Solidaritätserklärung für Helmut Manz

Das letzte Jahr war politisch unter anderem von der Auseinandersetzung mit den rassistischen und diffamierenden Äußerungen von Thilo Sarrazin bestimmt. Dieser hat in einem vollkommen enthemmten, rassistisch geprägten Nützlichkeitsdiskurs gegen Hartz IV-Betroffene im Allgemeinen und gegen (muslimische) Migrantinnen und Migranten im Besonderen gehetzt. Das vor diesem Hintergrund nicht der hetzende Thilo Sarrazin wegen millionenfacher Beleidigung von Hartz IV-Betroffenen sowie Migrantinnen und Migranten vor Gericht steht, sondern Helmut Manz, stellvertretender Sprecher der LINKEN in NRW, ist inakzeptabel.

Angesichts der Diffamierungen, der öffentlich betriebenen und von den bürgerlichen Medien dankbar aufgegriffenen Hetz-Kampagne und einer zunehmend offen rassistisch geführten Integrationsdebatte ist politischer Widerstand dringend notwendig. Um so befremdlicher ist es, wenn nun Helmut Manz, wegen angeblicher Beleidigung angeklagt wird. Der Vorwurf, Thilo Sarrazin während einer öffentlichen Protestkundgebung als „Arsch" betitelt zu haben geht auf zwei Beamte des Staatsschutzes zurück, die daraufhin Herrn Sarrazin zu einer Anzeige animierten. Unabhängig von dem zweifelhaften Wahrheitsgehalt der Anklage ist die politische Dimension des Verfahrens der eigentliche Skandal.

Denn Thilo Sarrazin hat als Überzeugungstäter wiederholt und öffentlich gegen ganze Bevölkerungsgruppen gehetzt. Dabei hat die Einteilung von Bevölkerungsgruppen nach Nützlichkeitskriterien einerseits und mit rassistisch Maßstäben andererseits in Zeiten der Krise eine Art Blitzableiter-Funktion: Menschen in Hartz IV-Bezug, die einen Migrationshintergrund haben, seien aufgrund fehlendem Integrationswillen selber Schuld an ihrer Situation. In der bürgerlichen Empörung über die in dieser Logik „selbstverschuldete" Situation werden rassistische Ressentiments gepflegt und befördert, ohne sich mit den tiefer liegenden Ursachen von sozialen Problemen in einem Gesellschaftssystem zu beschäftigen, das strukturell auf die Ausbeutung angelegt ist und das Ausgrenzung und Armut aus seiner inneren Logik heraus beständig reproduziert. Seitens Besserverdiender wird ein „Klassenkampf von oben" geführt und nicht zuletzt infolge dessen eine „deutliche Vereisung des sozialen Klimas" erzeugt, wie in der unter Leitung von Wilhelm Heitmeyer erstellten aktuellen Studie des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Bielefelder Universität konstatiert wird. Eine gesellschaftliche Diskussion über den Kapitalismus als Ursache für die sozialen Probleme wird versucht mit allen Mitteln zu vermeiden.

Ich rufe daher alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich an der Solidaritätskundgebung für Helmut Manz im Vorfeld des Prozesses am 03.03.2011 um 10 Uhr vor dem Dortmunder Amtsgericht zu beteiligen. Darüber hinaus fordere ich einen Freispruch in dem Verfahren gegen Helmut Manz.

Mit solidarischen Grüßen

Sevim Dagdelen, MdB