zu wissen. Zugleich aber behauptet die Bundesregierung, dass sie nicht wüsste, welche Polizeieinheiten an der Verhinderung der Wahlkampfveranstaltung beteiligt waren. Offensichtlich ist es der Bundesregierung egal oder sie will es gar nicht wissen, was die von ihr ausgebildeten und ausgestatteten Polizisten im Dienste Kabilas anrichten.
DIE LINKE findet es skandalös, wie verantwortungslos die Bundesregierung sich verhält.
Was uns an Libyen dieser Tage schockiert, dass Soldaten aus Hubschraubern auf Zivilisten feuern, ist im Kongo fast schon Alltag. Es muss endlich Schluss sein mit der polizeilichen und militärischen Unterstützung von Despoten. Die Einsätze EUPOL und EUSEC stehen symbolisch für diese Politik und müssen deshalb sofort beendet werden.