Souveränität wagen
Unter dem Motto des kubanischen Nationalhelden José Martí »Mit allen und für den Wohlstand aller« fand vom 25. bis 28. Januar in Havanna die internationale »Konferenz für das Gleichgewicht der Welt« statt, an der rund 1.100 Gäste aus mehr als 80 Ländern teilgenommen haben. Die „junge welt“ dokumentiert die Rede von MdB Sevim Dagdelen.
Perspektiven für den Frieden in Zeiten von Krieg, Militarisierung und Blockkonfrontation
Die heutige Konferenz rückt die zentrale Frage unserer Zeit in den Mittelpunkt: Wie kann ein friedliches Zusammenleben der Menschheit in Gleichgewicht und Vielfalt gelingen? Im Angesicht von Krieg, Militarisierung und einer sich zuspitzenden Blockkonfrontation mit dem Potential einer Eskalation bis hin zu einem dritten Weltkrieg ist diese Frage von existentieller Bedeutung.
Ich spreche heute als Abgeordnete und linke Oppositionspolitikerin eines Landes zu Ihnen, das Kriegspartei im Ukraine-Konflikt ist. Deutschland ist nicht nur beteiligt am beispiellosen Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland. Deutschland ist vor allem auch beteiligt am US-geführten Stellvertreterkrieg gegen Russland auf ukrainischem Boden durch die Lieferung schwerer Waffen, durch die Ausbildung ukrainischer Soldaten, durch geheimdienstliche Unterstützung. Auf erheblichen Druck der USA hat die Bundesregierung nun beschlossen, Leopard-Kampfpanzer in die Ukraine zu schicken. Dies ist eine äußerst gefährliche Eskalation und ebnet den Weg dafür, Deutschland direkt ins Feuer gegen Russland zu schicken.
Bisher galt die Lieferung schwerer Kampfpanzer als absolutes Tabu und war für Bundeskanzler Olaf Scholz eine rote Linie. In diesem Zusammenhang ist es äußerst beunruhigend, wie die Kriegspropaganda in Deutschland zusätzlich an Fahrt aufnimmt. So wird in der deutschen Öffentlichkeit und in den Mainstreammedien dieser Schritt als ein wichtiger Meilenstein gefeiert. Unmittelbar nach dem Beschluss der Bundesregierung, schwere Kampfpanzer zu liefern, wird nun die Lieferung von Kampfjets gefordert. In dieser Logik der militärischen Eskalation folgt auf die Lieferung von Kampfjets die Lieferung von Kriegsschiffen, ballistischen Raketen und schließlich von eigenen Truppen. Um den Krieg in der Ukraine zu beenden und eine Eskalation mit Ausweitung auf Deutschland und Europa zu verhindern, braucht es dringend diplomatische Initiativen.
Die Abwesenheit militärischer und ökonomischer Gewalt ist auch die Voraussetzung für das Gleichgewicht der Welt, für eine gerechte Weltordnung, für soziale und ökologische Entwicklung. Der Krieg in der Ukraine hat die Menschheit auf diesem Weg um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, zurückgeworfen. Vor diesem Hintergrund möchte ich mich in meinem Vortrag mit den folgenden Fragen beschäftigen: Wie lässt sich die Entstehung dieses Kriegs erklären? Welche globalen Auswirkungen hat der Krieg, insbesondere auch auf die unbeteiligten, aber maßgeblich von dessen Folgen betroffenen Staaten des Globalen Südens? Wie können mögliche Auswege aus dem Konflikt sowie Perspektiven für eine auf friedlicher Koexistenz und Ausgleich basierenden Weltordnung aussehen?
Meine Ausgangsthese besteht aus drei Teilen.
Erstens: Der Stellvertreterkrieg in der Ukraine ist Ausdruck des Versuchs der USA, ihre uneingeschränkte globale Vormachtstellung in dem sich dem Ende zuneigenden unipolaren Zeitalter zu bewahren. Elementarer Bestandteil dieser Strategie ist das US-amerikanische Streben seit Ende des Kalten Kriegs, eine gemeinsame Sicherheitsordnung in Europa unter Einschluss Russlands zu verhindern. Der infolgedessen entstandene Krieg ist also auch Ergebnis der Unfähigkeit Europas bzw. der EU, sich aufgrund der politischen Herrschaft einer Kompradorenbourgeoisie aus dem Abhängigkeitsverhältnis zu den USA zu lösen und eine souveräne, an den Interessen der eigenen Bevölkerung orientierte Politik zu betreiben, die auf Frieden, Stabilität und Prosperität abzielt.
Zweitens: Der Krieg gegen Russland, der vor allem auch auf der Ebene der Wirtschaft geführt wird, ist auch ein sozialer Angriff nach innen. In Europa kommt der irrsinnige Wirtschaftskrieg einer Selbstamputation der eigenen Wirtschaft gleich und befördert die Verlagerung des Kräfteverhältnisses innerhalb des westlichen Bündnisses in Richtung USA. Die beispiellose Militarisierung im Zuge der Mobilmachung gegen Russland wird zudem begleitet von einer beschleunigten Umverteilung von Reichtum von unten nach oben innerhalb der NATO-Staaten. Während Geringverdiener nicht wissen, wie sie die explodierenden Kosten für Energie und Lebensmittel bezahlen sollen, machen die Energiekonzerne Zusatzgewinne in Milliardenhöhe.
Drittens: Der Westen nimmt bei dem Hegemonialkonflikt mit Russland die Staaten des Globalen Südens in Geiselhaft und isoliert sich damit zusehends selbst. Steigende Lebensmittel- und Energiepreise, die Ausweitung von Hunger und Armut sowie die Hemmung der wirtschaftlichen Entwicklung für die ohnehin vulnerableren Regionen dieser Erde sind die brutalen Kollateralschäden. Vor dem Hintergrund der globalen Folgen des Kriegs und des Glaubwürdigkeitsverlusts der vom Westen propagierten »regelbasierten internationalen Ordnung« lässt sich auch die Weigerung vieler Staaten Afrikas, Lateinamerikas und Asiens erklären, mit Blick auf den Ukraine-Krieg einseitig Partei zu ergreifen. Das Scheitern, Russland zum Pariastaat zu machen, zeigt die Grenzen des westlichen Hegemonieprojekts in einer zusehends multipolaren Welt auf.
Genese des Ukraine-Krieges
Bevor über mögliche Lösungen des Konflikts gesprochen werden kann, ist ein Blick zurück auf dessen Genese unvermeidlich. Klarstellen möchte ich, dass es sich bei dem Angriff Russlands auf die Ukraine um einen völkerrechtswidrigen Krieg handelt, der sich weder durch die Völkerrechtsbrüche des Westens noch die gebrochenen Versprechen der NATO nach dem Ende des Kalten Krieges bezüglich einer Erweiterung an die Grenzen Russlands, rechtfertigen lässt.
Doch der Krieg in der Ukraine hat eine Vorgeschichte, darauf muss hingewiesen werden. Der Krieg in der Ukraine ist die unmittelbare Folge der NATO-Osterweiterung nach Ende des Kalten Kriegs. Anstatt nach dem Ende der Blockkonfrontation im Geiste der »Charta von Paris« aus dem Jahr 1990 ein »Gemeinsames Haus Europa« zu errichten, wurde Russland vom Westen systematisch in die Ecke getrieben. Von der Hybris des Glaubens an die eigene Überlegenheit der kapitalistischen Marktwirtschaft am von Francis Fukuyama ausgerufenen »Ende der Geschichte« beseelt, setzten die USA alles daran, Russland als Verlierer des Kalten Kriegs zu degradieren.
Das Heranrücken der NATO bis an die Grenze Russlands stellt eine Verletzung von Sicherheitsinteressen dar, die von Russland als existentiell benannt werden. Als rote Linie wurde hier unmissverständlich eine Aufnahme der Ukraine und Georgiens in die NATO benannt. Als quasi unmündige Vasallen der USA vermochten die EU-Staaten nicht, eine diplomatische Lösung zur Verhinderung einer militärischen Eskalation des Ukraine-Konflikts zu finden. Dazu gehört das jüngste Bekenntnis der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und des ehemaligen französischen Präsidenten François Hollande, die zugaben, dass es niemals von Seiten des Westens ein Interesse gab, die völkerrechtlichen Vorgaben der Minsker Abkommen zu erfüllen, sondern dass es nur darum ging, Zeit für die Aufrüstung der Ukraine zu gewinnen.
Auch nach dem 24. Februar 2022, dem Beginn des russischen Angriffs, hat der Westen eine Friedenslösung des Ukraine-Kriegs torpediert. Schließlich gab es bereits Ende März 2022 vielversprechende Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine unter türkischer Vermittlung in Istanbul. Die von beiden Seiten akzeptierte Friedenslösung hätte eine neutrale Ukraine und einen Verzicht auf einen NATO-Beitritt im Gegenzug zu Sicherheitsgarantien vorgesehen. Angeführt von den USA und Großbritannien entzog der Westen seine Unterstützung für einen Waffenstillstand und eine diplomatische Einigung. Das Scheitern einer Verhandlungslösung hat inzwischen zu mehr als 200.000 getöteten und verwundeten Soldaten auf beiden Seiten, zu 40.000 zivilen Toten und Verletzten sowie Millionen Flüchtlingen geführt. Zum ganzen Zynismus dieses Kriegs gehört auch, dass in den verblendeten westlichen Öffentlichkeiten die »Solidarität mit der Ukraine« in Waffenlieferungen anstatt in diplomatischen Initiativen zur Beendigung des Kriegs gemessen wird, während die Menschen in der Ukraine für machtpolitische Ziele der USA im Bündnis mit einer korrupten Oligarchenregierung auf dem Schlachtfeld geopfert werden.
Die Strategie des Westens, Russlands mit immer mehr und schwereren Waffenlieferungen an die Ukraine militärisch besiegen zu wollen, ist töricht und unverantwortlich: Russland ist eine Atommacht und nicht bereit, existentielle Interessen aufzugeben. Die Waffenlieferungen verlängern den Krieg und riskieren eine Eskalation bis hin zu einem dritten Weltkrieg. Wer Krieg will, schickt Waffen, wer Frieden will, schickt Diplomaten.
Vor dem Hintergrund eines drohenden aussichtslosen Stellungs- und Abnutzungskriegs hat mittlerweile selbst der Generalstabschefs der US-Armee, Mark Milley, festgestellt, dass der Zeitpunkt für Verhandlungen gekommen ist. Leider hat sich Milley, der in diesem Fall zu den wenigen Stimmen der Vernunft im US-Establishment gehört, mit dieser Haltung nicht durchsetzen können.
Wirtschaftskrieg als Bumerang
Flankiert wird der militärische NATO-Stellvertreterkrieg in der Ukraine von beispiellosen Wirtschaftssanktionen. Während das vom Westen ausgerufene Ziel, Russland zu ruinieren, oder zumindest die russische Fähigkeit zur Kriegsführung zu beeinflussen, offensichtlich scheitert, wirkt der Wirtschaftskrieg in Europa wie ein Bumerang. Insbesondere für Deutschland sind die Folgen des Wirtschaftskriegs gegen den bis dahin wichtigsten Energielieferanten dramatisch und bedrohen das gesamte deutsche Wohlstandsmodell. Die Beschäftigten in Deutschland müssen mit 4,7 Prozent den größten Reallohnverlust in der Geschichte der Bundesrepublik hinnehmen. Jedes vierte Unternehmen plant infolge der explodierenden Energiepreise Stellen abzubauen, ganze Branchen stehen vor dem Ruin oder wollen ihre Produktion ins Ausland verlagern. Die USA versuchen außerdem mittels Investitionsprogrammen in Höhe von mehreren Hundert Milliarden US-Dollar Extraprofite aus der katastrophalen Situation auf Kosten der EU zu schlagen.
Neben der Kannibalisierung und Selbstamputation des Westens durch den Wirtschaftskrieg werden zudem wissentlich verheerende Auswirkungen der Sanktionen auf breite Teile des Globalen Südens in Kauf genommen. Mit den westlichen Sanktionen gegen Russland sind die Preise für Energie- und Lebensmittel global explodiert. Von den Importen sind viele Länder des Südens in hohem Maße abhängig. Die Ausfuhr russischer Düngemittel hat sich im vergangenen Jahr aufgrund der EU-Sanktionen um 15 Prozent verringert. Insbesondere afrikanische Länder, die auf die Exporte des weltweit größten Düngemittelherstellers Russland angewiesen sind, leiden darunter beträchtlich. UN-Angaben zufolge ist die globale Getreideernte aufgrund von Düngemittelmangel im vergangenen Jahr bereits um 2,4 Prozent zurückgegangen.
Nach acht Monaten der Blockade lebensnotwendiger Düngemittellieferungen an afrikanische Staaten hat die EU im Dezember Ausnahmeregelungen in ihrem neunten Sanktionspaket vorgesehen. Damit entlarvte sie ihre eigene Behauptung, die Sanktionen hätten keine Auswirkungen auf den Export von Lebens- und Düngemitteln, als dreiste Lüge. Ungeachtet dessen sitzt bis heute ein Großteil der sanktionsbedingt blockierten 300.000 Tonnen russischen Düngemittels in europäischen Häfen fest. Nach wie vor torpediert die EU also die im Zuge des UN-Getreideabkommens gegenüber Russland zugesagte Aufhebung sanktionsbedingter Exporteinschränkungen von Lebensmitteln und Düngemitteln.
Während der Westen Russland vorwirft, Hunger als Waffe einzusetzen, nimmt er für sein Kriegsziel, Russland zu ruinieren, in Kauf, dass Millionen Menschen im Globalen Süden zu verhungern drohen. Diese Doppelmoral ist auch ein Grund dafür, weshalb der Westen mit seinem Versuch gescheitert ist, Russland international zu isolieren.
Unverständnis im Globalen Süden
In der westlichen Öffentlichkeit wird das klare Nord-Süd-Gefälle beim Umgang mit dem Ukraine-Krieg ignoriert. Von 193 UN-Staaten haben nur knapp 40 Staaten Sanktionen gegen Russland verhängt und knapp 30 Staaten militärische Unterstützung für die Ukraine zugesagt. Von einer Isolierung Russlands durch die sogenannte internationale Gemeinschaft kann also keine Rede sein. Im Gegenteil, große Länder wie China oder Indien vertiefen gerade ihre wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland.
Unverständnis herrscht im Globalen Süden mit Blick auf die Behauptung, der russische Angriff auf die Ukraine stelle einen Epochenbruch und einen beispiellosen Bruch des Völkerrechts dar. Die zahlreichen illegalen Kriege der USA und schweren Menschenrechtsverbrechen der NATO, Bombardierungen ziviler Infrastruktur, Drohnenmorde, extralegale Hinrichtungen und der selektive Umgang mit dem Völkerrecht haben die Glaubwürdigkeit des Westens und seines vorgeblichen Einsatzes für eine regelbasierte Völkerrechtsordnung nicht gestärkt, sondern geschwächt.
Zurecht weisen Vertreter aus Staaten des Globalen Südens auf die vielen weiteren Kriege und Konflikte hin, denen ungleich weniger Aufmerksamkeit zuteilwird. So erinnerte Aminata D. Traoré, malische Menschenrechtsaktivistin und ehemalige Ministerin für Kultur und Tourismus, auf einer Konferenz in Berlin im Januar daran, dass 90 Prozent der bewaffneten Konflikte weltweit im Nahen Osten und in Afrika stattfinden, woran die EU-Staaten mit ihrer neokolonialen Politik einen großen Anteil haben. Und auch der äthiopische Generalsekretär der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, stellte fest, dass »die Welt die Menschheit nicht auf die gleiche Weise behandelt«. Angesichts der deutlich geringeren Aufmerksamkeit und Betroffenheit für die anhaltenden Krisen in Äthiopien, Jemen, Afghanistan und Syrien, machte er die treffende Beobachtung: »Einige sind gleicher als andere.«
Dass sich die Länder des Globalen Südens nicht an den Wirtschaftssanktionen gegen Russland beteiligen, kommt nicht von ungefähr. Daraus spricht die leidvolle Erfahrung vieler Staaten mit den dramatischen Folgen der Sanktionspolitik des Westens. Ich möchte das einmal ganz deutlich sagen: Sanktionen sind ein kriegerischer Akt. Oder, um es in Anlehnung an das Diktum von Carl von Clausewitz zu sagen: Sanktionen sind die Fortsetzung des Krieges mit wirtschaftlichen Mitteln. Indem sie auf die Verarmung, die Verelendung und den Tod der Zivilbevölkerung setzen, wohnt Wirtschaftssanktionen immer ein Gewaltmoment inne. Die 500.000 Kinder im Irak, die infolge der Sanktionen in den 1990er Jahren sterben mussten und von denen die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright sagte, sie seien »den Preis wert«, sind Ausdruck davon. Seit Jahrzehnten setzt der Westen neben dem Mittel der militärischen Invasion Sanktionen und Wirtschaftsblockaden ein, um Regime Changes herbeizuführen und Länder zu unterwerfen, die ihre demokratische Souveränität für eine eigenständige Entwicklung jenseits der neokolonialen Ausbeutung nutzen. Mehr als 60 Jahre dauert die inhumane völkerrechtswidrige US-Blockade gegen Kuba an – mit mehreren Milliarden Dollar Schaden jährlich. Erinnern möchte ich an die 40.000 Menschen, die laut einer Studie des Washingtoner Center for Economic and Policy Research (CEPR) in Venezuela an den Folgen von US-Sanktionen in den Jahren 2017 bis 2019 ihr Leben verloren haben.
Die selbstbewussten Reaktionen auf die gescheiterte Isolierungsstrategie des Westens sind auch Spiegelbild der tektonischen Verschiebungen im globalen Machtgefüge. Der relative Abstieg des Westens und seiner Führungsmacht USA geht einher mit der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung aufsteigender Mächte, allen voran Chinas Aufstieg zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt und einem der wichtigsten Innovations- und Technologietreiber. Bei der neokolonialen Beherrschung großer Teile des Globalen Südens sind diese Entwicklungen dem Westen daher ein Dorn im Auge. Nicht ohne Grund hat US-Präsident Joseph Biden China zum Hauptfeind erklärt. Und auch auf dem NATO-Gipfel in Madrid im Juni 2022 wurde China erstmals explizit als eine »systemische Herausforderung« ins Visier genommen. Im Zuge der vom Westen ausgerufenen Systemrivalität zwischen »Demokratien« und »Autokratien« geht es um nichts anderes als die Verteidigung der eigenen Vorherrschaft. Die damit einhergehende militärische Expansions- und Konfrontationspolitik des Westens, wie sie etwa in der Militarisierung des Indopazifiks zum Ausdruck kommt, birgt enormes Eskalationspotential.
Am 24. Januar wurde der Zeiger der Weltuntergangsuhr angesichts der Gefahr eines Atomkriegs und des voranschreitenden Klimawandels wieder weiter Richtung Mitternacht gerückt. Die Dringlichkeit zum Handeln ist offenbar. Wie aber kann ein Ausweg gefunden werden aus der gegenwärtigen existentiell bedrohlichen Situation?
Europäische Sicherheitsstruktur
Angesichts der dramatischen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine für die Menschen vor Ort und in weiten Teilen der Welt sowie der realen Gefahr einer nuklearen Eskalation muss dessen Beendigung Priorität bekommen. Wie nahezu alle Kriege wird auch dieser Krieg nur über Verhandlungen gelöst werden können. Eine Friedenslösung wird nicht an der zentralen Konfliktursache, der NATO-Frage bzw. der Neutralität der Ukraine, vorbeikommen. Unrealistische Forderungen wie die nach einer vollumfänglichen Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine einschließlich der Krim, machen eine Kompromisslösung von vorneherein unmöglich. So unwahrscheinlich es derzeit auch sein mag, langfristig werden Frieden und Sicherheit in Europa nur mit einer europäischen Sicherheitsstruktur jenseits der NATO-Konfrontations- und Aufrüstungspolitik möglich sein.
Voraussetzung dafür ist für Europa, sich von der Dominanz der USA zu lösen und eine eigenständige, souveräne Außen- und Sicherheitspolitik zu verfolgen. Diese sollte von dem grundsätzlichen Streben nach friedlicher Koexistenz durch Diplomatie und Interessenausgleich getragen sein. Dazu gehört auch, eine Verschärfung der Blockkonfrontation des Westens mit China zu verhindern und sich nicht in den Wirtschaftskrieg der USA mit China einbinden zu lassen, schon allein, um im Interesse der Mehrheit der eigenen Bevölkerung die dramatischen Folgen eines ruinösen Decoupling zu vermeiden.
Wir müssen uns allerdings klar darüber sein, dass wir es wie in Lateinamerika vor der kubanischen und der bolivarischen Revolution in Europa mittlerweile mit Kompradorenbourgeosien zu tun haben, die allein den Interessen von US-Konzernen und den außenpolitischen Vorgaben aus Washington zu folgen scheinen. Die USA behandeln Europa wie ihren Hinterhof und versuchen – wie Japan gegen China –, Europa und insbesondere Deutschland gegen Russland in die Schusslinie zu bringen. Das zeigt das Einknicken der Bundesregierung bei der Lieferung schwerer Kampfpanzer an die Ukraine. Die demokratische Emanzipation Europas ist vor diesem Hintergrund eine Frage von Sein oder Nicht-Sein, eine existentielle Frage geworden.
Die kluge und auf die Zukunft orientierte Forderung vieler Länder des Südens nach einer Waffenruhe und einer schnellen Beendigung des Kriegs durch eine diplomatische Lösung, deckt sich mit dem dringlichen Wunsch der Bevölkerungsmehrheiten im Westen nach Frieden, Sicherheit und Stabilität. Dieses gemeinsame Interesse gilt es fruchtbar zu machen, für eine Friedenslösung und die Zeit danach.
Für die Länder des Südens liegt im gegenwärtigen Trend hin zu einer multipolaren Weltordnung eine große Chance. Insbesondere das ökonomische und geopolitische Gewicht internationaler Zusammenschlüsse wie dem BRICS-Staatenverbund, der 40 Prozent der Weltbevölkerung vereint, oder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, aber auch antihegemonialer Regionalorganisationen wie der CELAC oder der Union Afrikanischer Staaten bergen das Potential, die internationalen Wirtschaftsbeziehungen neu auszuhandeln und demokratische Souveränität wiederzuerlangen.
Auch die jüngsten politischen Entwicklungen Lateinamerikas, wo mittlerweile zum ersten Mal in der Geschichte die größten sechs Volkswirtschaften der Region linke oder gemäßigt linke Regierungen haben, können eine selbstbestimmte regionale Integration politisch und ökonomisch entscheidend voranbringen. Wenn wir uns hier über eine neue Weltwirtschaftsordnung austauschen, dann sind die Erfahrungen des regionalen alternativen Bündnisses Bolivarische Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA), das vor mehr als 18 Jahren von Fidel Castro und Hugo Chávez ins Leben gerufen wurde, von entscheidender Bedeutung für eine solidarische, komplementäre Ökonomie.
Angesichts von Krieg, neokolonialer Ausbeutung, wachsender Ungleichheit und Umweltzerstörung liegt die gemeinsame Aufgabe der progressiven Kräfte im Westen wie im Süden darin, über neue gerechtere multilaterale Alternativen für das Gleichgewicht der Welt jenseits der neoliberalen Globalisierung nachzudenken und diese Wirklichkeit werden zu lassen.
Eine andere Welt ist möglich – wir geben die Hoffnung nicht auf.
Sevim Dagdelen ist seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestags und derzeit für die Linksfraktion Obfrau im Auswärtigen Ausschuss.
Quelle: junge welt
Prospects for peace in a time of war, militarisation and bloc confrontation
Speech by Sevim Dağdelen at the Conferencia por el Equilibrio del Mundo, Havana, Cuba, 26 January 2023
Your Excellencies, ladies and gentlemen,
It is an honour for me to be given the privilege of addressing you here today as part of this superb programme. This conference turns the spotlight on the key question of our time, namely how can humanity, in all its diversity, achieve balanced coexistence? In a context of war, militarisation and increasingly bitter bloc confrontation with the potential to escalate into a third world war, this question is of existential importance.
I speak to you today as a Member of Parliament from the left- wing opposition in a country that is a warring party in the Ukraine conflict. Germany is not only taking part in the West’s unprecedented economic war against Russia, but Germany is also participating in the US-led proxy war against Russia on Ukrainian soil by supplying heavy arms, training Ukrainian troops and providing intelligence support. Because of massive pressure from the USA, just today the German government decided to send Leopard battle tanks to Ukraine. This is an extremely dangerous escalation and paves the way for sending Germany directly into the line of fire.
Until just now, supplying heavy battle tanks was considered absolutely taboo and has been a red line for German Chancellor Scholz. In this context, it is extremely worrying how the war propaganda in Germany is picking up speed. In the German public and the mainstream media, this step is celebrated as an important milestone.
Immediately after the Federal government’s decision to deliver heavy battle tanks, there are now calls for the delivery of fighter jets. In this logic of military escalation, the delivery of fighter jets is followed by the delivery of warships, ballistic missiles and, in the end, own troops. In order to stop the war in Ukraine and prevent an escalation towards a third world war, we urgently need diplomatic initiatives.
The absence of military and economic force is also the prerequisite for a global balance, for a just world order, for social and environmental development. The war in Ukraine has set humanity back several years, if not decades, on this path. Against this backdrop, I would like to deal in my talk with the following questions:
How can the origins of this war be explained? What are the global effects of the war, particularly on countries of the Global South that are not involved in the war but are severely affected by its consequences? What ways could there be to resolve this conflict, and what prospects could there be for a world order based on peaceful coexistence and fairness?
My initial hypothesis comprises three parts.
Firstly, the proxy war in Ukraine is indicative of an attempt by the United States to preserve its absolute global predominance in the twilight of a unipolar age. An elementary part of this strategy has been the US quest since the end of the Cold War to prevent the creation of a common security system in Europe that includes Russia. The resultant war is therefore partly due to the inability of Europe and the EU, because of the political rule of a comprador bourgeoisie, to cast off their dependence on the United States and to pursue a sovereign policy attuned to the interests of their own population, a policy aimed at peace, stability and prosperity.
Secondly, the war against Russia, which is being waged primarily on the economic front, is also an inwardly targeted social assault. In Europe, the senseless economic war is tantamount to economic self-amputation and is conducive to a shift in the balance of power within the Western alliance in favour of the United States. The unprecedented militarisation in the context of the mobilisation against Russia is also being accompanied by a massive bottom-up redistribution of wealth within NATO countries. While low earners despair of meeting the rocketing cost of energy and food because of the economic sanctions, the energy companies are reaping billions in windfall profits.
Thirdly, in the hegemonic conflict with Russia, the West is holding the countries of the Global South hostage and so is increasingly isolating itself. Rising food and energy prices, the spread of hunger and poverty and the stifling of economic development in the already vulnerable parts of this world are the devastating collateral damage. Given the global impact of the war and the way in which the so-called “rules-based international order” propagated by the West has lost credibility, it is understandable that many states in Africa, Latin America and Asia have refused to take sides on the war in Ukraine. The brazen attempts made by the West to nevertheless enlist these countries’ support in the confrontation with Russia are a manifestation of neo-colonial arrogance. Rather, the failure to make Russia a pariah state shows the limits of the Western drive for hegemony in an increasingly multipolar world.
Yet before potential solutions to the conflict can be discussed, we cannot avoid casting a backward glance to its origins. I would like to make it clear that Russia’s attack on Ukraine constitutes an illegal war that can be justified neither by the Western violations of international law nor by NATO breaking its promises, made after the end of the Cold War, not to expand to the borders of Russia.
There is, however, a history behind the war in Ukraine; that must be stressed. The war in Ukraine is the direct consequence of NATO’s eastward expansion after the end of the Cold War. Following the end of the bloc confrontation, instead of helping to build a Common European Home in the spirit of the 1990 Charter of Paris, the West systematically drove Russia into a corner. Driven by the hubris of belief in the superiority of the capitalist market economy at the “end of history” proclaimed by Francis Fukuyama, the United States did all in its power to denigrate Russia as the loser of the Cold War. Pushing NATO’s boundaries to Russia’s borders constitutes a breach of Russia’s security interests, which Russia calls an existential threat. In this respect, accession of Ukraine or Georgia to NATO were unmistakably presented as a red line.
As more or less servile vassals of the United States, the EU member states have been unable to find a diplomatic solution that would prevent a military escalation of the Ukraine conflict. Part of that history is also the recent admission made by former German Chancellor Angela Merkel and former French President François Hollande, who acknowledged that there had never been any interest on the part of the West in fulfilling the legal requirements of the Minsk agreements but that the sole objective was to gain time for Ukraine to arm itself.
Even after 24 February 2022, when the Russian attacks began, the West scuppered a peaceful solution to the conflict in Ukraine. As early as the end of March 2022, very promising negotiations took place between Russia and Ukraine under Turkish mediation in Istanbul. The withdrawal of the West’s support for a ceasefire and a diplomatic agreement has resulted in more than 200,000 dead and wounded military personnel on both sides, 40,000 civilian deaths and millions of refugees.
The sheer cynicism of this war is also exemplified by the fact that, in the dazzled eyes of Western public opinion, “solidarity with Ukraine” is measured in arms supplies instead of in diplomatic initiatives to end the war, while people are being sacrificed on the battlefield in Ukraine to the geopolitical goals of the United States.
The Western strategy of seeking to defeat Russia militarily by supplying Ukraine with more and more heavy armaments is foolish and irresponsible. Russia is a nuclear power and is not prepared to give up its existential interests. The arms supplies are prolonging the war and creating a risk of escalation to a third world war. Those who seek war send weapons; those who seek peace send diplomats. Against the backdrop of a potential futile static war of attrition, even General Mark Milley, Chairman of the US Joint Chiefs of Staff, has now expressed the opinion that the time for negotiation has come. Regrettably, the views of Milley, who is one of the few voices of reason on this issue in the US establishment, have not gained acceptance.
NATO’s military proxy war in Ukraine is backed up by unprecedented economic sanctions. While the West is clearly failing to achieve its declared aim of bankrupting Russia or even reducing Russia’s ability to wage war, the economic war is having a boomerang effect, especially in Europe. Employees in Germany have suffered a 4.7% drop in real incomes, the largest real wage slump in the history of the Federal Republic. One in four businesses is planning job cuts in the wake of spiralling energy prices, while entire industries are facing ruin or intend to relocate their production facilities to other countries. What is more, the US is trying, through investment programmes worth several hundred billion dollars, to squeeze extra profits out of the disastrous situation at the expense of the EU.
Besides the cannibalisation of the West and its self-amputation that are resulting from the economic war, its governments are knowingly accepting the devastating effects of the sanctions on large areas of the Global South. The Western sanctions against Russia have caused a huge global surge in food and energy prices. Because of the EU sanctions exports of Russian fertilisers fell by 15% last year. According to UN data, last year’s global grain harvest had already declined by 2.4%, which was due to a fertiliser shortage. While accusing Russia of weaponizing hunger, the West is still undermining the promise made to Russia as part of the UN-brokered grain deal that sanction-based restrictions on food and fertilisers would be lifted in full awareness that this will lead to millions more people in the Global South dying of starvation. These Western double standards are another reason why the West has failed in its bid to isolate Russia.
In the Western media a clear North-South divide concerning the war on Ukraine is often overlocked. The fact that fewer than 40 of the 193 UN member states have imposed sanctions on Russia, while fewer than 30 have pledged military assistance for Ukraine. This can hardly be described as isolation of Russia by the so-called “international community”. On the contrary, large countries like China and India are currently intensifying their economic relations with Russia.
There is widespread mystification in the Global South regarding the assertion that the Russian attack on Ukraine marks a historical watershed and an unparalleled violation of international law. NATO’s illegal wars, heinous crimes against human rights, the bombardments of civil infrastructure, the drone killings, the extrajudicial executions and the selective application of international law have not strengthened the credibility of the West and of its alleged commitment to a rules- based international order but weakened it.
Representatives of states in the Global South rightly refer to the many other wars and conflicts that receive far less coverage. Malian human-rights activist and former Minister of Culture and Tourism Aminata Traoré reminded delegates at a conference in Berlin last week that 90% of the world’s armed conflicts are taking place in the Middle East and Africa, much of the blame for which attaches to the EU states with their neocolonialist policies. And Tedros Adhanom Ghebreyesus, the Ethiopian Secretary-General of the WHO, the World Health Organization, has observed that, and I quote, “the world is not treating the human race the same way”. End of quote. In the light of the enduring crises in Ethiopia, Yemen, Afghanistan and Syria, he made the apt comment, and I quote, that “some are more equal than others”.
The fact that the countries of the Global South are not participating in the economic sanctions against Russia is not without reason. It testifies to the painful experience that many countries have undergone because of the dire consequences of Western sanctions policies. Let me repeat quite clearly that sanctions are an act of war. Or, to paraphrase the saying coined by Carl von Clausewitz, sanctions are the continuation of war by economic means.
Since they are designed to bring poverty, destitution and death to the civilian population, economic sanctions are always an inherently violent course of action. This is illustrated by the 500,000 children in Iraq who had to die as a result of the sanctions in the 1990s and whose deaths were regarded, in the words of Madeleine Albright, US Secretary of State at that time, as “a price worth paying”. For decades, the West, besides resorting to military invasions, has used sanctions and economic blockades to bring about regime change and to subjugate countries that had been using their democratic sovereignty for their own autonomous development, free from neocolonial exploitation.
The inhuman embargo imposed on Cuba by the United States in breach of international law has lasted more than 60 years, costing this country several billion dollars every year. May I also mention the 40,000 people in Venezuela who, according to a study conducted by the Washington-based Center for Economic and Policy Research (CEPR), lost their lives as a result of US sanctions in the years from 2017 to 2019.
The self-assured responses to the failed isolation strategy of the West are also a reflection of tectonic shifts in the global power structure. The relative decline of the West and its leading power, the United States, has been accompanied by the meteoric economic development of ascendent powers, especially of China. Given the neocolonial domination of much of the Global South, such developments are a thorn in the flesh for the West. It was not without reason that US President Joe Biden described China as the arch-enemy of the United States.
And at the NATO summit in Madrid in June 2022, China was flagged up for the first time as a challenging source of “systemic competition”, not because China – which, unlike the United States, has not fought a war for decades – poses a military threat but rather because China’s economy has grown within a very short space of time into the second largest in the world and one of the main drivers of innovation and technological progress. What is at stake in the systemic rivalry proclaimed by the West between “democracies” and “autocracies” is quite simply the defence of its own hegemonic primacy. The accompanying Western policy of expansion and confrontation, as illustrated by the militarisation of the Indo-Pacific region, has huge escalation potential.
Only yesterday (24 January), the hands of the doomsday clock, a metaphor that represents how close humanity is to self- destruction, were edged closer than ever towards midnight by the risk of nuclear war and advancing climate change.
The urgent need for action is self-evident. But how can a way out of the present existentially threatening situation be found?
In view of the horrific impact of the war in Ukraine on the people there and in very many other parts of the world and given the real danger of nuclear war, ending that conflict must take priority. The wise and forward-pointing calls made by many countries of the Global South for a ceasefire and for a diplomatic solution that will bring an early end to the war are in tune with the fervent wish of most of the population in Western countries for peace, security and stability. This common interest must be harnessed to bring forth a peaceful solution and for the time thereafter.
Like almost all wars, this one can only be ended through negotiation. It will not be possible to arrive at a peaceful solution by sidestepping the issue at the heart of the conflict, namely NATO enlargement and Ukrainian neutrality.
Unrealistic demands such as full restoration of the territorial integrity of Ukraine, including the Crimea, will make any compromise impossible from the outset. Unlikely though it may now seem, peace and security are possible in the long term, but only with a European security structure to supersede the NATO policy of confrontation and arms accumulation.
Achievement of this goal depends on Europe freeing itself from US domination and pursuing its own independent, sovereign foreign and security policy. This should be based on a fundamental quest for peaceful coexistence through diplomacy and conciliation of interests. It also involves preventing any exacerbation of the bloc confrontation between the West and China and refusing to be drawn into the US economic war with China, also to avoid the consequences of a ruinous decoupling.
We must be clearly aware, however, that we in Europe – as was the case in Latin America before the Cuban and Bolivarian Revolutions – are now confronted with comprador bourgeoisies that seem only to be pursuing the interests of US corporations and following foreign policy instructions from Washington. The recent decision of supplying heavy battle tanks shows that Europe and Germany in particular are submitting to the US strategy to conclusively destroy European-Russian relations and to be sent into Russia’s line of fire. The democratic emancipation of Europe from the US is thus a question of “to be or not to be”; it has become an issue of existential importance.
To the countries of the South, the current trend towards a multipolar world order offers a great opportunity. The economic and geopolitical weight of international groupings such as the BRICS bloc of countries, which are home to 40% of the global population, or the Shanghai Cooperation Organisation but also of anti-hegemonic regional organisations such as CELAC and the African Union could potentially enable these bodies to renegotiate international economic relationships and restore democratic sovereignty.
Recent political developments in Latin America, where for the first time in history the six largest economies of the region have left-wing or centre-left governments, can also decisively advance self-determined regional integration politically and economically. When we discuss a New World Economic Order here, the experiences of the regional alternative alliance ALBA- TCP (La Alianza Bolivariana para los Pueblos de Nuestra América -Tratado de Comercio de los Pueblos), which was launched more than 18 years ago by Fidel Castro and Hugo Chavez, are of crucial importance for a solidary, complementary economy. So are alternative financial institutions like the Banco del Sur and the Banco del ALBA.
In a world marred by war, neo-colonial exploitation, growing inequality and environmental destruction, the common task of progressive forces in the West, as in the South, is to reflect on new fairer multilateral alternatives for global equilibrium in place of neoliberal globalisation and to make them a reality.
In this spirit, let me express my gratitude for this great conference. I look forward to the continuing discussions with you.
Another world is possible – we are not abandoning hope. Thank you very much.
Sevim Dağdelen is deputy Group Leader of Die Linke in the German national parliament (Bundestag)
Quelle: Liberation