Schmierentheater beenden – Europarecht umsetzen
"Die jahrzehntelange Hinhalte- und Verweigerungstaktik der Bundesregierung in Bezug auf die Rechte türkischer Staatsangehöriger muss endlich beendet werden. Es ist pure Heuchelei, wenn die Bundesregierung von Migrantinnen und Migranten ständig die Beachtung der Rechtsordnung einfordert, selbst aber europäisches Recht aus politischem Kalkül bewusst missachtet", kommentiert Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE., ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zu den Rechten türkischer Staatsangehöriger infolge des EWG-Türkei-Assoziationsabkommens. Dagdelen weiter:
Das Gutachten bestätigt eine in der Fachwelt mehrheitlich verbreitete Rechtsauffassung, wonach zahlreiche Gesetzesverschärfungen im Aufenthaltsrecht der vergangenen Jahre auf die Hauptbetroffenengruppe der türkischen Staatsangehörigen nicht anwendbar sind. Denn sie sind durch die so genannten Standstill-Klauseln im EWG-Türkei-Assoziationsrecht vor solchen Verschlechterungen in Bezug auf den Beschäftigungszugang bzw. die Aufenthaltsrechte geschützt. Somit verstoßen z.B. die seit 2007 geltenden Sprachanforderungen im Ausland als Bedingung für den Ehegattennachzug, die jüngst beschlossene Koppelung eines längerfristigen Aufenthaltsrechts an den Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse, aber auch die seit 1980 geltende Visumpflicht etwa für touristische Besuche gegen verbindliches EU-Recht.
Die Bundesregierung muss im Umgang mit türkischen Migrantinnen und Migranten EU-Recht uneingeschränkt umsetzen. Sie darf ihnen nicht weiterhin ihre Rechte verweigern, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist diesbezüglich eindeutig. Das wäre auch eine gute Nachricht zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens. Darüber hinaus fordert DIE LINKE die Bundesregierung aber zu einer grundlegenden Korrektur der restriktiven Politik der Bundesregierung im Umgang mit Migrantinnen und Migranten auf, gleich welcher Staatsangehörigkeit. Wir fordern gleiche Rechte statt soziale Selektion und Ausgrenzung.