"Merkel auf Linkskurs – Kommt jetzt auch noch der Mindestlohn?"

Anne Will im Gespräch mit Sevim Dagdelen (Die Linke, Abgeordnete im Deutschen Bundestag), Heiner Geißler (CDU, ehemaliger Bundesminister und Attac-Mitglied), Sybille Hain (Inhaberin eines Friseursalons, Landesinnungsmeisterin Thüringen), Julia Klöckner (CDU-Fraktionsvorsitzende im rheinland-pfälzischen Landtag) und Christian Lindner (FDP-Generalsekretär).

In der Diskussion begrüßte Sevim Dagdelen, dass nun auch die CDU und die FDP über den Mindestlohn diskutieren; darauf musste man sehr lange warten. DIE LINKE hat bereits im Wahlkampf 2005 den gesetzlichen Mindestlohn gefordert. Damals waren sowohl die Gewerkschaften als auch die SPD und alle anderen Parteien dagegen. Aber nun sind die Mehrheit der Bevölkerung, 86 Prozent laut einer aktuellen Umfrage von EMNID, und viele andere Parteien auch für den gesetzlichen Mindestlohn und es zeigt: der stete Tropfen höhlt den Stein!

Wenn man bedenkt, dass Deutschland inzwischen Vizeweltmeister in Sachen Billiglohnland ist (22%), direkt nach den USA (25%), zeigt dies, wie überfällig der gesetzliche Mindestlohn längst ist. Es ist beschämend und schändlich, dass 3,5 Millionen für Armutslöhne unter 7 Euro die Stunde oder über 1 Mio. unter 5 Euro die Stunde verdienen, wie z.B. in Call Centern, in der Gastronomie, als Friseure oder Kassierer/innen.

DIE LINKE. will einen gesetzlichen Mindestlohn wie die europäischen Nachbarn. Was Sarkozy in Frankreich mit 9 Euro oder Juncker mit 10,16 Euro in Luxemburg macht, muss doch auch in Deutschland möglich sein! Der Mindestlohn ist sozusagen europäische Normalität.

Die Legende von der Arbeitsplatzvernichtung

Selbst wenn man der Partei DIE LINKE nicht vertraut, sollte man doch dann den 6 Instituten und ihren Studien, die im Auftrag der Bundesregierung gemacht wurden, Glauben schenken. Diese kommen alle zum Ergebnis, dass die bestehenden Mindestlöhne keinerlei negative Beschäftigungseffekte gehabt haben!

Im Gegenteil! Es wurde 2009 in der makroökonomischen Studie von Klaus Bartsch im Auftarg von NGG und ver.di sogar wissenschaftlich aufgezeigt, dass mit der Einführung eines Mindestlohns von 7,50 Euro der schnell auf 9 Euro steigt zusätzlich 600.000 Arbeitsplätze geschaffen werden können.

Auch Friseursalons sollten keine Angst vor dem Mindestlohn haben, sondern einen gesetzlichen und flächendeckenden befürworten. Dann würde endlich der Dumpingwettbewerb aufhören. Bei kleinen und mittleren Unternehmen in ausgewiesenen Niedriglohnbranchen wie dem Friseurhandwerk, könnten für einzelne Unternehmen wirtschaftliche Hilfen für einen Übergangszeitraum vorgesehen werden falls erforderlich. Über die Höhe und die Dauer von Hilfen würde der Mindestlohnrat entscheiden. Dieser soll analog dem britischen Vorbild aus Vertreter/innen von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und Wissenschaft bestehen, die auch Studien zu den Wirkungen des Mindestlohns in Auftrag geben und eine Empfehlung zur Erhöhung des Mindestlohns an die Bundesregierung geben können.

DIE LINKE sieht in Mindestlöhnen noch einen anderen Vorteil. Sie erhöhen die Kaufkraft und die Binnennachfrage, was Arbeitsplätze schaffen und sichern kann. Mit Mindestlöhnen werden auch die Staatskassen entlastet, denn so lange Hungerlöhne in Deutschland erlaubt sind, werden laut Bundesanstalt für Arbeit jedes Jahr von 1,4 Mio. Menschen die Löhne subventioniert in Höhe von fast 11 Mrd. Euro. Das ist ein sozialer Skandal, dass der Staat die Löhne finanzieren muss weil die Unternehmer ihren Beschäftigten immer mehr Armutslöhne zahlen. Bei einem Mindestlohn von 10 Euro könnten wir nach Berechnungen von prognos 2,5 Mrd. jährlich einsparen.

Ein Mindestlohn von 10 Euro ist auch deshalb notwendig, weil sonst wiederum die Rente "aufgestockt" werden muss. Nur bei 10 Euro Mindestlohn erhält man nach 45 Beitragsjahren eine Rente oberhalb der Grundsicherung (684 Euro). -Und das laut Aussagen der Bundesregierung! Sonst ist die Altersarmut vorprogrammiert. Das passt nicht zu einer Gesellschaft die von sich behauptet human zu sein. Der Lohn ist für die Menschen zentral. Es ist auch eine Frage der Anerkennung, nicht nur Gerechtigkeit. Die Menschen wollen nachvollziebar Anerkennung für die Arbeit, die sie tagtäglich tun. Und sie wollen auch im Alter in Würde davon leben können. Forderungen nach einem Mindestlohn unter 8 Euro bringen faktisch nicht viel, soll das Ziel eine Existenzsicherung sein, bei der der Lohn nicht weiter "aufgestockt" werden muss und die Menschen nicht in Altersarmut abdriften.

Zum Argument, dass DIE LINKE. wieder einmal überzogene und nicht finanzierbare Forderungen stellt: Die Bundeskanzlerin und ihre Bundesregierung haben in den letzten 3 Jahren 300 Mrd. Euro zusätzlich an Verschuldung aufgebracht, um die Banken zu retten. Und ein Ende der sog. Euro-Rettungsschirme ist nicht in Sicht. Die Profite der Banken werden gesichert, die Risiken werden auf die Bevölkerung abgewälzt. Die Verursacher und Profiteure der Krise werden geschont. DIE LINKE entscheidet sich dafür statt Bankern zu helfen, die Millionen verdienen, der Mehrheit der Bevölkerung zu helfen, indem ein gesetzlicher Mindestlohn flächendeckend in der Höhe von 10 Euro eingeführt wird. DIE LINKE ist gegen eine Wirtschafts- und Geselslchaftsordnung, in der die Mehrheit hart arbeiten muss und davon kaum leben kann damit die Minderheit ohne eigene Leistungen reich wird!

Video zur Sendung